Google-App deckt grausame Details auf

Mordprozess nimmt verstörende Wendung: Zerstückelte Frau mit Down-Syndrom

Aufwendige Spurensuche auf dem Anwesen in Lauterbach-Wernges im Juli 2024.
Archivfotos: ON/Henrik Schmitt

25.06.2025 / GIEßEN/LAUTERBACH - Im Mordprozess um eine tote Frau mit Down-Syndrom im Vogelsbergkreis kommen nun neue, verstörende Details ans Licht. Im Gerichtssaal des Landgerichts Gießen stand am Montag die Stimme der angeklagten Vermieterin im Mittelpunkt – nicht live, sondern in stundenlangen Videovernehmungen. Die Frau aus Lauterbach bestreitet weiterhin jede Verantwortung, doch digitale Spuren erzählen eine andere Geschichte.



Seit Mai müssen sich die 44-jährige Frührentnerin und ihr 58 Jahre alter Lebensgefährte vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Paar gemeinschaftlichen Mord durch Unterlassen vor, bestätigt Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Die Frau mit Down-Syndrom, die bei den beiden als Mieterin lebte, soll über Wochen hinweg misshandelt, erniedrigt und schließlich mit einer Überdosis Tabletten getötet worden sein. Beide Angeklagten weisen alle Vorwürfe zurück.

Widersprüche auf Video

Bereits im Sommer 2024 hat die Angeklagte gegenüber der Polizei ausgesagt – Aussagen, die jetzt in Gießen auf Video gezeigt wurden. Laut den Aufzeichnungen stritt die Frau vehement ab, irgendetwas mit dem Tod ihrer Mieterin zu tun zu haben. Immer wieder verwickelte sie sich jedoch in Widersprüche: So behauptete sie zunächst, die Frau sei mit einem neuen Freund nach Fulda gezogen – eine reine Erfindung. Später gab sie zu, dass die Mieterin im Januar gestorben sei, betonte aber, diese habe sich selbst mit Tabletten das Leben genommen. Den unterlassenen Notruf schob sie auf ihren Lebensgefährten.

Während ihrer Aussagen zeigte sich die Angeklagte in den Aufnahmen gleichgültig, zum Teil sogar verächtlich gegenüber dem Opfer. Sie sagt, sie habe sie die Mieterin zwar "wie eine Schwester" behandelt – doch zahlreiche digitale Beweise sollen dieser Darstellung widersprechen. Besonders brisant: Nach Angaben des Oberstaatsanwaltes wurden auf dem Handy der Frau Nachrichten gefunden, in denen sie das Opfer mit abwertenden Begriffen beleidigte. Sie sprach unter anderem davon, ihr Tabletten geben zu wollen, um endlich Ruhe zu haben.

Google-Übersetzer als digitaler Beweis

Was die Ermittlungen in besonderem Maße vorantrieb, war der Zugriff auf Sprachdaten aus dem Google Übersetzer. Auch das bestätigt Hauburger gegenüber O|N. Die App hatte die Frau offenbar intensiv genutzt, um mit einem weiteren rumänischen Mieter zu kommunizieren. Dabei wurden über 17.000 Spracheingaben in der Cloud gespeichert – zusammen mit den dazugehörigen Übersetzungen.

Ein Teil dieser Aufnahmen wurde der Stimme der Angeklagten zweifelsfrei zugeordnet. Während sie im Verhör noch beteuerte, ihr Lebensgefährte habe ihr Handy benutzt, ließ sich diese Schutzbehauptung durch die Sprachanalyse entkräften. Die Ermittler sichteten insgesamt mehr als 23 Gigabyte an Datenmaterial – darunter auch Tonaufnahmen, die ihr Verhältnis zur Mieterin in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Verteidigung will Videos stoppen

Die Verteidiger der beiden Angeklagten versuchten am Montag, die Brisanz der Videoaufnahmen zu relativieren. Sie erklärten, ihre Mandanten seien bei den Aussagen in einem seelischen Ausnahmezustand gewesen. Die Anwältin der Frau beantragte sogar, Teile der Aufzeichnungen als Beweismittel auszuschließen. "Das Gericht hat das zur Kenntnis genommen, die Videos wurden jedoch weiter abgespielt", so Hauburger.

Die Mandantin habe sich damals nicht im Zustand gefühlt, eine Aussage zu machen. Der Prozess geht weiter – und das wohl noch über Monate. Die Vielzahl an Beweisen, widersprüchlichen Aussagen und technischen Auswertungen sorgt für ein Verfahren, das nicht nur juristisch komplex, sondern auch menschlich schwer zu fassen ist. (cb/ems) +++

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