Vertrag unterzeichnet

Kreisbahn wird reaktiviert: Regiobahn Thüringen pachtet Bahnstrecke

Der Pachtvertrag ist unterschrieben - im Bild von links: Carmen John-Böhler, Schriftführerin WFBV,  Geschäftsführerin RBT Maria Meyer,  Ralf Blankenbach 2.Vorsitzender WFBV, Wilfried Erbert RBT, Jürgen Baumgardt 1. Vorsitzender WFBV  und Hubertus Erbstösser, RBT.
Foto: privat

31.12.2022 / SCHENKLENGSFELD / PHILIPPSTHAL (WERRA) - Auf dem zwölf Kilometer langen Teilstück der Schienenstrecke von Schenklengsfeld nach Philippsthal-Heimboldshausen (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) soll der Güterverkehr reaktiviert werden. Dazu wurde am Donnerstag in Schenklengsfeld für die Bahnstrecke zwischen dem Werra-Fulda Bahn Verein (WFBV) und der Regiobahn Thüringen (RbT) ein entsprechender Pachtvertrag unterzeichnet.



Der gesamte Vorstand des Werra Fulda Bahn Verein (WFBV) sowie die Vertreter der (RbT) Regiobahn Thüringen GmbH mit Geschäftsführerin Maria Meyer, dem Prokuristen Hubertus Erbstösser und Wilfried Erbert waren bei der Unterzeichnung des Dokumentes anwesend.

Die jahrelange Suche nach einer für alle Parteien befriedigenden Lösung zur Sicherstellung der Bahnstrecke, fand endlich ein Ende. Mit der Regiobahn Thüringen fand sich ein Partner, der die gleichen Interessen wie der WFBV verfolgt, nämlich die Ertüchtigung und Erhaltung des Schienenstrangs zur Nutzung als Güterverkehrsstrecke.

Zukünftige Gewerbebetriebe sollen vom Bahnanschluss profitieren

Die Gemeinden Schenklengsfeld und Hohenroda wurden frühzeitig in die Planungen involviert und fanden an der Lösung gefallen. Auch im Hinblick auf zukünftige Gewerbegebiete, die von einer Bahnanbindung profitieren könnten, überzeugte die Bürgermeister Carl-Christoph Möller (Schenklengsfeld) und Andrè Stenda (Hohenroda).

"Mit der Regiobahn Thüringen haben wir einen Pächter gefunden, der die Erfahrung und das Knowhow eines Bahninfrastrukturunternehmens mitbringt, und dieses Projekt umsetzen kann", sagte der erste Vorsitzende des WFBV Jürgen Baumgardt.

Als nächste Schritte werden von der Regiobahn Thüringen die Bestellung einer Eisenbahnbetriebsleitung für die Strecke in die Wege geleitet und beim Regierungspräsidenten in Kassel eine Baugleiserklärung beantragt.

Standpunkt von Gerhard Manns:

Das sind natürlich für alle Eisenbahner und auch für die ehemaligen "Kreisbahner" gute Nachrichten, die berechtige Hoffnung machen, dass bald wieder das warnende Pfeifsignal bei der Annäherung eines Zuges an den unbeschrankten Bahnübergängen zu hören sein wird.

Auch die Bevölkerung des "Landecker Amtes" dürfte gespannt sein, ob das Vorhaben zur Reaktivierung der ehemaligen Kreisbahnstrecke gelingt, zu wünschen wäre es. Schade, dass die restliche Schienenstrecke von Bad Hersfeld nach Schenklengsfeld für den Bau eines Radweges auf dem Bahndamm abgebaut wurde. Vielleicht waren die Verantwortlichen damals etwas zu voreilig mit dem Abbau der Schienen, wie gesagt vielleicht!

Hintergrund:

Der Kreistag Hersfeld beschloss am 20.11.1909 den Bau der Kreisbahnstrecke von Bad Hersfeld nach Heimoldshausen. Damit wurde damals eine bessere Anbindung ins Werragebiet und bis nach Thüringen geschaffen. Auch das Kalirevier und die Einwohner im Ostteil des Kreises profitierten von der neuen Eisenbahnstrecke. Nach zweijähriger Bauzeit fand am 26.09.1912 die Einweihung der Kreisbahnstrecke durch den damaligen Landrat Carl Alexander von Grunelius und dem damaligen Kreisbahndirektor Karl Hille statt. Schon einen Tag später, am 27.09.1912 startete der Betrieb der Hersfelder Kreisbahn mit der offiziellen Betriebseröffnung.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sperrte die sowjetische Besatzungsmacht die Schienenstrecke zwischen Heringen und Gerstungen, so dass die gesamten Kalitransporte der K+S Werke Hattorf und Wintershall über die Kreisbahnstrecke im sogenannten "Kaliumleitungsverkehr" erfolgen mussten. Das für solche tonnenschweren Züge nicht ausgelegte Gleis wurde dabei arg in Mitleidenschaft gezogen und musste teilweise erneuert werden.

Nachdem die Behörden in der damaligen DDR die Strecke wieder für die Kali-Züge über Gerstungen freigegeben hatten, konnte bis zu Falle der Mauer und der anschließenden Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, das Kali wieder über die DB Strecken abgefahren werden. Das hatte zur Folge, dass damit die Hersfelder Kreisbahn an Bedeutung verlor, weil nun wieder alle Kali Züge über Gerstungen abgefahren wurden. Am 01.01.1984  wurde die Kreisbahn von der Hessischen Landesbahn übernommen. Wegen der ausfallenden Kali-Transporte wurde die Bahn bald stillgelegt und so fuhr am 31.12.1993 zum letzten Mal ein Triebwagen der Hersfelder Eisenbahn Gesellschaft (HEG) von Bad Hersfeld nach Heimboldshausen. Der Busbetrieb war durch die Stilllegung der Schienenstrecke vorerst nicht betroffen, so dass einige Angestellten der Bahn in den Busbetrieb übernommen wurden. Aber auch da gab es schon bald schmerzliche Veränderungen, denn die HEG verlor die Ausschreibungen und musste den Betrieb zum 21.08.2005 einstellen.

Somit war nun auch der letzte noch verbliebene Betriebszweig der Hersfelder Eisenbahn GmbH am Ende und das Unternehmen stand vor der Auflösung. (Gerhard Manns) +++

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