Was machen die betroffenen Bürger?

"Land Hessen hat im Arsen-Skandal eine moralische Pflicht!"

Der Erdaustausch auf den gemeindlichen Flächen hat schon stattgefunden. Auf den privaten Grundstücken allerdings noch nicht.
Archivfotos (3): O|N/Kevin Kunze

28.10.2021 / WILDECK - Was passiert mit den arsenbelasteten Privatgrundstücken in Wildeck-Richelsdorf (Landkreis Hersfeld-Rotenburg)? Vor allem, wer bezahlt den notwendigen Erdaustausch? Bisher stehen die Grundstückseigentümer mit den Kosten fast allein auf weiter Flur. Die "Bürgerinitiative Arsen" setzt sich für die komplette Finanzierung seitens des Landes ein, da es die hessischen Landesherren waren, die über Jahrhunderte Kupfer aus dem Richelsdorfer Gebirge abbauten, allerdings dabei das Arsen, wenn damals auch unwissentlich, zurückließen. Nach Kriegsende legten die alliierten Sieger fest, dass es keinen legitimen Rechtsnachfolger für den seit dem Mittelalter durchgeführten Bergbau gibt.


Doch Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) stellt bisher auf stur. Lediglich die Sanierungskosten, die über dem Verkehrswert der Grundstücke liegen, sollen vom Land übernommen werden. Doch nun gibt es ein Fünkchen Hoffnung für die Beteiligten.

"Das Land Hessen und das Umweltministerium verstecken sich hinter verschiedenen Gesetzen. Doch in diesem Fall hat das Land eine moralische Pflicht gegenüber den betroffenen Bürgern. Zwar sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, allerdings belaufen sich die Sanierungskosten wohl im unteren Millionenbereich", erklärt Dr. Kurt Schreiner, Mitglied bei der "Bürgerinitiative Arsen" im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Bei den betroffenen Grundstücken sind Kosten zwischen einem niedrigem vierstelligen Betrag bis in die Hunderttausende möglich. Für Privatpersonen sei dies kaum beziehungsweise überhaupt nicht aufzubringen, so der diplomierte Chemiker weiter. Außerdem weiß man derzeit nicht, welche Kosten ganz konkret auf die Grundstücksbesitzer zukommen und ob es überhaupt genug Firmen in der Region gibt, die diese spezielle Arbeit erledigen können.

Karzinogene Wirkung nicht ausgeschlossen

Dass Handlungsbedarf bestehe, sei laut dem Mitglied der BI Arsen keine Frage: "Die gemessene Arsen-Konzentration in den Böden ist im Milligrammbereich pro einem Kilogramm Erde. Direkt vergiften kann man sich deshalb in Richelsdorf nicht. Allerdings ist die karzinogene (krebserregende) Langezeitwirkung wohl nicht gänzlich ausgeschlossen. Dafür allerdings monetär die Bürger für eine Sanierung ihrer Böden, finanziell zu belasten, halte ich für vollkommen ungerecht."

Ein weiterer Kritikpunkt von Dr. Kurt Schreiner sind die zwar gründlichen, aber auch langandauernden Untersuchungen der Hessischen Industriemüll GmbH (HIM), die vom Land Hessen mit der Untersuchung in Richelsdorf beauftragt worden ist: "Die Menschen stehen seit Monaten und Jahren im Ungewissen, ob ihre Grundstücke auch vom notwendigen Erdaustausch betroffen sind. Nachmessungen in jüngster Zeit haben beispielsweise ergeben, dass bei weiteren Grundstücken ein Bodenaustausch vorgenommen werden muss. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass an den Grundstücken Altersvorsorgen und Lebenswerke hängen. Obwohl sie für den Bergbau und die Verhüttung der Mineralien, die nachweislich schon seit 1460 Ursache für die Belastung sind, nichts können, sollen sie jetzt die Kosten tragen, das kann nicht im Sinne einer gerechten und bürgerfreundlichen Politik sein."

Erschwerend kommt hinzu, dass das Land Hessen erheblichen Druck auf die Bürger ausübt, indem man die nahegelegene Rückstandshalde, auf der der belastete Boden gelagert werden kann, nur bis zum Jahr 2023 dafür zur Verfügung stehen soll.

Achterbahnfahrt für Bürgerinitiative

Die Bürgerinitiative kämpft für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, doch die Landespolitik, insbesondere Umweltministerin Priska Hinz (Grüne), hat sich bisher beim Thema nicht gerührt. In der vergangenen Woche gab es dann eine Achterbahnfahrt. Während eine geplante Demonstration beim Treffen der Umweltministerin mit den (Ober)Bürgermeistern im Kloster Eberbach bei Eltville (Rheingau-Taunus-Kreis) nicht genehmigt worden ist, gab es am Donnerstag positive Nachrichten.

Auf Vermittlung, der laut Dr. Kurt Schreiner in der Sache, engagierten Landtagsabgeordneten Karina Fissmann (SPD) wurde für den 11. November ein persönliches Gespräch von Hinz mit Wildecks Bürgermeister Alexander Wirth (parteilos), BI-Sprecher Dirk Köhler und Dr. Kurt Schreiner in Wiesbaden im Umweltministerium in Aussicht gestellt. Man hoffe, dass man nach all den Absagen endlich Gelegenheit bekomme, mit der Umweltministerin direkt über die Finanzierung der Arsen-Sanierung in Richelsdorf zu sprechen. Man darf gespannt bleiben, ob die betroffenen Grundstückseigentümer ihre Hoffnungen seitens der Landespolitik erfüllt bekommen – und ob nun überhaupt endlich ein Gespräch mit Frau Hinz zustande kommt.

Für weitere Hintergründe zum Richelsdorfer Arsen-Skandal können Sie den weiteren verlinkten Artikel unter "Mehr zum Thema" lesen. (Kevin Kunze)+++

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