Aus dem Sportgericht - Kommentar
Kurioser Spielabbruch und die Folgen: 48 Spiele Sperre für Ex-Hohe Lufter
Foto: Hans-Hubertus Braune
13.11.2025 / GRÜNBERG -
Harte Strafen und viele Diskussionen nach einem unrühmlichen Fußballspiel. Es war keineswegs eine leichte Aufgabe für das Sportgericht des Hessischen Fußball-Verbandes, das die Folgen des Spielabbruchs am Dienstagabend in der Sportschule in Grünberg (Landkreis Gießen) unter dem Vorsitz von Dr. Stephan Dittl verhandelte.
Es ging um die Partie zwischen der SG Friedewald/Ausbach und dem FSV Hohe Luft in der Kreisoberliga Fulda Nord. Ende August dieses Jahres endete die Partie in einem handfesten Tumult. Letztlich brach Schiedsrichter Johannes Jonas die Partie beim Stande von 1:1 (0:0) ab. Doch was war genau geschehen?
In Zeiten von Mobilfunkgeräten gibt es viele Beweise. So kursieren von dieser Szene angeblich vier Videos aus verschiedenen Blickrichtungen. Doch so wirklich verwertbar war dies für das Sportgericht nicht. Zwar schauten sich Dr. Dittl sowie seine Beisitzer Wilfried Olschewski und Sven Henneke das Material an und lauschten auch einer Audionachricht eines Spielers, doch so wirklich nützlich war dies alles nicht.
Abbruch nur noch Randnotiz
Vor dem Sportgericht war dieser Spielabbruch letztlich "das geringste Übel". Hohe Luft bekam eine 50 Euro-Geldstrafe aufgebrummt. Von den fünf "angeklagten" Spielern war lediglich ein Spieler erschienen. Dieser bekam letztlich einen Freispruch, da seine angebliche Beleidigung nicht zweifelsfrei nachweisbar sei. Die vier anderen Spieler waren nicht anwesend. Alle sind vom FSV Hohe Luft inzwischen ausgeschlossen worden. Der Verein hatte infolge des Vorfalls bereits kurze Zeit später seine Kreisoberliga-Mannschaft zurückgezogen. Der FSV ist seit vielen Jahren ein Integrationsverein, hat aber immer wieder mit ausfälligen Aktionen einzelner Leute zu kämpfen.Rechtsfragen müssen geklärt werden
Wie sieht es mit dem "abbrummen" der Sperren aus? Vermutlich wird der Großteil erst abgebrummt werden können, wenn die betreffenden Spieler wieder irgendwo im Verein kicken. Das genaue Vorgehen wird ins Urteil einfließen. Auch die rechtliche Handhabung des Vereinsausschlusses werde geprüft. Dittl gab aber eine Übersicht, wie die Strafen wohl aussehen werden: Ein Spieler erhält 24 Spiele Sperre wegen des Schlages ins Gesicht, des Würgens eines Spielers und das Bespucken eines Spielers. 14 Spiele muss ein weiterer Ex-Hohe Lufter zuschauen, die weiteren Strafen teilen sich auf acht und zwei Spiele Sperre auf. Die Vereine erhalten Geldstrafen, wobei Hohe Luft den größeren Betrag aufgebrummt bekommt, unter anderem für die Sachbeschädigungen im Sportlerheim, der jedoch noch nicht beziffert wurden. Es geht aber wohl um vergleichsweise geringe Schäden, wie ein demolierter Desinfektionsspender. Der vorsitzende Richter hofft, dass sich der FSV und die Gemeinde einigen und der Verein die Schäden begleicht, was die Strafe verringern würde.Mannschaftssport ist von Emotionen getrieben. Sie gehören einfach dazu und sind im Rahmen auch völlig in Ordnung. Sich über Siege zu freuen, sich auch mal zu ärgern, wenn der Schiri Mist pfeift und den Kontrahenten aufs Korn zu nehmen, sind die Dinge, die den Sport ausmachen. Wir müssen ja schließlich auch was zum Diskutieren haben.
So weit, so gut. Leider kommt es aber immer wieder zu Vorfällen, die abartig sind. Die Zündschnur ist bei einzelnen Leuten sehr kurz. Beleidigungen, Drohungen und sogar Gewalt sind die Folge, nicht nur beim Fußball. Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Hass, Hetze, Gewalt und Vorurteile gegenüber verschiedenen Menschengruppen nehmen zu. Das ist so. Deshalb reicht es nicht, einzelne Leute zu bestrafen. Wieso spuckt jemand, wieso schlägt jemand? Ein Sportgericht kann dies nicht lösen.
Emotionen sind richtig und wichtig. Aber jeder von uns sollte sich mal hinterfragen, wo die Grenzen sind? Einzelne überschreiten sie und eine ganze Sportszene kommt in Verruf. Das ist das Übel unserer Zeit. (Hans-Hubertus Braune) +++
Archivfotos (2): O|N/Kevin Kunze und Carina Jirsch
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