Missbrauch durch Kleinbus-Fahrer

Betreuerin des Opfers: "Bei der Erinnerung ist sie zusammengebrochen!"

Der angeklagte 78-Jährige im Landgericht
O|N-Archivbilder: Henrik Schmitt

04.02.2025 / FULDA - Im Prozess gegen einen 78-jährigen ehemaligen Klein-Busfahrer wegen schwerem sexuellen Missbrauch an einer damals Neun-Jährigen sagte das Opfer am Freitag aus. Dabei wurde die Öffentlichkeit zum Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte ausgeschlossen. Als die junge Frau aus dem Zeugenzimmer in den Gerichtssaal begleitet wurde, begann sie an der Tür heftig zu weinen und konnte nicht eintreten. Erst nach einer Pause konnte sie aussagen.


Am Montagmorgen wurde der Prozess mit der Vernehmung einer ehemaligen Betreuerin fortgesetzt. Die Sozialpädagogin hatte in der Einrichtung, in der das Mädchen damals lebte, 2013 zunächst als Praktikantin angefangen, war später dort angestellt und hat bis heute ein enges freundschaftliches Verhältnis zu ihr. Im Mai 2020 habe die Jugendliche kurz vor einer wichtigen Prüfung sehr unter Druck gestanden. "In dieser Situation hat sie plötzlich Nasenbluten bekommen, war darüber ganz außer sich - und da ist ihr offenbar die Erinnerung an den Missbrauch wieder hochgekommen. Den hatte sie wohl verdrängt." Als sie davon berichtet habe, sei sie regelrecht zusammengebrochen, erklärte die Betreuerin. Zunächst habe sie nicht zur Polizei gewollt: "Ihre Aussage bedeutete einen großen Kraftaufwand für sie." Ihr gegenüber habe sie nie Details der fortgesetzten Übergriffe genannt, was die Sozialpädagogin damit erklärte, dass das Opfer sie mit ihren Schilderungen nicht habe belasten wollen. "Sie ist ein sehr feinfühliger, empathischer Mensch, sie wollte mich schützen."

Trotz des Missbrauchs durch den Kleinbus-Fahrer, der sich von 2014 bis 2015 hinzog, habe sie erst einen sehr guten Hauptschulabschluss, dann die Realschule absolviert und inzwischen das Fachabitur bestanden. Beide Frauen haben bis heute regelmäßig Kontakt zueinander. "Sie ist ein toller Mensch, ich habe sie in mein Herz geschlossen", sagte die Zeugin.

"Als sie von der Existenz der Fotos erfuhr, war sie verzweifelt!"

Als nächste Zeugin war eine Oberkommissarin des Polizeipräsidiums Osthessen geladen, die in diesem Fall ermittelt und das Opfer auch vernommen hatte. Die junge Frau habe sich gut ausdrücken können, aber während ihrer Aussage immer wieder längere Pausen zwischen den Sätzen machen müssen und geweint. "Was sie schilderte, war alles sehr schlüssig", sagte die Beamtin. Bei der Konfrontation mit den Missbrauchsfotos, die auf Handys des Angeklagten sichergestellt wurden, von deren Existenz die junge Frau bis dahin nichts gewusst habe, sei sie sichtlich verzweifelt gewesen.

Bei der Befragung der Beamtin spielte die Zuordnung der Missbrauchsbilder zu deren Aufnahmedaten eine große Rolle, um den Zeitraum der einzelnen Taten eingrenzen zu können. Offenbar konnten diverse Aufnahmen zeitlich nicht zugeordnet werden. Dazu soll noch ein weiterer Ermittler vernommen werden.

Der angeklagte Rentner hatte wegen der Tatvorwürfe schon vor zwei Jahren vor dem Landgericht gestanden, doch angesichts seines hohen Alters hatte dessen Verteidiger gefordert, die Schuldfähigkeit seines Mandanten zu prüfen. Das entsprechende Gutachten erbrachte die Bestätigung, der Prozess wurde jetzt erneut eröffnet, allerdings mit der Einschränkung, dass pro Tag nicht mehr als drei Stunden verhandelt werden soll.

Wenn der Prozess am Mittwoch fortgesetzt wird, soll voraussichtlich bereits das Gutachten des Sachverständigen vorgetragen werden. (Carla Ihle-Becker) +++

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