Ergebnisse nach vier Jahren Arbeit

Missbrauchsbericht im Bistum Fulda: 120 Betroffene von sexueller Gewalt

Der Abschlussbericht der Kommission wurde an Bischof Dr. Michael Gerber von Kommissions-Vorstand Gerhard Möller übergeben
Fotos: Erik Spiegel

18.06.2025 / FULDA - Diese Zahlen wurden mit Spannung erwartet: Am Dienstag wurden die Ergebnisse der Kommission zur unabhängigen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Fulda vorgestellt. Demnach gibt es 120 Betroffene und 37 mutmaßliche Täter. Die Kommission geht außerdem von mehr als 239 Fällen von sexuellem Missbrauch aus.



Seit September 2021 hat es sich die Kommission zur Aufgabe gemacht, die Fälle sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche von 1945 bis heute aufzuarbeiten. Am Dienstag wurde der Abschlussbericht im Bonifatiushaus in Fulda vorgestellt und an Bischof Dr. Michael Gerber übergeben. Im Bericht heißt es: "Man war blind für das Leid der Betroffenen."

Der Sprecher des Vorstands, Gerhard Möller, erklärt auf der Pressekonferenz: "Nach fast vier Jahren hat die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Fulda ihre Arbeit beendet und ihre Ergebnisse in einem 319-seitigen Abschlussbericht zusammengefasst."

2.124 Akten gesichtet

Für die Aufgaben der Kommission wurden Arbeitskreise gebildet. Auch fünf ehemalige Kriminalbeamte waren an der Aufarbeitung und Analyse beteiligt. Konkret wurden 2.124 Akten aus den Jahren 1945 und 2024 gesichtet. Dadurch wurden 76 Fallgestaltungen intensiv aufbereitet. 39 Fälle sind ausgeschieden. Die Gründe dafür seien etwa, dass der Tatort nicht im Bistum Fulda lag, die Betroffenen über 18 Jahre alt waren oder der Informationsgehalt zu gering war.

Letztendlich sind 37 Fälle und damit auch mutmaßliche Täter für die statistische Auswertung übrig geblieben. Insgesamt wurden 120 Betroffene erfasst. Allerdings nur solche, die "individualisiert werden können." Möller erklärt: "Manchmal lagen Hinweise auf mehrere Betroffene vor, die aber nicht verifiziert werden konnten. Ähnliches gilt für die Zahl der strafbaren sexuellen Handlungen mit 239." Und weiter sagt er: "Etliche Betroffene wurden über einen längeren Zeitraum in einer Vielzahl von Fällen missbraucht." Strafanzeigen habe es lediglich in 23 Fällen gegeben, dazu 13 kirchenrechtliche Verfahren.

Kommissionsmitglied Stephan Auth macht klar: "So wichtig diese Quellen sind, diese beinhalten nur das, was zuvor jemand aufgeschrieben hat." Die Vergangenheit aufzuarbeiten, sei ein wichtiger Beitrag zur Prävention. "Nur wer versteht, was war, kann künftig sicherer handeln", sagt er.

Bischof Gerber: "Es bewegt mich zutiefst"

Auch Bischof Dr. Michael Gerber zeigte sich bei der Pressekonferenz betroffen: "Der heutige Tag ist ein schwerer Tag, ein Tag, der mit Schmerzen verbunden ist. Es ist erschütternd und es bewegt mich zutiefst." Der Bericht sei ein Meilenstein und die Grundlage für weitere Schritte. Und er gibt zu: "Wir haben als Bistum Fulda Schuld auf uns geladen. Wir haben in der Vergangenheit zu oft auf den Schutz der Institution geschaut und nicht auf die betroffenen Menschen." Man müsse hart arbeiten, dass wieder Vertrauen wachsen könne. Den Betroffenen versprach Gerber, ihr Leid ernst zu nehmen und anzuerkennen.

Kommission arbeitete unabhängig

Die Kommission arbeitete vollständig unabhängig von der Diözesanleitung. Sie orientierte sich nach Angaben des Bistums an bundesweit einheitlichen Standards, die gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs entwickelt wurden.

Die Aufgabe der Kommission war die quantitative Erhebung des sexuellen Missbrauchs in diesem Zeitraum, die Untersuchung des administrativen Umgangs mit Beschuldigten und Betroffenen sowie die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglicht, erleichtert oder dessen Aufarbeitung erschwert haben.

Eine ausführliche Stellungnahme des Bistums Fulda ist am 26. Juni geplant. (Moritz Pappert) +++

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