Probenbeginn bei den Festspielen

"Notre Dame" als Statement gegen jede Ausgrenzung - Jetzt mit VIDEO

Ein Teil des Ensembles mit Bürgermeister Thomas Fehling (links) und Intendant Joern Hinkel (Mitte)
Fotos: Carina Jirsch

18.05.2022 / BAD HERSFELD - Der Countdown für die 71. Bad Hersfelder Festspiele läuft: Während in der Stiftsruine noch gehämmert und gewerkelt wird, traf sich am Dienstagvormittag das Ensemble des Eröffnungsstücks "Notre Dame" nach dem Roman von Victor Hugo zur ersten Leseprobe mit Vetretern der Medien in der Probenhalle.



Bekannte Namen und Gesichter, Ruinen-Neulinge und "alte Hasen" trafen aufeinander, um bis zur Premiere am 1. Juli die Uraufführunge des Stücks in der Regie von Intendant Joern Hinkel gemeinsam auf die Bühne zu bringen. "Wir befinden uns global in finsteren Zeiten", so Hinkel, der damit Themen vom Ukrainekrieg bis zum Klimawandel dem Bertolt-Brecht-Zitat aus den 1930er Jahren zu Grunde legte. Gerade jetzt sei es die Aufgabe des Theaters, Werte zu verteidigen und die Demokratie spürbar zu machen.

"Dieses Stück ist ein Plädoyer gegen jede Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", sagte Hinkel in Bezug auf "Notre Dame". Daneben stünden vier verschiedene Arten der Liebe im Vordergrund, denn vier Männer lieben die junge Tänzerin Esmeralda, die von Cathrine Sophie Dumont gespielt wird. Einer der Liebenden ist der Priester Claude Frollo, den der bekannte "Tatort"-Kommissar Richy Müller verkörpert und den die "Vielschichtigkeit der Rolle" fasziniert.

Und dann liebt Quasimodo, der Ausgegrenzte, die junge Esmeralda. Robert Nickisch spielt den Missgestalteten. "Ich versuche, mit meinen Rollen die Menschen außerhalb der Gesellschaft zu beleuchten, die ansonsten kaum Gehör finden", so Nikisch. Er selbst hat als junger Erwachsener einen schweren Sportunfall erlebt, nach dem er sich wieder ins Leben zurückkämpfen und beispielsweise das Laufen wieder lernen musste. "Ich habe sehr viel Input für die Rolle", sagt Nickisch. "Robert Nickisch habe ich zunächst nur auf einem Foto gesehen. Sein Blick in die Kamera, das Zusammenspiel von Zärtlichkeit und Kraft in seinem Gesicht haben es mir gleich angetan", so Hinkel.

Insgesamt habe Hinkel bei der Besetzung des Stücks, mit dem er sich fernab zahlreicher Verfilmungen wieder dem Roman Hugos annähern möchte, darauf geachtet, "möglichst starke, gegensätzliche Persönlichkeiten zu finden". So wird Anouschka Renzi unter anderem eine Adlige spielen, "Landarzt" Walter Plathe, erstmals auf der Bad Hersfelder Festspielbühne, den König Ludwig XI. Bereits viel Erfahrung mit der Festspielbühne haben Matthias Schlung, der unter anderem den (erfolglosen) Dichter und Philosophen Gringoire spielen wird, den Esmeralda aus Mitleid – und um ihn vor der Exekution zu retten – heiratet. Der vierte der Liebenden ist Leutnant Phoebus, gespielt von Oliver Urbansky.

Günter Alt, Hersfeldpreisträger des Jahres 2019, kehrt zu seiner fünften Festspielsaison nach Bad Hersfeld zurück. "Ich weiß noch nicht, wie ich den tauben Richter Bardedienne spielen werde", sagt er im Gespräch mit O|N. "Das entsteht in der Zusammenarbeit mir den Kolleginnen und Kollegen." Wie viele der anderen "Notre Dame"-Darsteller wird er auch in der Famlienfassung "Der kleine Glöckner" in diesem Jahr bei den Festspielen zu sehen sein. Peter Englert, ebenfalls ein Urgestein der Bad Hersfelder Festspiele, ist ebenfalls wieder dabei, wie auch Bettina Hauenschild (Paquette de Chantefleurie) und Jürgen Hartmann (Mathias Spicali).

15 Darstellerinnen und Darsteller werden das Stück auf die Bühne bringen, viele in mehreren Rollen, so Hinkel. In weiteren Rollen stehen Karla Sengteller, Lara Aylin Winkler, Kristina Kufner auf der Bühne. Die drei Jungen Jonas, Suad und Jan aus Bad Hersfeld teilen sich die Rolle des Eustache bei den insgesamt 30 Aufführungen in dieser Festspielsaison.

Bis zur Premiere am 1. Juli um 21 Uhr sind noch einige Leseproben – die erste am heutigen Nachmittag – und die szenische Umsetzung in der Probenhalle im Kurpark und natürlich auf der großen Bühne der Stiftsruine zu absolvieren. Die ersten Entwürfe für Kostüme (Daniela Selig) und Bühnenbild (Jens Kilian) liegen bereits vor, für die Bad Hersfelder Bühnenfassung hatte Dramaturg Tilman Raab den Roman neu übersetzt, damit die Kraft der Sprache des damals erst 29-jährigen Victor Hugo noch besser zur Geltung kommt.

Der Vorverkauf für "Notre Dame" und die weiteren Stücke der Saison 2022 ("Club der toten Dichter", das Musical "Goethe!" in der Stiftsruine und "Volpone" im Eichhof) läuft erfreulich gut, wie es aus der Festspielleitung heißt. Tickets gibt es unter der Telefonnummer 06621/640200 oder per E-Mail an ticket-service@bad-hersfelder-festspiele.de. Eine Übersicht über den Spielplan findet sich auf www.bad-hersfelder-festspiele.de. (Christopher Göbel) +++

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