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Sommerinterview mit Jens Mischak (2): Gesundheitsversorgung als echte Tücke

In Sachen Gesundheitsversorgung gibt es im Vogelsbergkreis derzeit einiges zu tun.
Symbolbild: Pixabay

22.08.2021 / REGION VB - Die Zukunft der Hausärzte und Apotheker, der Mangel an Hebammen oder das Prestigeobjekt "Kirtorfer Höfe": In Sachen Gesundheitsversorgung gibt es im Vogelsbergkreis derzeit einiges zu tun - von Corona ganz abgesehen. "Durch die Pandemie haben wir gesehen, wie wichtig die gute Versorgung im ländlichen Raum in Sachen Gesundheit ist", sagt Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak.


Wir treffen ihn zu unserem Sommerinterview an einem seiner liebsten Plätze im Vogelsbergkreis: auf dem Hohmichelstein, eine Erhebung mitten im Wald mit wunderbarer Aussicht, zwischen Rudlos und Schloss Eisenbach (Lauterbach). "Der Platz hier ist nicht stark frequentiert. Man kann in Ruhe nachdenken, ohne, dass man tausend Leute trifft", schwärmt er. Mischak kann an diesem Ort vom Alltag abschalten - und das ist für ihn in dieser ungewöhnlichen Zeit wichtiger denn je.

Prestigeobjekt "Kirtorfer Höfe"

Doch schon vor Corona machte sich der Kreis gemeinsam mit den Kommunen Gedanken, mit welchen Projekten und Ideen man die Gesundheitsversorgung in Zukunft im Vogelsberg sicherstellen kann. Die Stadt Kirtorf glänzt beispielsweise mit einem "Leuchtturmprojekt" in mehrfacher Hinsicht, zeigt sich Mischak begeistert. Denn mit dem Projekt "Kirtofer Höfe" werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Alte Gebäude in der Innenstadt werden saniert - und diese sollen später unter anderem Platz für verschiedenste Ärzte aus der Region bieten. "Es ist der erste Sanierungsbereich innerhalb Hessens, bei der die Stadt eine Vorreiterrolle für eine strategische Sanierung eines Innenstadtbereichs übernommen hat."

Anfang August fand dazu der erste Spatenstich statt - in den nächsten zwei Jahren soll dann die neue Stadtmitte entstehen. "Natürlich ist so ein Projekt in seiner Größe auch für Kirtorf eine echte Herausforderung - auch finanziell. 

Sorgen bei der Gesundheitsversorgung

Die Gesundheitsversorgung im Vogelsbergkreis ist ein Thema, bei dem Mischak mit großen Sorgen in die Zukunft blickt. Brennpunkte gibt es genug - beispielsweise fehlende Hebammen, die Nachbesetzung bei Hausärzten und Apothekern. "Die Probleme, die wir bei der Anwerbung von Ärzten haben, werden wir auch in den Apotheken bekommen. Hier müssen wir uns ebenfalls Gedanken machen. Und das geht nur durch eine vernünftige Vernetzung", ist sich Mischak sicher und hofft zusätzlich auf die Unterstützung der Bürger: "Es gibt Menschen, die bestellen sich Medikamente im Internet. Wenn es aber am Wochenende einen Notfall gibt, dann soll der Apotheker vor Ort noch da sein. Das passt nicht zusammen."

Bei den Zukunftssorgen helfen Großprojekte wie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Grebenhain/Freiensteinau, um etwas positiver in die Zukunft zu blicken. Denn die Tendenz geht im Vogelsberg dahin, gesundheitliche Stützpunkte sektorenübergreifend zu zentralisieren - beispielsweise ein Hausarzt mit Vertretern anderer medizinischer Berufe, wie es auch in Kirtorf der Fall sein soll. "Das sind Ansätze, die wichtig sind, weil wir nicht an jeder Stelle alles bieten können", so Mischak. 

Bundesvorschrift "völliger Quatsch"

Doch in Sachen MVZ gibt es ein rechtliches Problem, welches den Kreis derzeit vor große Herausforderungen stellt, wie Mischak erklärt: "Grebenhain ist die Hauptstelle, Freiensteinau die Nebenstelle. In der Bundesvorschrift gibt es nun ein Gesetz, das besagt, dass bei der Gründung medizinischer Versorgungszentren, bei deren Betrieb, die Summe der Ärzte der Nebenstätten nicht die der Hauptstätte übersteigen darf."

In Grebenhain arbeiten derzeit zwei Ärzte voll, in Freiensteinau gibt es 1,5 Stellen. "Wir könnten in Freiensteinau jetzt also keine weitere Stelle schaffen, weil die Zahl unter der in Grebenhain liegen muss." Für den Vize-Landrat ist dieses Gesetz völlig sinnfrei: "Wir sind im Moment mit Ministerium und der Kassenärztlichen Vereinigung dran, zu überzeugen, dass das für ländliche Räume völliger Quatsch ist. Hier brauche ich nicht eine Stelle, wo fünf Ärzte sitzen, nur um zu garantieren, dass ich dann noch drei Nebenstandorte haben kann, die zusammengenommen knapp darunter liegen."

Der Kreis würde in dieser Hinsicht gerne mehr machen, auch weil sie anderen Gemeinden, die ebenfalls an einem Versorgungszentrum interessiert sind, die Chance gerne geben würden, mitzuwirken. "Schwalmtal ist bereits interessiert", verrät Mischak. Doch laut dem derzeit geltenden Gesetz dürfte dort auch nicht mehr als eine Stelle besetzt werden. "Das ist wirklich so flexibel wie eine Bahnschiene", ärgert sich Mischak. (Luisa Diegel) +++

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