Emotionale Diskussion am Donnerstagabend

Mit Bauchschmerzen: Parlament votiert für Ersatzneubau der Hochbrücke

Die Hochbrücke ist in Bad Hersfeld das Tor zur Stadt.
Archivfoto: O|N/Klaus Dehnhard

15.09.2023 / BAD HERSFELD - Es war die erwartet emotionale Diskussion am Donnerstagabend in der Bad Hersfelder Stadthalle. Das große Thema, welches wie ein Damoklesschwert über der Stadtverordnetenversammlung hing, war die Zukunft der Hochbrücke. Alle Beteiligten sind sich der massiven Auswirkungen bewusst, der Weg dahin unterscheidet die Fraktionen allerdings - dies wurde in der lebhaften Debatte deutlich.



Während alle bisherigen Tagesordnungspunkte ohne größere Aussprachen mehrheitlich angenommen wurden, barg das Thema Hochbrücke erwartbar den größten Diskussionsbedarf im Stadtparlament. Rund 30 Zuschauer, unter anderem aus dem Lärmschutzbeirat oder der Klima-Initiative, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten aktiv in die Diskussion miteinbrachten, verfolgten gespannt die Diskussion.

Zunächst ergriff SPD-Fraktionschef Karsten Vollmar das Wort: "Die Entwicklung des gesamten Prozesses kann uns alle nicht zufriedenstellen. Es gab bei uns in der Fraktion und allgemein große Diskussionen über die Zukunft dieses Projektes. Viele sind mit der vorgeschlagenen Lösung eines Ersatzneubaus der Hochbrücke nicht zufrieden. Allerdings darf man nicht vergessen: es gibt keine realistischen Alternativen."

Einfluss der Stadtpolitik ist gering

Zudem sei der Einfluss der Stadtpolitik ohnehin gering, da letztlich das Wirtschaftsministerium in Wiesbaden über das Projekt entscheide, so Vollmar weiter. "Dennoch werden wir uns der enormen Belastung der rund sechsjährigen Bauphase stellen müssen. Wenn ab 2025 gebaut werden soll, muss dies eng mit dem Klinikum-Neubau abgestimmt sein, um die Belastung nicht noch größer werden zu lassen", forderte Karsten Vollmar abschließend.

Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Rey gibt es ebenso keine Alternativen: "Eine Tunnel- oder Troglösung ist nicht realisierbar. Falls die Stadt nun einen Klageweg gegen die Pläne des Ersatzneubaus stellen würde, wo die Erfolgschancen gering sein dürften, würde nur wertvolle Zeit ins Land gehen."

ICE-Halt darf nicht in Gefahr sein

Zwar dankte Rey in seiner Rede den Ehrenamtlichen für ihr Engagement bei dem Projekt, bilanzierte jedoch, dass sich die Stadt nach außen nicht gut in dieser Frage repräsentiert habe. Abschließend erklärte er: "Es ist ohne Frage eine große Anstrengung für Bad Hersfeld, ein solches Bauprojekt zu haben, wir müssen uns aber auch der Wichtigkeit des ICE-Haltes in der Stadt bewusst sein - dieser darf auf keinen Fall gefährdet sein."

Eine ganz andere Haltung vertrat Thomas Bös von den Grünen: "Dieser Monsterbrücke wird das Bild der Stadt für die nächsten Jahrzehnte prägen. Die Bürger sind mit dem Ersatzbau größtenteils nicht einverstanden. Zudem wurden viele Einwände bislang nicht ausgeräumt. Wir haben uns mit dem 'Masterplan Mobilität' für die Zukunft bekannt, doch dieser Ersatzneubau ist damit nicht zu vereinen." Des Weiteren erklärte er, dass überhaupt nicht feststehe, dass der Neubau die beste Lösung für die Stadt sei. "Man sollte keine Angst haben, diesem Beschluss nicht zuzustimmen, es benötigt einfach noch Zeit, um die beste Lösung für unsere Stadt zu finden", ergänzte Bös abschließend.

Jürgen Richter, FWG-Fraktionsvorsitzender, positionierte sich klar für den Ersatzneubau: "Es gibt einfach keine Alternativen. Wenn es einen Tunnel geben würde, müsste die komplette B 324 gesperrt werden. Das Eingangstor zur Stadt wäre komplett dicht, das wäre eine Katastrophe für Bad Hersfeld. Es wird sicherlich keine einfache Zeit werden, denn alle sind sich bewusst, dass es das Infrastrukturprojekt der Stadt der nächsten Jahrzehnte sein wird."

In eine ähnliche Kerbe schlug auch FDP-Fraktionschef Bernd Böhle: "Wir müssen realistisch bleiben und zudem dürfen wir unter keinen Umständen den Bestand des ICE-Haltes in Bad Hersfeld gefährden. Dieser Haltepunkt ist zukünftig noch mehr mit der Prosperität unserer Stadt verknüpft, als ohnehin schon. Der Neubau der Hochbrücke ist nicht vermeidbar, da es schlicht keine Alternativen gibt - man muss der Wahrheit, so schwer es manchen auch fallen mag, ins Auge schauen."

Die Abstimmung verlief erwartungsgemäß deutlich: bei zwei Enthaltungen und drei Nein-Stimmen der Grünen-Fraktion votierten alle anderen Parlamentarier für den Ersatzneubau der Hochbrücke. Neben der lebhaften Diskussion zum verkehrstechnischen Tor zur Stadt wurde einstimmig der Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses im Solztal beschlossen, ebenso der Bau des Stadtarchivs mit einem Mietkaufobjekt für den Landkreis in Millionenhöhe, einstimmig zugestimmt. (Kevin Kunze)+++

X