"Die Verantwortlichen haben versagt"

Sexueller Missbrauch im Bistum: 29 Beschuldigte - 75 Kinder betroffen

Generalvikar Professor Dr. Gerhard Stanke (Mitte), Personaldezernent Domkapitular Christof Steinert (vorne rechts), die Missbrauchsbeauftragte Alexandra Kunkel (links neben Stanke) sowie die Präventionsbeauftragte Birgit Schmidt-Hahnel (links verdeckt) stellten die Studie in Bezug auf das Bistum Fulda der Presse vor
Fotos: Martin Engel

26.09.2018 / FULDA - Nachdem die Deutsche Bischofskonferenz am Dienstagmittag die Inhalte der Missbrauchs-Studie - genannt MHG-Studie - den bundesweiten Medien vorgestellt hatte (siehe Extrabericht), nahm auch das Bistum Fulda in einer weiteren Pressekonferenz Stellung. Im Bistum Fulda wurden 795 Personalakten im Zeitraum 2002 bis 2015 - die Eintragungen reichen über viele Jahrzehnte - untersucht. Dabei wurden 29 Beschuldigte gefunden.



Die wesentlichen Zahlen: 19 Diözesanpriester, ein Diakon und neun Ordensleute mit Gestellungsvertrag, von denen acht bereits verstorben waren. In 17 Fällen wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Es gab zwei Selbstanzeigen, sieben Anzeigen durch die Missbrauchsbeaftragte, weitere durch andere Personen. Durch die Übergriffe waren 49 Jungen und 23 Mädchen betroffen, bei dreien fehlte die Geschlechtsangabe. 23 Betroffene waren unter 13 Jahren. Generalvikar Professor Dr. Gerhard Stanke sprach in der Pressekonferenz offen vom Versagen der Verantwortlichen. Man habe zu lange weggesehen und die Betroffenen nicht ernst genommen. "Das müssen wir als Versagen bekennen", sagte Stanke. Dies habe sich grundlegend geändert.

Aufarbeiten, offener Umgang und die Hilfestellung für Opfer und Betroffene sowie die intensivere Prävention und Aufklärung - das sind die Kernpunkte der künftigen Arbeit. Dies stellten neben Stanke auch der Personaldezernent Domkapitular Christof Steinert, die Missbrauchsbeauftragte Alexandra Kunkel und die Präventionsbeauftragte Birgit Schmidt-Hahnel während des Gesprächs im Generalvikariat am Dienstagnachmittag klar.

"Ein veränderter Umgang mit den Betroffenen, der sie und ihre Aussagen ernst nimmt, und den Aufbau von Präventionsmaßnahmen", seien die wichtigsten Eckpfeiler. Seit 2014 wurden bereits 5.107 Haupt- und Ehrenamtliche geschult. Dazu noch 2.012 bei der Caritas. Zudem müsse sich das Machtverhältnis ändern, Pfarrer fühlten sich als Monarchen. Es wurde eher dem Pfarrer als den Kindern oder Jugendlichen geglaubt. Durch die offensive Nachverfolgung wachse auch der Druck auf die Mitarbeiter der katholischen Kirche, da nun den Betroffenen mehr Gehör sicher sei.

"Wir haben in den letzten Jahren gelernt und müssen weiterlernen, unter anderem auch durch Empfehlungen, die die Wissenschaftler uns geben. Für die Arbeit vor Ort gibt es zudem eine umfangreiche Broschüre als Arbeitshilfe zur Umsetzung eines Schutzkonzeptes. Ob die Präventionsmaßnahmen greifen und die Fälle zumindest deutlich reduzieren, wird sich zeigen müssen" hieß es.

Bei aller berechtigter Kritik an der bisherigen Aufarbeitung und der jahrzehntelangen Vertuschung innerhalb der katholischen Kirche ist auch klar, dass Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durchaus ein gesellschaftliches Problem ist und niemand wegschauen darf - egal ob in der Kirche oder anderswo. (Hans-Hubertus Braune) +++

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