Einsatz verdient Respekt

Retter am mentalen Limit: Sie kämpfen um das Leben der Mitmenschen

Wichtig: Kurze Nachbesprechung nach dem die Personen aus dem Fahrzeug befreit wurden - ihre Arbeit war an diesem Abend leider noch längst nicht beendet
Fotos (2): Hans-Hubertus Braune

22.05.2025 / KOMMENTAR - Ja, man kann es nicht oft genau sagen oder schreiben: Was unsere Retter der Hilfs- und Rettungsorganisationen - ob hauptamtlich, ob ehrenamtlich - leisten, verdient unseren höchsten Respekt, unsere Anerkennung und Wertschätzung.



Am Dienstagabend ereignete sich auf der Bundesstraße B454 zwischen Niederaula und Kleba (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) ein schrecklicher Unfall (OSTHESSEN|NEWS berichtete).

Zwei Autos sind frontal zusammengestoßen. Ein Auto ist vollbesetzt, die Insassen fast alle massiv eingeklemmt und aus dem Motorraum qualmt es. Das Auto fängt an zu brennen. In dem zweiten Auto verunglückt ein Mann. Ihm können die Retter nicht mehr helfen - das Schlimmste für die Männer und Frauen der Hilfs- und Rettungsorganisationen.

Die mentale Belastung ist am Limit. Vor Ort machen sie ihren Job - doch die Situation ist in jedem einzelnen Gedächtnis. Wieso ich das jetzt so genau schildere? Weil es wichtig ist, zu verstehen, was all die Retter der verschiedenen Organisationen leisten. Weil diese Arbeit noch mehr wertgeschätzt und politisch unterstützt werden muss.

Es geht nicht um irgendwelche Schuldzuweisungen, um mögliche Ursachen. Die Betroffenen machen sich selbst die größten Vorwürfe. Unfälle passieren leider. Für die Retter vor Ort im Einsatz spielt es keine Rolle, wer oder was - einzig das Helfen steht im Mittelpunkt.

Alle arbeiten Hand in Hand

Die zuerst eingetroffenen Kräfte vom Rettungsdienst und Feuerwehr haben die Rauchentwicklung schnell im Griff. Alles muss schnell gehen, jeder Handgriff sitzen, trotz der Dramatik Ruhe bewahrend und handelnd. Sofort wird nachalarmiert, das Einsatzstichwort auf HKLEMM2Y (mehrere Personen eingeklemmt) und Manv 5 erhöht.

Rettungswagen unter anderem aus Niederaula, Bad Hersfeld, Grebenau und Schlitz eilen an die Einsatzstelle. Dazu die Besatzung von zwei Rettungshubschraubern aus Fulda und Kassel sowie die entsprechenden Führungskräfte. Rund 40 Männer und Frauen der Feuerwehren aus Niederaula und Kirchheim arbeiten mit mehreren Rettungssätzen am Auto. Sie arbeiten Hand in Hand mit den Notärzten, leitenden Notarzt (LNA), organisatorischer Leiter Rettungsdienst (OLRD), Kreisbrandinspektor und Kreisbrandmeister. Die Retter kennen keine Grenzen - schon gar keine Landkreisgrenzen.

Auch die Notfallseelsorgerin Melanie Hetzer aus Kirchheim ist vor Ort. Sie wird sich am Donnerstagabend mit den Kameradinnen und Kameraden beider Feuerwehren im Gerätehaus in Niederaula treffen. Gemeinsam wollen sie den Einsatz nachbesprechen. Hinter jeder Uniform steckt ein Mensch. Jeder macht sich Gedanken, jeder verarbeitet die Situation anders. Sie alle eint ein gemeinsames Ziel: Den in Not geratenen Mitmenschen bestmöglich zu helfen.

An diesem Abend haben sie die traurige Aufgabe, einen verstorbenen Menschen aus seinem völlig zerstörten Auto zu bergen. Drei Kameraden machen dies stellvertretend, freiwillig, während ihre Kolleginnen und Kollegen aufräumen, die Straße kehren und die Einsatzfahrzeuge wieder einsatzbereit machen. Ihre Arbeit endet nicht am Ort des Unglücks. Am nächsten Morgen gehen sie wieder zur Arbeit, zur Schule. Die Szenen des Unfalls sind in ihren Köpfen.

Wenn Sie das nächste Mal die Martinshörner hören - und sei es mitten in der Nacht. Wenn Sie das nächste Mal lesen, dass über Fördermittel und Haushaltsmittel für die Feuerwehren in den politischen Gremien diskutiert wird, denken Sie daran: Es sind ihre Nachbarn, Freunde, Mitmenschen, die Tag und Nacht für uns da sind. Respekt und Anerkennung sind das Mindeste, was sie verdient haben. Oder noch besser: Unterstützen Sie die Kameradinnen und Kameraden vor Ort in ihrer Kommune - und wenn es "nur" passiv ist. Jeder, wie er kann und möchte. (Hans-Hubertus Braune) +++

OSTHESSEN|NEWS-Chefreporter Hans-Hubertus Braune
Foto: Carina Jirsch
Notfallseelsorgerin Melanie Hetzer ist auch am Einsatzort für die Kameradinnen und Kameraden da

X