Spitzen treffen auf Minister
Kommunen am Abgrund: 150 Bürgermeister mit Trillerpfeifen vor dem Landtag

Fotos: Hans-Hubertus Braune
27.03.2025 / WIESBADEN - Rund 150 Bürgermeister und sechs Landräte sind am Donnerstag mit Trillerpfeifen und Plakaten vor den hessischen Landtag in Wiesbaden gezogen. Sie wollen mit dieser Aktion auf die teils katastrophale finanzielle Situation in vielen Kommunen vor allem in Nordhessen aufmerksam machen.
Unter ihnen waren bis auf eine Ausnahme alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Auch der Main-Kinzig-Kreis, der Odenwaldkreis und der Landkreis Groß-Gerau beteiligten sich an der Kundgebung.
"Fördergeld kann für die Städte und Gemeinden ganz schön teuer werden: Vorgaben zu Verfahren und Ausführung sorgen meistens dafür, dass die Kosten für den Steuerzahler deutlich steigen – etwa wenn für die Erneuerung eines Spielplatzes ein umfassendes Nutzungskonzept mit Plänen, Bedarfsanalysen, Nachhaltigkeitsstrategien, Bürgerbeteiligung und der Darstellung aller Folge- und Betriebskosten erarbeitet werden muss, bevor überhaupt sichergestellt ist, dass es die Fördergelder am Ende auch wirklich gibt", sagt Finn Thomsen, Vorsitzender der Bürgermeister-Kreisversammlung Werra-Meißner.
"Viele vorgegebene Standards gehen weiter, als man es vielerorts für ein ordentliches kommunales Angebot bräuchte," bestätigt für die Kreisversammlung im Landkreis Waldeck-Frankenberg der Battenberger Bürgermeister Christian Klein." Öffentliche Spielplätze werden seit Jahren durch Sicherheitsvorschriften z.B. im Bereich des Fallschutz immer aufwändiger und damit teurer. Im heimischen Garten steht dann im Gegensatz zum öffentlichen Spielplatz völlig problemlos und kostengünstiger in Errichtung und Unterhaltung, aber ebenfalls unfallfrei genutzt ein DIN-genormtes Spielgerät auf der grünen Wiese."
Auch in Kitas gebe es hohe einheitliche und ständig steigende Standards, beklagt Thomas Rohrbach aus dem Kreis Hersfeld-Rotenburg. "Dies betrifft den Neubau und auch den Betrieb der Kitas. Zur Erfüllung der Standards mussten die Personalwochenstunden bei gleichbleibenden Kinderzahlen in den letzten fünf Jahren um knapp 20 % erhöht werden, der Landeszuschuss hat sich nur minimal angepasst, während der von der Marktgemeinde Niederaula zu tragenden Kostenanteil sich verdoppelt hat. Hier muss das Land dringend umsetzbare und bezahlbare Mindest-Standards definieren und sich an den steigenden Kosten anteilig mit dem ursprünglich angedachten Drittel der Gesamtaufwendungen beteiligen, aktuell liegen wir bei einem 1/6", sagte Rohrbach.
Die unpassende Einheitsgröße beklagte am Beispiel der Feuerwehren auch sein Amtskollege Luca Fritsch aus dem Schwalm-Eder-Kreis. "Feuerwehrhäuser dürfen nicht nach wenigen Jahren schon als veraltet gelten. Wir brauchen realistische Standards und einen verbindlichen Bestandsschutz. Es geht nicht um Luxus, sondern um funktionale Gebäude, die den Einsatzkräften sowie dem Bevölkerungsschutz dienen und bezahlbar bleiben. Mit landesweit einsetzbaren Musterlösungen und seriellen Bauweisen können wir Kosten senken – ohne bei Sicherheit und Qualität Abstriche zu machen. (Hans-Hubertus Braune) +++
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