Die Meinungen der Fraktionen

Grundsteuer-Diskussion: Mehr Belastungen für die Bürger oder den Haushalt?

Bei der Stadtverordnetenversammlung im Bürgerhaus im Stadtteil Hohe Luft wurde bereits über die Grundsteuer und der möglichen Auswirkungen auf den nächsten Haushalt der Kreisstadt diskutiert
Archivfotos: O|N/Hans-Hubertus Braune

28.12.2024 / BAD HERSFELD - Die Reform der Grundsteuer sorgt in vielen kommunalen Parlamenten für Diskussionen. Wie müssen sich die Hebesätze verändern? Was ist den Bürgern zumutbar oder welche Hebesätze sind notwendig, um den kommunalen Haushalt nicht zu gefährden?



Darüber gehen auch bei den Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung in Bad Hersfeld weit auseinander. Bei der Sitzung kurz vor Weihnachten brachte Bürgermeisterin Anke Hofmann ihren Haushaltsentwurf für den Haushalt des kommenden Jahres ein. Dieser ist mit einem Hebesatz von 410 Prozentpunkten kalkuliert. Ursprünglich wollte die Stadt 470 Prozentpunkte.

Im nächsten Sitzungszyklus werden die Ausschüsse und schließlich die Stadtverordnetenversammlung über den Haushalt weiter diskutieren und über den Entwurf abstimmen.

Doch was denken die Fraktionen? Lesen Sie dazu nachfolgend die Stellungnahmen der Fraktionen zum Thema Grundsteuer:

Karsten Vollmar (SPD): "Wir treten für einen Hebesatz von 410 Punkten ein, weil wir die deutliche Mehrbelastung für die Steuerzahler und Grundstückseigner durch die anderen diskutierten Varianten nicht mittragen! Eine "Aufkommensneutralität", wie ursprünglich auch vom Land versprochen, ist ein leeres Versprechen für die ebenso leeren Kassen von Kreisen, Städten und Gemeinden. In Zeiten von wirtschaftlichen Krisen, hoher Inflation, einer allgemein wirtschaftlich schlechten Lage will die SPD Bad Hersfeld nicht dazu beitragen, die ohnehin schon durch Mehrabgaben (z. B. Krankenkassenbeiträge) gebeutelten Menschen im Land noch mehr zu schröpfen - das wäre ein Schlag ins Gesicht. Die ursprüngliche Variante der Bürgermeisterin mit einem Hebesatz von 470 Punkten war schon nicht tragbar - und das bei einem völlig unbekannten Haushalt 2025 - daher bin ich froh, dass der Magistrat schon einen ausgeglichenen Haushalt mit einem Hebesatz von 410 eingebracht hat. Klar ist: Dieser wird nun beraten und Anfang Februar beschlossen - dazu sollten sich alle Fraktionen zunächst einmal intern und dann übergreifend Gedanken machen und besprechen, ohne gleich in Schwarzmalerei und Schreckensszenarien zu verfallen."

Andreas Rey (CDU): "Der Grundsteuerhebesatz von 410 Punkten ist für uns als CDU der Mittelweg zwischen dem ursprünglichen Hebesatz von 470 Punkten und der Empfehlung des Landes Hessen. Bei 470 Punkten würde die Erhöhung der Grundsteuer bei einigen Eigentümern zwar lediglich in einem überschaubaren Maße steigen, einige müssten allerdings das sogar das Doppelte zahlen. Mit Hinblick auf die überall steigenden Kosten, sind 410 Punkte für uns die Schmerzgrenze dessen, was wir den Menschen und Unternehmen unserer Stadt aktuell zumuten können. Es ist jetzt an uns, im Zuge der Haushaltsberatungen, das dadurch entstehende Defizit gerecht auf alle Schultern zu verteilen. Dies wird sicher eine Herausforderung, wir sind aber optimistisch, das dies gelingen kann."

Andrea Zietz (Bündnis 90/Die Grünen) "Die Bürgermeisterin hat ihren Haushalt ursprünglich mit den bisherigen 470% als Hebesatz geplant. Mit dem von der Groko durchgedrückten 410% fehlt nun eine satte Million. Hier sind Kürzungen bei den Festspielen, 25% Vereinskürzungen und allein 600.000 € Kürzung bei den Personalkosten nötig. Damit können Stellen nicht nachbesetzt werden und die Verwaltung wird erheblich in ihrer Arbeit geschwächt. Dafür wird der einzelne Hausbesitzer im Schnitt um die 60 € pro Jahr entlastet. Wir hatten als Kompromiss die Mitte vorgeschlagen. 30,- Entlastung bei den Bürgern und nur eine halbe Million weniger Einnahmen bei der Stadt, um die schlimmsten Kürzungen aufzufangen. Für Vereine wie das Buchcafé geht es jetzt an die Existenz."

Bernd Böhle (FDP): "Die CDU/SPD-Landesregierung lässt die Kommunen im ländlichen Raum weiter ausbluten und hat den Menschen mit der Behauptung, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral sei, bewusst hinters Licht geführt. Denn durch die Reform steigen gleichzeitig die Kosten der Stadt für die Kreis- und Schulumlage und auch die Schlüsselzuweisungen, die die Stadt vom Land Hessen erhält, werden deutlich geringer. Die FDP hat einen Hebesatz von 440 % als Kompromiss zwischen der Vorlage der Verwaltung mit 470 % und dem anvisierten Hebesatz von CDU und SPD mit 410 % empfohlen. Hintergrund ist, dass durch durch den Hebesatz von 410 % nun ca. eine Million Euro im städtischen Haushalt fehlt, wodurch nun u. a. die Zuschüsse für die Vereine um 25 % gekürzt und Mittel für die notwendige Instandhaltung von Straßen und Wegen gestrichen werden, obwohl sich ohnehin sich schon jeder Bürger darüber beschwert, dass wir so viele Schlaglöcher haben. Durch den Kompromiss auf 440 % wäre die Belastung für die Hausbesitzer im Vergleich zum Hebesatz mit 410 % im Durchschnitt um ca. 30 Euro im Jahr (das sind 2,50 Euro im Monat) größer, allerdings müssten die bereits genannten Streichungen im Haushalt nicht erfolgen."

Dieter Göbel (UBH): "Wir als UBH sind gegen den Hebesatz 410: Weil wir befürchten, das die Haushaltsmittel nicht ausreichen werden und höhere Kosten zu erwarten sind (höhere Kreisumlage, höhere Schulumlage, ) und das dadurch Infrastrukturmaßnahmen (z.B.Straßenbaumaßnahmen, Neubau Festspielgebäude) nicht durchgeführt werden können. Auch werden ab dem Jahr 2025 massive Infrastrukturmaßnahmen (Neubau Peterstor Ausbau BAB A4 ) durchgeführt, was den Haushalt der Stadt Bad Hersfeld mit erheblichen Kosten belastet. Wir sind für den Hebesatz 440."

Jürgen Richter (Fraktionsvorsitzender FWG): "Die FWG Fraktion hält eine Reduzierung auf 440 Punkte für angemessen und zielführend. Unser Markenkern ist eine rationale Politik, die auf realen Notwendigkeiten basiert. Übertriebener Optimismus und individueller Aktionismus, die sich hinter dem Deckmantel des Bürgerinteresses verstecken, sind irrational und münden letztendlich und unweigerlich in Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen, z.B. für die Vereine und bei den Festspielen. Zusätzlich wird die Verwaltung mit ihren Beschäftigen vorsätzlich unter enormen Druck gesetzt, deren Auswirkungen erheblich und unkalkulierbar sein können." (Hans-Hubertus Braune) +++

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