Als wäre er nie weggewesen
Stadtaffe trifft auf Barockstadt: Peter Fox entfesselt den Domplatz

Fotos: Carina Jirsch
17.07.2024 / FULDA - Der Stadtaffe war in Fulda: Auch am Dienstagabend stand auf dem ausverkauften Domplatz ein weiterer Musiker mit Legendenstatus auf der Bühne und heizte den 10.000 Besuchern so ordentlich ein. Diesmal war es kein Geringerer als Peter Fox, aka Pierre Baigorry oder Enuff. Der deutsche Dancehall- und Hip-Hop-Musiker, der vor seiner Solokarriere vor allem als Lead-Singer der Berliner Reggae-/Dancehall Band "Seeed" bekannt war, haute nach klasse Voract Bensh mit seiner Truppe einen saftigen Beat nach dem anderen raus und sorgte mit einigen seiner Hits bei Manchen für pure Nostalgie.
Es ist, als wäre es erst gestern gewesen: Man steht frühmorgens auf und dreht entweder bereits unter der Dusche oder dann spätestens im Auto das Radio auf. Wer nicht gerade ständig zu klassischer Musik an die Arbeit oder zur Schule bretterte, der konnte 2008 und 2009 nicht umhin, von "Alles Neu" oder "Haus am See" einen Ohrwurm zu bekommen. Meine Schulgeneration hat der Mann damit auf jeden Fall geprägt. Hach, wenn ich daran denke, wie man damals noch mit gebrannten Peter Fox CDs auf dem Schulhof dealte - das waren noch Zeiten. An den ein oder anderen Moment zu jener Zeit mussten sich mit Sicherheit die tausenden Fans am Dienstagabend erinnern, als die Geigentöne bei "Alles Neu" aus den Boxen knallten.
Old but Gold
15 Jahre ist es nun her, dass der Berliner mit seinem Debütalbum "STADTAFFE" die deutsche Musiklandschaft im Alleingang umkrempelte und sechsmal Platin absahnte. Seien wir mal ehrlich, er war die Abrissbirne für die deutsche Musikszene, denn auch in 2024 ist sein Soloalbum noch ein absoluter Banger und mit mehr als 1,5 Millionen verkauften Alben das meistverkaufte Rapalbum Deutschlands. Egal welchen Song er am Abend spielte, sei es "Schwarz zu blau", "Stadtaffe" oder "Kopf verloren", die Lyrics konnte man noch auswendig. Was viele jedoch nicht wissen: Dieses Meisterwerk wurde fast schon aus Versehen aufgenommen.
Danke, Gnarls Barkley!
Eigentlich wollte Peter Fox während einer kleinen Auszeit bei Seeed für den amerikanischen Musiker CeeLoo Green eine Platte produzieren. Damals hatte dieser schon mit Seeed und dem Song "Aufstehn!" ein Feature hingelegt. Das Problem dabei war jedoch: Plötzlich ging Gnarls Barley, Greens Projekt mit Danger Mouse, mit "Crazy" durch die Decke. Green sagte daraufhin aufgrund des unerwarteten Erfolges die gemeinsame Platte mit Fox ab. Da keine anderen Sänger für ihn daraufhin infrage kamen, stellte er einfach zusammen mit dem aus DJ Illvibe und David "Monk" Conen bestehenden Produktentenduo The Krauts ein eigenes Album auf. Glück im Unglück, wenn Ihr mich fragt. Denn seit dem Release in 2008 gehört "STADTAFFE" zu einem der erfolgreichsten und beliebtesten deutschen Alben aller Zeiten. Weltstarpotential, aber kein Bock auf Fame
Für Peter Fox selbst war der Erfolg jedoch eine Art Bürde. Zu viel Tamtam gäbe es über seine Person und kaum noch Privatsphäre. Er zog sich zurück. Viele Jahre lang wurde es ruhig um ihn - bis 2023. Fünfzehn Jahre nach dem Solodebüt und ganze 25 Jahre nach der Gründung von Seeed. Keiner hat eigentlich auf ein neues Fox-Soloalbum mehr gehofft. Doch der Mann ließ seine Fans nicht im Stich und zeigt mit seinem neuen Album "Love Songs" warum er geradezu mythischen Status im deutschen Musikbetrieb erlangt hat. Den Anfang machte dabei die Veröffentlichung von "Zukunft Pink" Ende 2022. Obendrein wies er bei der Debatte rund um kultureller Aneignung bei eben diesem Song eindrucksvoll einen Weg auf, wie man mit einfacher Kommunikation und offenen Diskurs mit dem Schreckgespenst Cancel Culture umgeht. Man muss nur wissen, wie. Daher durften am Domplatzkonzert auch neuere Songs am Abend nicht fehlen. Mit "Toast" als ersten Song, "Ein Auge Blau" oder "Weiße Fahnen" brachte er immer mehr Stimmung hinein. Mit "Augenbling" von Seeed hatte er spätestens die gesamten 10.000 Fans unter seinen Bann gezogen. Also warum nicht auch etwas emotionaler werden? Mit "Lass Sie Gehn", "Ticket" oder "Zukunft Pink" waren alle Sorgen vergessen und man hat einfach gute Laune verspürt. Das haben sich die Fans verdient, und das hat sich auch Peter Fox verdient - selbst wenn er sich zu alt für einen Popstar fühlt.
"Bruder, was eine Performance!"
Was Peter Fox hier geleistet hat, war Weltklasse. Auch Fan Benjamin sagt gegenüber OSTHESSEN|NEWS: "Die Show war geisteskrank. Wie er Leute aus dem Publikum involviert hat. Er hat sich Zeit für sie genommen. Die Stimmung in der Crowd war verrückt, da sind alle abgegangen." Und zu Peter Fox? "Authentisch hoch zehn!" Das unterschreibe ich. Die Lichtshow, die lebendige Performance aller Tänzer, die Songauswahl und diese Nahbarkeit, die Peter Fox nicht nur wegen den dutzenden Fans, die auf die Bühne durften, gezeigt hat. Sondern auch, weil er gewisse Einblicke in seine aktuelle Gefühlswelt gab. Das hat alles gepasst. Ach und wenn du einen Platz für die fünf Konzerte suchst, die in Berlin leider nicht stattfinden - Peter, ich kenne da eine Stadt, die es nach heute Abend bestimmt mit Kusshand organisieren würde.
Der Stadtaffe erobert Fulda
Was lässt sich also noch zu seinem Auftritt in Fulda sagen? Man muss es einfach mal erlebt haben. Die erstklassige Stimmung, das nostalgische Gefühl, tausende Fans, die zeitgleich zu seiner Musik abgehen. Diese Show, einfach nur wow. Da hat sich auch die M.I.K Family, die die Bühnenperformance der Tänzer choreografiert und die kreative Direktion geführt hat, selbst übertroffen. Aus den unterschiedlichsten Altersgruppen und Milieus brachte sie alle zum Arschwackeln, und das nicht nur wegen "Schüttel dein Speck". Und dann noch die Zugabe mit "Stadtaffe", "Alles Neu" und "Haus am See". Eine 11 von 10.
Ach und nichts gegen Deutsch-Rap oder die heutige Jugend. Aber Peter Fox zeigt: Man kann auch ohne nackte Frauen, ohne Autotune und ohne "auf Mutter zu gehen" im deutschen Hip-Hop/Rap Bereich abliefern. Er kam, sang und siegte. Für dich Peter Fox warten wir gerne nochmal 15 Jahre. Denn in einer Stadt voller Affen bist du der King. (Mathias Schmidt) +++
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