Das Leben als Künstler (2)

Ein Graffiti für Fulda? - Kreativkopf Ingmar Süß sieht Barockstadt auf gutem Weg

Ingmar Süß vor seiner bemalten Hauswand
Fotos: Carina Jirsch

30.10.2017 / KÜNZELL - Die Kunst hat schon immer eine Rolle im Leben von Ingmar Süß gespielt. Der heute 35-Jährige konnte sich seinen Traum erfüllen und mit seinem Unternehmen "suess.artwork" seiner Kreativität freien Lauf lassen.



"Ich habe schon immer gerne gemalt und hatte in Kunst immer eine Eins", erzählt der Familienvater aus Künzell. Richtig motiviert haben den gebürtigen Nürnberger Züge, die mit Graffiti besprüht waren. "Ich wollte das unbedingt mal ausprobieren", denkt der Künstler an seine Anfänge zurück. Gesagt, getan: Süß hat sich mit einem Kumpel bei einer nächtlichen Aktion ans Werk gemacht und eine kleine Wand besprüht. "Und natürlich sind wir gleich erwischt worden", sagt er lachend. Obwohl seine illegale Spray-Aktion schnell vorbei war, hat der Grafiker eine Leidenschaft zum Graffiti entwickelt und begonnen, diese Kunstrichtung auf legalem Weg auszuüben. "Es hat mir von Anfang an Spaß gemacht."

Süß hat sich auch schon längere Zeit im Jugendtreff in seiner Heimat engagiert. Und so kam es, dass er in Fulda Sozialpädagogik studierte. Noch bevor er sein Studium 2006 erfolgreich beenden konnte, gründete er zeitgleich sein Grafik-Unternehmen "suess.artwork". So konnte der Illustrator seine sozialen und kreativen Ambitionen unter einen Hut bekommen. Derzeit arbeitet Süß in Teilzeit als Sozialpädagoge bei der Stadt Fulda. "Das Gewerbe konnte ich auch mit dem Graffiti gut kombinieren", freut sich der Familienvater, der inzwischen deutschlandweit Workshops anbietet. Das ist gerade für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen perfekt, da er sein Knowhow aus beiden Bereichen einbringen kann.

"Die Graffiti-Szene hängt in Fulda sehr hinterher", weiß Süß. Als er 2002 in die Barockstadt kam, habe das Wort "Spraydose" für die meisten mehr mit Vandalismus als mit Kunst zu tun gehabt. Um den Menschen zu zeigen, dass hinter dieser Kunstart nicht nur vollgesprühte Züge stecken, schnappte sich der Grafiker Spraydose und Farbe und bemalte seine gesamte Hauswand. Inzwischen sind sein großer Fasan und das Baumhaus in der Turmstraße in Künzell in ganz Fulda bekannt. "Und alle Generationen finden es gut", freut er sich.

Die Wandgestaltung mag der Kreativkopf besonders gerne. Stolz ist er vor allem auf die erst kürzlich gezauberte Illustration in der "heimat.". Mit schwarzen und weißen Lackmarkern malte er frei Hand regionale Motive sowie Produkte der Bar an die Wand hinter der Theke. Und genau das macht für ihn die Arbeit aus: Seiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Und so kann er sich mit Tuschestiften, Farben und Aquarellen sowie beim klassischen Grafikdesignen am Computer entfalten. "Ich bin offen und interessiere mich für viele Sachen. Und so kam ich auch zum Siebdruck." Ob Kartoffeldrucke oder Farbspritzer mit der Zahnbürste: "Deswegen bin ich immer wieder froh, selbstständig zu sein: Ich probiere gerne etwas Neues aus und kann frei an alle Aufträge rangehen."

Süß lebt ganz nach dem Motto des Grafikdesigners Kurt Weidemann: "Der Künstler macht, was er will, der Designer will, was er macht." Da er nicht auf Aufträge angewiesen ist, macht die Arbeit besonders Spaß. "Und ich denke, die Qualität spricht für sich", sagt Süß, der mit viel Motivation und Ehrgeiz arbeitet.

"Ich finde die Kunstszene in Fulda ist gut gewachsen. Es gibt immer mehr Initiativen wie das AtelierAllerART. Ich denke, jeder findet hier seine Nische und kann sich kreativ ausleben." Besonders glücklich ist der 35-Jährige über die Erlaubnis, den Durchgang des Hotels "Zum Ritter" zwischen Königstraße und Kanalstraße mit seiner Wandgestaltung zu pimpen. Ganz modern und mit verschiedensten Techniken will der Künstler Fuldaer Motive an die Wand bringen. "Es wäre schön, wenn Fulda noch ein bisschen mehr open minded wäre. Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg." (Julissa Bär) +++

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