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Knallhart-Reform beim Bürgergeld: Statements zum Koalitionspaket
Fotos: ON Archiv
10.10.2025 / REGION -
Die Koalition hat Reformen beim Bürgergeld beschlossen (wir berichteten). Konkret wird dabei das Bürgergeld durch die Grundsicherung abgelöst. Damit gibt es nun scharfe Sanktionen: Wer gegen die Regeln der Jobcenter verstößt, einen Termin nicht wahrnimmt oder eine Arbeitsaufnahme verweigert, wird bestraft. Die Maßnahmen reichen sogar so weit, dass auch die Bezüge komplett gestrichen werden können.
Das betrifft besonders die Landkreise und deren Jobcenter, die für die Bürgergeldempfänger verantwortlich sind. OSTHESSEN|NEWS hat deshalb die Landräte der Region gefragt, wie sie zu den neuen Sanktionen stehen und ob sich diese auf den Haushalt der Landkreise auswirken werden.
Bernd Woide (CDU), Landrat des Landkreises Fulda:
Was halten Sie von den verschärften Maßnahmen?
Wie würde sich das auf den Landkreis auswirken? Besonders mit Blick auf den Haushalt.
Dr. Jens Mischak (CDU), Landrat des Vogelsbergkreises:
Was halten Sie von den verschärften Maßnahmen?
Wie würde sich das auf den Landkreis auswirken? Besonders mit Blick auf den Haushalt.
Die angedachten Sanktionen in Höhe von 30 und 60 Prozent werden sich nicht auf den Haushalt des Vogelsbergkreises auswirken, da die Regelleistung zu 100 Prozent vom Bund finanziert wird. Die letzte Sanktionsstufe (alle Leistungen fallen weg) hätte Auswirkungen auf den Haushalt des Vogelsbergkreises, da sich der Bund nur anteilig an den Kosten der Unterkunft beteiligt. Wie viele Personen aber von solch einer Sanktion betroffen wären, ist nicht prognostizierbar. Ebenso ist noch nicht abzusehen, welche Auswirkungen der Wegfall der Karenzzeit beim Vermögen und die Absenkung des Schonvermögens haben wird."
Der Landkreis Hersfeld-Rotenburg äußert sich wie folgt gegenüber unsere Anfrage:
Der Sprecher des Kreises will sich nicht auf die Frage der Bewertung dieser Maßnahmen äußern.
Wie würde sich das auf den Landkreis auswirken? Besonders mit Blick auf den Haushalt.
Die Gelder, die den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts und zusätzliche Bedarfe, zum Beispiel für Schwangere oder Alleinerziehende werden zu 100 Prozent bundesfinanziert. Für die Unterkunft hingegen tragen die Kommunen etwa 38 Prozent.
Die in mehreren Schritten geplanten prozentualen Leistungskürzungen wirken sich aufgrund der Finanzierungssystematik daher zunächst auf die Gelder zur Sicherung des Lebensunterhalts und zusätzliche Bedarfe (Bundesmittel) aus. Erst beim letzten Schritt, der vollständigen Leistungsversagung, wirken sich die Sanktionen auch auf die anteiligen kommunalen Mittel bei den Kosten der Unterkunft aus. Die Wirkung der neuen Sanktionsregeln haben daher nur einen sehr geringen Effekt auf die kommunalen Haushalte. Da beim Nachholen der Mitwirkungspflichten die vollständigen Leistungskürzungen wegfallen und die Kunden wieder einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung haben, ergeben sich durch die geplanten Sanktionen auch keine signifikanten Auswirkungen auf den Personalkörper der Jobcenter, die weit überwiegend vom Bund finanziert werden."
Können Sie abschätzen, wie viele Personen dies im Landkreis betreffen würde?
"Nein. Da der genaue Gesetzestext dem Kommunalen Jobcenter noch nicht vorliegt, kann hierzu keine valide Aussage getroffen werden. Insgesamt bewegt sich beim Kommunalen Jobcenter die bisherige Quote der Leistungskürzungen, wie auch bereits vor der letzten Bürgergeldreform mit bis dato schärferen Sanktionsregeln, unter dem Bundes- und Hessendurchschnitt. Es war und ist es Strategie des Kommunalen Jobcenters mit den Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren. Da wo es angezeigt ist, werden entsprechend der gesetzlichen Regelungen Leistungskürzungen ausgesprochen."
Und auch für die Wirtschaftsverbände spielt die Reform eine große Rolle. MIT-Kreisvorsitzender Florian Wehner erklärt dazu:
Gerade in unserer Region ist es wichtig, dass Arbeitsanreize erhalten bleiben und Fachkräftepotenziale besser genutzt werden. Osthessen ist geprägt von leistungsstarken mittelständischen Unternehmen, die dringend motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen. Wenn mehr Menschen den Weg in Beschäftigung finden, stärkt das nicht nur den Einzelnen, sondern auch unsere heimische Wirtschaft und die kommunalen Strukturen. Wir unterstützen daher die Richtung der Reform: Arbeit muss sich wieder lohnen – und Engagement soll sich auszahlen."
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht im Koalitionspaket ein"Signal des Aufbruchs". Er erklärt in einem Statement gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:
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