NABU Hessen lehnt Pläne ab
Immer mehr Windräder: Naturschützer sehen "unmoralische Angebote"
Fotos: Hans-Hubertus Braune
05.03.2024 / REGION - Werden in der Region in Zukunft eine Menge weiterer Windkraftanlagen entstehen? Zumindest befürchtet dies der Naturschutzbund Hessen (NABU). Mit der sogenannten Gemeindeöffnungsklausel hat der Bund den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, Windenergieflächen außerhalb von bestehenden Vorranggebieten zu planen.
Aktuell sind im Gebiet der Marktgemeinde Haunetal im Umfeld der Mengshäuser Kuppe bis zu acht Windkraftanlagen in Planung. Der Energieparkentwickler UKA West aus Bielefeld schreibt in einer entsprechenden Pressemitteilung: "Durch das Inkrafttreten der Gemeindeöffnungsklausel ergibt sich für die Gemeinde die Chance, die Fläche selbst über einen Flächennutzungsplan für die Nutzung der Windenergie auszuweisen."
"Die Klimakrise rechtfertigt daher keineswegs eine rigorose Transformationspolitik, die mittlerweile auch im Landratsamt übel aufstößt, weil Interessen von Mensch und Natur nicht gleichrangig mit dem technischen Klimaschutz gesehen werden sollen. Realitätsfern werden die Ökosystemleistungen durch natürlichen Umweltschutz von maßgeblichen Entscheidern und Volksvertretern zur Seite geschoben", schreibt der NABU auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS.
"Ökonomisch denkende Auftraggeber"
"Nun attestieren Parteigutachter gegenüber ihren ökonomisch denkenden Auftraggebern, dass sie nicht durch ihre Windparks gefährdet oder gar nicht vorhanden seien. Manchmal werden überall in der Republik sogar Horstbäume 'rechtzeitig' gefällt oder gar das Brutgeschäft gestört. Immerhin geht es ja um Millionen", schreibt der Naturschutzbund weiter.Nord- und Osthessen habe durch den Regionalplan zwei Prozent ihrer Fläche als Vorranggebiete für Windparks abgesichert und damit trotz erheblicher Beeinträchtigungen das Deutschland-Ziel frühzeitig erfüllt, wobei der Naturschutzbund erhebliche interne Debatten zu führen hatte und viele Bedenken bei besonders problematischen Standorten nicht ausgeräumt worden seien.
Durch die neue Regelung gehe politisches Vertrauen in die Verbindlichkeit des Landesentwicklungsplanes und die Regionalpläne verloren, die unter großer Beteiligung auch der Bürgerschaft und der Verbände zustande gekommen seien. NABU Hessen fragt: "Warum erstatte das Land die Einnahmen aus den landeseigenen Vorranggebieten nicht überwiegend den Kommunen in den Landkreisen und schaff einen Ausgleich für die Beeinträchtigungen?"
Die Stromtrassen, Logistikeransiedlungen, Eisenbahn- und Straßenbauprojekte unzählige Windkraftanlagen, Photovoltaik-Parks und vieles andere mehr würden schlichtweg zerstörerisch wirken. Die Kritik des Landrates an der Stromtrasse offenbare neuerdings auch die Sorgen der Politik. Der NABU Hessen steht den Planungen von Windenergieanlagen außerhalb der ausgewiesenen Vorranggebiete sehr kritisch gegenüber und lehnt diese aufgrund der drei in Hessen gültigen Regionalpläne grundsätzlich ab.
"Juristische Auseinandersetzungen durchaus denkbar"
Nach Aussage seines Landesvorsitzenden Maik Sommerhage werden daher alle Planungen kritisch begleitet. Auch juristische Auseinandersetzungen seien durchaus denkbar. Eine Regionalplanung könne nicht durch eine Lokalplanung ersetzt werden. Dann wären Landesentwicklungsplan und Regionalpläne ad absurdum geführt. Neben Windkraftplanungen sollen zusätzlich und außerhalb dieser Flächen neben Solarfeldern die bereits bekannten Planungen vieler weiterer Infrastrukturmaßnahmen die Menschen in Waldhessen grundlegend betreffen.Die Landschaft und die für die Artenvielfalt so wichtigen Freiflächen werden zerschnitten und Lebensräume fragmentiert. Das "Trilemma der Landnutzung" ist ein wahrhaft relevantes Thema. Wenn nun Kommunalpolitiker freiwillig und zusätzlich weitere Landschaftsbereiche bereit seien, aus ökonomischen Gründen zu opfern, dann verlieren wir unsere wesentliche Attraktivität als Lebensraum für Mensch und Tier.
Abschließend schreibt der NABU Hessen: "Wo bleibt dann das Bewusstsein, dass wir in einem naturschönen Waldhessen leben und wo bleibt unsere Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln? Wenn der Erhalt der landschaftlichen Reize keine Rolle mehr spielen soll, wäre das auch ökonomisch wegen des Verlustes der Attraktivität als Wohn- und Erholungsqualität ein irreversibles Eigentor. Wer für den Erhalt der besonders klimarelevanten Primärwälder des Amazonas, in Indonesien und des Kongobeckens eintritt, der darf nicht die Umwelt vor der eigenen Haustür leichtfertig Gewinnabsichten opfern." (hhb/pm) +++
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