Ausbildungen mit Twist

Viel Geschick und Feingefühl sind beim Karosseriebau Pflicht

Lucio Jost (links) und Justin Meier (rechts) erlernen unter Anleitung von Stephan Fischer (Mitte) den Beruf des Karosseriebauers.
Fotos: Julia Mondry

09.09.2023 / HÜNFELD - Kleinere Unfälle können schnell passieren. Doch während ein blauer Fleck am Knie wieder heilt, sind Beulen und Kratzer bei Fahrzeugen dauerhaft. Karosseriebauer kümmern sich um solche Autoteile, schleifen und werkeln, bis der Unfallschaden verschwunden ist. Allerdings ist ihr Berufsbild vielen eher unbekannt.



Wer an der Hünfelder Werkstatt des Autohauses "Deisenroth & Söhne" ankommt, wird unzählige Geräusche hören. Überall bemühen sich die Arbeiter, die ihnen anvertrauten Unfallwagen optisch zu reparieren. Mittendrin: Die Auszubildenden Lucio Jost und Justin Meier. Während der 19-jährige Jost sich bereits im vierten und damit letzten Lehrjahr befindet, steht Meier mit 18 noch am Anfang der Ausbildung.


Makellos dank Karosserieexperten

Jost kennt den Betrieb durch Familienmitglieder. So durfte er bereits erste Einblicke in die Arbeitswelt als Karosseriebauer gewinnen, ehe er im Rahmen eines Praktikums die ersten eigenen Erfahrungen sammelte. "Ich habe damals auch mal bei den Fahrzeuglackierern reingeschaut, die werden hier bei 'Deisenroth & Söhne' ja ebenfalls ausgebildet. Der Karosseriebau hat mir aber mehr Spaß gemacht", sagt Jost im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS.

Meier kannte den Beruf durch einen befreundeten Karosseriebauer, auch er entschied sich dadurch für ein Praktikum. Beim Probearbeiten sprang der Funke schließlich vollständig über. "Es ist beeindruckend, wenn man die Unfallautos vorher und nachher vergleicht. Zu sehen, was man gemacht hat, ist ein tolles Gefühl", sagt der 18-Jährige. Für beide stand schnell fest, dass sie hier ihre berufliche Zukunft sehen.

Beruf wird oft vergessen

Aufgrund der ersten Arbeitseinblicke vor der Ausbildung entschieden sich beide für eine Lehre in Hünfeld: "Das Arbeitsklima hier ist sehr angenehm und das war mir von Anfang an wichtig", so Jost. Das Vertrauen in die jungen Lehrlinge ist groß, Anpacken gleich am ersten Tag gehört ebenso dazu wie erste selbstständige Montagearbeiten an der Karosserie nach rund zwei Monaten.

Im schulischen Teil der Ausbildung erlernt man ab dem zweiten Lehrjahr berufsspezifische Kenntnisse wie die unterschiedlichen Blecharten oder Fachbegriffe des Karosseriebaus. Meier wird in seinem ersten Lehrjahr zunächst mit KFZ-Lehrlingen zusammen die Grundlagen der Automechanik erlernen.

Denn: KFZ-Mechanik und Karosseriebau sind unterschiedliche Berufsfelder. Während KFZ-Mechanik sich mehr mit Motoren und der Technik auseinandersetzen, erlernen Karosseriebauer den Umgang mit den verschiedenen in Fahrzeugen verbauten Materialien und sind für die Unfallinstandhaltung zuständig. "Der Beruf des Karosseriebauers ist sehr umfangreich. Dazu gehören zum Beispiel Tätigkeiten wie die Montagearbeit, aber auch die Richtarbeit", erklärt Ausbilder Stephan Fischer gegenüber O|N.

Kein Tag ist wie der andere

Für den Beruf braucht es ein gewisses Maß an Geschicklichkeit, technischem Verständnis und Interesse, so der Ausbilder. Ein weiterer Teil der dualen Ausbildung ist die überbetriebliche Ausbildung. Auf Lehrgängen erhalten die Azubis praktische Einblicke in nützliche Themengebiete, wie zum Beispiel das Schweißen. 

Einen typischen Tag in der Werkstatt, den gebe es eigentlich gar nicht, sagen Jost und Meier. Selten wisse man, was am nächsten Tag wartet. "Das macht es für uns aber aus. Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich", so Meier. "Am meisten muss ich mich in E-Autos reinfuchsen, diese werden aber immer wichtiger", gibt Jost zu.

Fischer pflichtet ihm bei und ergänzt: "Fahrzeugassistenten werden ebenfalls zunehmend wichtiger. Vor ein paar Jahren waren solche Systeme noch nicht so verbreitet und ausgreift". Nach der dreieinhalbjährigen Ausbildung werden die Lehrlinge sich aber auch mit solchen komplexeren Problemen auskennen.

Nach der Ausbildung stehen viele Wege offen

"Ich würde mich gerne auch nach der Ausbildung weiterbilden und mir durch zusätzliche Lehrgänge viel aneignen", sagt Jost in Bezug auf seine Zukunft. Meier ist ebenfalls motiviert: "Nach meinem Praktikum und dem Probearbeiten möchte ich jetzt noch mehr verstehen und lernen, wie alles funktioniert".

Fischer rechnet ihnen gute Chancen aus: "Die Verdienstmöglichkeiten als ausgebildeter Karosseriebauer sind sehr gut und Fortbildungen gibt es in unserer Branche ebenfalls". So können sich Karosseriebauer zum Beispiel auch auf Oldtimer spezialisieren und neben der Unfallinstandhaltung auch alte Teile neu anfertigen. (Julia Mondry) +++

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