Gegen das Vergessen im Ahrtal

Fluthelfer Marco Diegmüller: "Nicht nur schwätzen, sondern anpacken!"

An der Fassade des berühmten „Helfer-Hauses“ in Dernau von Rebecca Arnoldy-Heimansfeld. "Vor einigen Tagen stand es noch, es soll aber abgerissen werden", so Diegmüller.
Fotos: privat

28.06.2023 / PETERSBERG / AHRTAL - "Jeder Helfer ist ein Held" - Es ist ein Selfie-Point mit tiefgehender Bedeutung. Die Worte zieren eine Hauswand, darunter strahlen in bunten Farben Engelsflügel. Die Fassade ist voller Symbole der Solidarität. Marco Diegmüller aus Petersberg-Steinhaus (Kreis Fulda) ist bereits zum fünften Mal im Flutkatastrophengebiet. Er packt mit an, hält die Momente mit dem Handy fest. Auch an dieser Stelle zeigt sich: Das berühmte "Helfer-Haus" von Rebecca Arnoldy-Heimansfeld bleibt wohl von einem Abriss nicht verschont. Kein Einzelfall nach zwei Jahren.



Diegmüller ist seit fast 25 Jahren bei Goodyear in Fulda fest angestellt. Auch als langjähriger Feuerwehrmann beschäftigt ihn die Lage im Ahrtal. Die Flutkatastrophe zog sich über eine Länge von rund 85 Kilometer bis nach Belgien. Ein unvorstellbares Ausmaß. Erst im Mai dieses Jahres hatte sich der Osthesse unter anderem an der Spendenaktion von Claudia Wawerzinek aus Bad Brückenau beteiligt - und ist kurzentschlossen, für die Übergabe bei dem Tagesausflug mitgefahren (O|N berichtete).

Kürzlich hatte sich für den 46-Jährigen spontan gleich die nächste Fahrt nach Rheinland-Pfalz ergeben. "Ich habe arbeitsbedingt nur ein Wochenende im Monat frei, jetzt hat es endlich wieder gepasst." Denn von Normalzustand kann in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten noch lange keine Rede sein. "Die Situation dort vor Ort lässt einen nicht los. Die Zustände sind erschreckend. Gemeinsam mit meinem besten Freund und Trauzeugen Jörg Schleicher aus Dirlos haben wir uns auf den Weg gemacht." Das Motto: "Nicht nur schwätzen, sondern anpacken!" Die anfallenden Aufgaben werden vorab sinnvoll koordiniert, sei es auf der Baustelle oder beim Umzug. "Es gibt einige Hilfsorganisationen, an die man sich wenden kann." Beide haben Kontakt zu den "Dachzeltnomaden", davor waren sie mit dem "Helfer-Shuttle" unterwegs. 

Alle Hände voll zu tun

Das Ziel dieser Aktion: Mayschoß und Dernau (Kreis Ahrweiler). "Uns hat ein straffes Programm erwartet. Wir waren Samstag und Sonntag auf der Baustelle. Wir konnten kostenlos im Wohnwagen schlafen und bekamen Verpflegung. Es gibt nach wie vor alle Hände voll zu tun. Jedes dritte bzw. vierte Haus ist Baustelle, Brücken sind zerstört. Es geht nur schwer vorwärts", so Diegmüller. "Wir haben beispielsweise in Dernau ein Dach abgedeckt. Es bestand zunächst die Hoffnung, das Gebäude irgendwie retten zu können, aber keine Chance." Nach so langer Zeit werden Häuser stets abgerissen. Dennis Brandt, Geschäftsführer der DZN Hilfsorganisation, erklärt genau dazu auf Nachfrage: "Es sind im Nachhinein etwa Schäden am Mauerwerk entdeckt worden, oder aber die Versicherungen entscheiden sich doch eher für einen Neubau. Manchmal liegt es auch an den Betroffenen selbst - es gibt diverse Gründe." 

Dankbarkeit spürbar

Die Bürgerinnen und Bürger im Ahrtal sind für den Einsatz von außerhalb überaus dankbar. "Umso wichtiger ist es, das Thema präsent zu halten, und zu zeigen, wo der Schuh drückt", konstatiert Diegmüller und ergänzt: "Es kann sich jeder auf seine ganz eigene Art und Weise engagieren." (mkr) +++

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