Klinikum im Fokus der Debatten
Augen zu und durch: Kreistag beschließt Haushalt mit 32,7 Millionen Euro Defizit
Landrat Torsten Warnecke (SPD) hat einen beschlossenen Haushalt für das Jahr 2026, in welche Richtung das Pendel beim Regierungspräsidium schlägt ist allerdings noch unklar
Fotos: Moritz Rös
16.12.2025 / BAD HERSFELD -
Den kommunalen Parlamenten bleibt kein Spielraum mehr: Auch der Kreistag im Landkreis Hersfeld-Rotenburg hat am Montag einen defizitären Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Auch Anpassungen an den eingebrachten Entwurf bringen keinen entscheidenden Vorteil. Das planmäßige Minus beträgt im Ergebnishaushalt rund 32,7 Millionen Euro.
Das Gesamtvolumen beträgt im Ergebnishaushalt rund 327 Millionen Euro. Vor allem der laufende Betrieb am Klinikum verursacht Kosten, die auch vom Landkreis weiterhin mit vielen Millionen Euro unterstützt werden müssen. Dazu belasten die Ausgaben für den Neubau am Standort in Bad Hersfeld den Haushalt der nächsten Jahre. Am Klinikum und seinen längst beschlossenen und in der Umsetzung befindlichen Maßnahmen wollen die Kreistagsmitglieder nicht rütteln. Und doch stand eben jenes Klinikum im Zentrum der Haushaltsdebatten.
Die Kosten im Gesundheitssektor sind ein massives Problem. Dazu belasten die Pflichtaufgaben etwa im Sozialbereich die Haushalte auf kommunaler Ebene. Manfred Fehr von der SPD übte scharfe Kritik an den Vorgaben aus Berlin und Wiesbaden. "Das Desaster aller kommunalen Haushalte ist vorprogrammiert. Das Geld wird nicht mitgeliefert", sagte der ehemalige Bürgermeister von Rotenburg an der Fulda. Die Finanzierung der Neustrukturierung des Klinikums müsse durchgezogen werden. "Wer diesen Haushalt ablehnt, lehnt das Klinikum ab", sagte Fehr. Dem konterte Andreas Börner für die Christdemokraten: "Die CDU steht zum Klinikum. Aber wir stehen nicht zum Blankoscheck." Zudem habe die CDU nicht mehr das Vertrauen in den Landrat.
31 Ja- und 22 Nein-Stimmen
Neben der CDU lehnten auch die Alternative für Deutschland und drei Mitglieder der UBL/Bürger-Herz-Fraktion den Kreishaushalt ab. Den insgesamt 22 Nein-Stimmen stehen 31 Ja-Stimmen von Sozialdemokraten, Bündnis 90/Grünen, FDP und Freie Wähler gegenüber. Ein Vertreter der UBL enthielt sich der Stimme.
Die Befürworter monierten, dass der Großteil der Haushaltsmittel für Pflichtaufgaben ausgegeben werden müssen, welche vor allem vom Bund und dem Land den Landkreisen und Kommunen aufgedrückt werden. "Bei einem Haushaltsvolumen von über 300 Millionen Euro sind etwa drei Millionen Euro freiwillige Leistungen. Würden wir sämtliche Unterstützung auf einen Schlag streichen, so würde uns das doch nur ein Prozent des Volumens ersparen und am Defizit würde es nicht einmal zehn Prozent ändern", sagte Martina Selzer (Grüne).
Landrat Torsten Warnecke kritisierte den Schlingerkurs der Landesregierung, etwa bei den zusätzlichen Mitteln und deren Berücksichtigung in den Haushalten. Er verteidigte vehement, dass die Kreis- und Schulumlage nicht erhöht werde. Die Kommunen könnten nicht noch stärker belastet werden. "Einige Kommunen im Landkreis sind schon gehängt", sagte der Landrat und kritisierte die ablehnende Haltung der Christdemokraten. Aus den Reihen der Sozialdemokraten hieß es, man habe den CDU-Landräten vertraut und den Haushalten zugestimmt.
Die CDU wiederum lehnte den Haushalt ab, da sie vor allem keinerlei Vorschläge für notwendige Sparmaßnahmen sieht. "Natürlich haben wir im Landkreis die finanziellen Nöte um unser Klinikum, die durch die abgegebene Patronatserklärung des Landkreises undiskutabel sind. Aber gerade diese Tatsache verpflichtet doch Kreis und auch das Klinikum zu erhöhter Sparsamkeit. Wir vermissen ein wirksames Controlling in vielen Bereichen. Die für die Finanzen verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen künftig stärker in alle Entscheidungen einbezogen werden. Wir sind in großer Sorge um die Kreisfinanzen, da sich aus Sicht der CDU-Fraktion die Finanzwirtschaft des Landkreises zunehmend als nicht mehr kalkulierbar darstellt", sagte Herbert Höttl (CDU).
Klinikum ja - Blankoschecks nein
Auch die Ausstellung eines Blankoschecks für das Klinikum und deren Finanzierung ärgerte etwa die CDU und die UBL. "Die Kreistagsmehrheit hat nach einer Hinterzimmerrunde einen Blankoscheck ausgestellt. So wurde zusätzlich eine Garantieerklärung abgegeben, bei der unlimitiert bis zur Inbetriebnahme des Klinik-Neubaus gezahlt wird", sagte Tim Schneider (UBL/Bürgerherz).
Trotz der mehr als angespannten finanziellen Lage, sollen einige Projekte und Investitionen realisiert werden. Im Haushalt 2026 sind vor allem Projekte in den Bereichen Bildung und Infrastruktur geplant. So werden in den Bau der Atemschutzübungsanlage 1,4 Millionen Euro investiert. Die energetische Sanierung der Gesamtschule Obersberg (2,65 Millionen Euro) und die energetische Sanierung der Waldhessenhalle (1,2 Millionen Euro) werden die größten Investitionen an kreiseigenen Liegenschaften im Jahr 2026. Weitere größere Projekte sind der Neubau des Stadt- und Kreisarchivs (917.000 Euro) und die Sanierung der Stützwand an der K60 in Bebra-Lüdersdorf (600.000 Euro).
Nun muss der Kreishaushalt für das kommende Jahr noch vom Regierungspräsidium Kassel genehmigt werden. Möglich, dass der Landkreis nachbessern muss. Stellt sich die Frage, an welcher Stellschraube überhaupt noch gedreht werden kann, ohne am Ende die Steuerzahler über die Kommunen noch mehr zu belasten. Vor der Kommunalwahl im kommenden Frühjahr will das sicher niemand. (Hans-Hubertus Braune) +++