Ein Vorbild für andere

Trotz Autismus-Diagnose: Timo Gottlebe (20) erfüllt sich Traumjob im Gartenbau

Seit einem halben Jahr arbeitet er nun festangestellt als Gartenbauhelfer.
Fotos: Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda

20.12.2025 / BAD HERSFELD - "Ich möchte anderen jungen Leuten Mut machen. Auch wenn man nicht der Norm entspricht, kann man eine Ausbildung schaffen", sagt Timo Gottlebe aus Bad Hersfeld. Der 22-Jährige hat trotz seiner Autismus-Diagnose erfolgreich eine Ausbildung zum Fachpraktiker im Gartenbau abgeschlossen. Seit einem halben Jahr arbeitet er nun festangestellt als Gartenbauhelfer bei der Gärtnerei Serfling in Bad Hersfeld – ein Erfolg, auf den er stolz ist.



Das war möglich durch die Agentur für Arbeit Bad Hersfeld–Fulda, die diese theoriereduzierte Ausbildung finanziell unterstützte. Weniger Theorie, dafür mehr praktische Inhalte: Die Ausbildung zum "Fachpraktiker" bzw. zur "Fachpraktikerin" gibt es in vielen verschiedenen Berufen, vom Frisörhandwerk über die Metallverarbeitung bis zum Verkauf.

"Die Fachpraktiker-Ausbildung ist auf Menschen ausgerichtet, die aufgrund einer Lernbeeinträchtigung die theoretischen Anforderungen einer Regelausbildung nicht ganz erfüllen und ihre Stärken eher im praktischen Bereich haben", erläutert Constanze Linß von der Agentur für Arbeit in Bad Hersfeld. Im Gartenbau heißt das unter anderem, dass weniger botanische Pflanzennamen gelernt werden müssen, auch manche Maschinen bleiben außen vor.

Spaß am Garten- und Landschaftsbau

Nach dem Besuch unterschiedlicher Schulen und dem qualifizierten Hauptschulabschluss hat Timo seine Ausbildung im Berufsbildungswerk Südhessen, inklusive Internatunterbringung in Karben absolviert. "Ich habe mehrere Fachrichtungen ausprobiert, bis klar war, dass mir der Garten- und Landschaftsbau Spaß macht", erzählt der junge Mann, der vor zwei Jahren die Diagnose "Atypischer Autismus" bekam. Unter anderem fällt es ihm schwer, andere Menschen anzuschauen, hin und wieder schweift er mit den Gedanken ab.

"Timo macht das super"

Das hindert ihn jedoch nicht daran, sich die botanischen Pflanzennamen zu merken. "Hedera helix" und "taxus bacata", alias Efeu und Eibe, hat Timo Gottlebe im Blick. Und langsam auch die Namen vieler Verstorbener. Auf 25 Friedhöfen in der Region pflegt er die Gräber und genießt die Arbeit im Freien: "Jeder Tag ist anders, je nach Jahreszeit. Ich mag diese Abwechslung." Im Dreierpack mit Chef Michael und Seniorchef Heinrich Serfling geht es frühmorgens los, werden Gräber gesäubert, Unkraut gezupft, Hecken gekürzt und Pflanzen zurechtgeschnitten. "Bis man sich die Lage aller Gräber eingeprägt hat, dauert es circa ein Jahr. Außerdem muss man oft auf steilem Gelände arbeiten oder bei laufendem Betrieb, wenn beispielsweise eine Beisetzung stattfindet", berichtet Michael Serfling, "Timo macht das super."

Schon beim Vorstellungsgespräch fiel der außergewöhnliche Bewerber durch seine Zielstrebigkeit auf. Serfling, der den sechs Mitarbeiter starken Familienbetrieb in sechster Generation führt, weiß nicht nur die Zuverlässigkeit und die Pünktlichkeit seines jüngsten Mitarbeiters zu schätzen: "Grundvoraussetzung ist, dass man mit Spaß und Eifer bei der Sache ist. Den Rest kann man lernen."

Matthias Dengler, Leiter der Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda: "Wir haben hier ein tolles Vorbild, das durch das Berufsbildungswerk, die Gärtnerei Serfling und wir als Arbeitsagentur ermöglicht wurde. Wir wollen die Sichtbarkeit erhöhen und weiterhin viele solcher Erfolgsgeschichten zusammen schaffen." (js/pm)+++

V.l. Michael Serfling, Timo Gottlebe, Katrin Serfling und Constanze Linß vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit.



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