Chanukka-Feier

Lasst uns Licht sein in der Dunkelheit

Chanukkia auf Rabbi Levi Parnas‘ Auto – wir sind das Licht
Fotos: privat

15.12.2025 / FULDA - Was hatte sich alle auf Chanukka, das Lichterfest, gefreut – und wie gedrückt war die Stimmung, als sich Mitglieder sowie Freunde und Freundinnen der Jüdischen Gemeinde zum Entzünden der ersten Chanukka-Kerze trafen!



Denn gibt es Schöneres als dieses gemeinsame Entzünden der ersten Kerze? Das Licht als Symbol des zu Gott Findens, Chanukka als Fest des Friedens – mit der Botschaft, beides in die Welt zu tragen.

Der Anschlag am Bondi Beach überschattet die Feier

Die Stimmung aber war gedrückt, denn die Nachrichten aus Sydney hatten bei allen Schockstarre ausgelöst. Am Bondi Beach, diesem Ort lässigen Freizeitvergnügens, an dem sich Hunderte von Menschen zu einem fröhlichen "Chanukka by the Sea" getroffen hatten, kam es zu einem blutigen, antisemitischen Vorfall, der bislang 12 Menschenleben kostete, weitere 29 sind verletzt, einige davon schwer. Das war ein gezielter Anschlag auf die jüdische Gemeinde Syndneys, und auf alle jüdischen Menschen überall in der Welt. Der australische Premier Albanese sprach vom Bösen, das am Bondi Beach entfesselt worden sei – und vermied es dabei, das Wort "Juden" zu sagen. Ein klares Statement gegen Antisemitismus hätte sich anders gelesen!

In Fulda begann die Feier im Hof der Jüdischen Gemeinde mit einem Gebet für die Opfer. Anja Listmann, Fuldas Beauftragte für Jüdisches Leben, sichtlich angeschlagen durch den Anschlag und die vielen Anrufe, die sie danach aus aller Welt erreicht hatten, entzündete ein Licht für sie.

Licht in die Welt tragen

In seiner Ansprache betonte Roman Melamed, der Vorbeter der Jüdischen Gemeinde, dass im Judentum Freude und Traurigkeit, Glück und Verzweiflung immer nahe beieinander lägen. Gerade an einem solchen Tag käme es darauf an, Licht in die Welt zu tragen: "Wo nur Helligkeit ist, sieht man ein Licht nicht, aber in der Dunkelheit strahlt es umso heller", so Melamed.

Aus New York war Rabbi Levi Parnas mit seiner Familie zu Gast, der sich auf russisch, englisch und jiddisch an alle wandte. Der Rabbiner stammt aus der Chabad-Lubawitsch-Bewegung (einer chassidischen Richtung innerhalb des orthodoxen Judentums), die in Sydney traditionell die die Chanukka-Feier organisiert – auch heute, am Tag des Anschlags. Gerade deshalb war es ihm ein Anliegen, deutlich zu machen, dass man Terroristen weder das Leben noch die eigenen Feiertage überlassen könne. Ein trotzig-gläubiges ‚jetzt erst recht!‘ Eine Meinung, die so auch Rabbi Eli Schlanger vertrat, der am Bondi Beach ermordet wurde und kurz zuvor ein Video veröffentlicht hatte, wie man Antisemitismus bekämpfen müsse: Eine Chanukkia auf sein Auto oder in sein Fenster stellen und zeigen, wer man sei. Rabbi Parnas sagte mir beim Abschied: "Je kleiner die Gemeinde, umso größer muss das Licht sein." Worte, die Mut machen und anspornen.

Uns verbindet viel mehr, als uns trennt

Nachdem Roman Melamed die drei Brachot (= Segenssprüche) des ersten Chanukka-Abends gesprochen hatte, wurde die erste Kerze an der Chanukkia entzündet. Und dann wurde auch in Fulda gemeinsam gesungen und getanzt – natürlich auch "Hava Narima", die hebräische Version von Händels "See the conquering hero" aus seinem Oratorium "Judas Makkabäus" – Christen kennen die Melodie als Weihnachtslied "Tochter Zion". Ein Lied, das uns über die Religion hinweg verbindet, und das gilt ja genauso auch für Chanukka. Denn auch der Advent ist die Zeit des Lichts. Heute, am 3. Advent, dem Sonntag "Gaudete" – gibt es also viel Grund zur Freude. Dazu gab es die typischen Chanukka-Speisen, die an das Öl-Wunder von Chanukka erinnern: Deshalb werden in Öl gebackene Speisen verzehrt, z.B. Lattkes (Kartoffelpuffer) und Sufganiot (Krapfen). Letztere gab es auch in der Jüdischen Gemeinde, dazu und heißen, natürlich koscheren Wein. Dazu viele gute Gespräche, viel Austausch, und das klare Bekenntnis zum WIR.

Über die Bedeutung und Wirkung von Licht haben viele Dichter, Theologen und Philosophen nachgedacht. Henrik Ibsen sagte: "Sehnsucht nach Licht ist des Lebens Gebot". Gerade dann, wenn die Dunkelheit uns zu übermannen droht, müssen wir uns an diese Sehnsucht erinnern – denn die ist eine Aufgabe. Licht sein – für uns selbst, für andere, Botschaften der Liebe und nicht des Hasses aussenden. Wie beziehungsreich, dass auf der Rückfahrt der a-ha-Song "Differences" läuft mit der bezeichnenden Botschaft:

"Raise your voice
Give u hope
Make us whole
Save our souls." (Jutta Hamberger) +++

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