Versorgungslücke von 60 Kilometern?

Gebhard schlägt Alarm: Klinik kämpft ums ländliche Gesundheitswesen

Wilhelm Gebhard im Gespräch mit der Klinikleitung im Kreiskrankenhaus Rotenburg.
Fotos: Wilhelm Gebhard

04.12.2025 / ROTENBURG/F. - Der Besuch von Bundestagsabgeordnetem Wilhelm Gebhard (CDU) im Kreiskrankenhaus Rotenburg an der Fulda geriet zu mehr als einer reinen Informationsrunde. Zwischen Zahlen, Strukturen und politischen Rahmenbedingungen stand vor allem eines im Raum: die Frage, ob Kliniken im ländlichen Raum unter den aktuellen Reformbestrebungen überhaupt eine Zukunft haben.



Während Gebhard mit der Krankenhausleitung durch die Stationen ging, wurde schnell deutlich, wie viel auf dem Spiel steht – sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die rund 60 Kilometer umfassende Region, die auf die medizinische Versorgung in Rotenburg angewiesen ist.

Wichtiger Versorger und stabiler Arbeitgeber

Das Kreiskrankenhaus Rotenburg beschäftigt rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verfügt über 200 Betten. "Was hier Tag für Tag geleistet wird, ist herausragend", betonte Gebhard. Neben seiner Rolle als Gesundheitsversorger ist das Haus zugleich ein bedeutender Ausbildungsstandort: In einer eigenen Pflegeausbildungsstätte direkt am Krankenhaus werden jährlich durchschnittlich 20 Auszubildende zu Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern ausgebildet. Über drei Jahrgänge hinweg befinden sich aktuell 60 Personen in der Ausbildung.

Die Bedeutung dieser Einrichtung unterstrich Gebhard deutlich: "Die eigene Ausbildungsstätte ist ein starkes Signal. Sie zeigt, dass hier nicht nur Versorgung stattfindet, sondern auch die Zukunft der Pflege aktiv mitgestaltet wird."

Druck durch Reformen: Klinik warnt vor struktureller Unsicherheit

Intensiv diskutiert wurde die sogenannte Vorhaltefinanzierung, die nach Einschätzung der Klinik weder finanziell tragbar noch effizient umsetzbar ist. Beim Jahrestag des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbands (DEKV) wurde bereits deutliche Kritik laut – insbesondere für diakonische und freigemeinnützige Häuser, die mit weniger als 500 Betten nicht auf wirtschaftliche Überschüsse oder kommunale Defizitausgleiche zurückgreifen können. Dort wurde auch die Bedeutung der Trägerpluralität betont.

Gebhard machte klar, dass er diese Sorgen teilt: "Als Mitglied des Aufsichtsrats des Klinikums Werra-Meißner kenne ich die Schwierigkeiten und Sorgen, mit denen ein Klinikum im ländlichen Raum zu kämpfen hat. Reformen dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass die Bedingungen und Voraussetzungen des ländlichen Raums unberücksichtigt bleiben. Kliniken wie dieses in Rotenburg brauchen Verlässlichkeit statt zusätzlicher Belastungen."

Leistungsgruppen, Bürokratie und reale Hürden im Alltag

Geschäftsführer Horst Beißel schilderte im Gespräch, wie gravierend die Auswirkungen der aktuellen Krankenhauspolitik in der täglichen Praxis sind. Besonders problematisch seien Leistungsgruppen, die unter realen Bedingungen im ländlichen Raum schlicht nicht erfüllbar sind. Bereiche wie die Allgemeine Innere Medizin oder die Allgemeine Chirurgie ließen sich unter den geltenden Vorgaben kaum abbilden.

Hinzu kommen umfangreiche Meldepflichten, die unter der Ampel-Regierung eingeführt wurden. Diese seien so aufwendig, dass zusätzliches Personal eingestellt werden musste – ein Einschnitt, der die ohnehin knappen personellen Ressourcen weiter belastet.

Gefahr für Patienten: Versorgungslücke von 60 Kilometern

Beißel warnte eindringlich vor einem möglichen Wegfall des Krankenhauses. Für die Region entstünde ein Versorgungsloch von rund 60 Kilometern – mit dramatischen Folgen für Notfallpatienten. Gebhard zeigte dafür volles Verständnis und wurde deutlich: "Wenn ein Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht mehr innerhalb kürzester Zeit versorgt werden kann, reden wir nicht mehr über Strukturpolitik. Dann reden wir über Menschenleben."

Ein Blick in die Klinikpraxis: Effizienz auf jeder Station

Beim anschließenden Rundgang durch Kardiologie, Intensivstation und Schockraum wurde sichtbar, wie stark das Krankenhaus auf Effizienz ausgerichtet ist. Beißel erklärte, dass viele Abläufe bis ins Detail optimiert wurden, um trotz begrenzter Mittel eine stabile, qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen.

Gebhard lernte die Abläufe der Fachbereiche durch die direkte Vorstellung von Dr. P. Staszewicz (Kardiologie), K. Schukowski (Innere Medizin und Gastroenterologie) und W. Kteiche (Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, Infektiologie) kennen. Bei seinem Fazit zeigte sich der Abgeordnete sichtlich beeindruckt: "Die Professionalität hier beeindruckt mich sehr. Man spürt in jedem Bereich, wie ernst die Verantwortung genommen wird und wie alle am großen Ganzen mitarbeiten." (pm/cb) +++



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