Geopolitische Realität im Klassenzimmer
Wenn Sicherheitspolitik plötzlich nah wirkt: Jugendoffizier fesselt BG-Schüler
Fotos: Henning Ahrens
03.12.2025 / HÜNFELD -
Die Schüler des Beruflichen Gymnasiums der Konrad-Zuse-Schule bekamen am vergangenen Mittwoch Einblicke, die man sonst nur aus Nachrichten-Studios kennt. Mit Oberleutnant Henrik May, Jugendoffizier der Bundeswehr aus Gießen, stand ihnen ein Experte gegenüber, der die aktuelle Weltlage ohne Beschönigung erklärte - von globalen Konflikten bis hin zu den Herausforderungen der Bundeswehr. Anwesend waren die Jahrgangsstufen der neuen E-Phase sowie der Q1 und Q3.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Herrn Kühlthau. Er stellte gleich zu Beginn klar, worum es an diesem Vormittag geht: politische Bildung, keine Rekrutierung. Er verwies auf die 2025 erneuerte Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landeskommando Hessen und dem Hessischen Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen.
Politische Bildung statt Werbung - klare Worte zum Auftakt
Mit persönlichen Rückblicken auf die Wehrdiensterfahrungen von Herrn Ahrens in den 1980er Jahren und seiner eigenen Einberufung 1998/99 zeigte er, wie stark sich sicherheitspolitische Rahmenbedingungen verändert haben. Gleichzeitig stellte er die Frage, warum junge Menschen sich heute überhaupt mit globaler Sicherheit befassen sollten - und machte damit die Relevanz des Themas unmittelbar deutlich.Vom Grundbegriff bis zur Weltlage: Jugendoffizier May spannt den großen Bogen
Oberleutnant Henrik May übernahm anschließend und führte die Schülerinnen und Schüler in die Aufgaben der Jugendoffiziere ein. Dann wurde es schnell konkret: aktuelle Krisen, internationale Konflikte, Bündnisstrukturen und die Rolle der Bundeswehr.Schon früh betonte er, dass Einsätze der Bundeswehr - so "unsexy" es klinge - immer auch wirtschaftliche und geopolitische Interessen berührten. Er erklärte zentrale Begriffe wie Sicherheitspolitik und Bündnispflichten und machte die Bedeutung internationaler Kooperation greifbar.
Ukraine-Krieg, Drohnen, Cyberangriffe - und die Frage nach den wahren Interessen
Einen Schwerpunkt legte May auf den Ukraine-Russland-Konflikt. Er erläuterte militärische Entwicklungen, mögliche Ziele Russlands sowie Auswirkungen auf die NATO. Dabei stellte er klar, dass bei internationalen Konflikten häufig "nicht das Land an sich, sondern geopolitische Interessen" im Vordergrund stehen.Cyberangriffe
hybride Kriegsführung
zunehmende Nutzung von Drohnen
Diese Felder seien, so May, "für die Zukunft der Verteidigung immer wichtiger".
Ein Satz, der hängen bleibt
Besonders eindrücklich wirkte unter den Zuhörenden ein zentraler Satz des Jugendoffiziers:"Die Bundeswehr in der NATO ist verteidigungsfähig - aber das ist ein Zustand, den man sich immer wieder neu erarbeiten muss."
Mehr als Auslandseinsätze: Bundeswehr zeigt auch zivile Stärke
Neben Auslandseinsätzen sprach May auch über die Amtshilfe in Deutschland - zum Beispiel bei Waldbränden oder Flutkatastrophen. Die Bundeswehr sei, wie er betonte, "viel mehr als reine Militäreinsätze" und spiele im zivilen Bereich eine unverzichtbare Rolle. Gleichzeitig machte er deutlich, dass "der Einsatz von militärischer Gewalt immer die letzte Option" sei - ein Satz, der vielen Schülerinnen und Schülern spürbar Sicherheit vermittelte.Seine eindringliche Schilderung möglicher Szenarien im Ernstfall - Angriffe auf Infrastruktur, Blockaden, Verstöße gegen Völkerrecht - verdeutlichte die Tragweite der Themen. Dazu sagte May klar: "Am Ende sind wir alle Menschen, auch Soldaten, die kämpfen."
Schüler übernehmen Diskussion - und stellen mutige Fragen
Nach dem Vortrag übernahmen Emily Bosold und Lara Metz aus der Q3b die Moderation der Diskussionsrunde. Die Fragen der Schülerinnen und Schüler reichten von der europäischen Sicherheitslage bis hin zur Frage, wie ein neuer Wehrdienst aussehen könnte.Großes Interesse galt dem aktuellen Gesetz zur Wehrpflicht und dessen möglichen Folgen für junge Erwachsene. May beantwortete alle Fragen offen und verständlich - und mit einem klaren Appell: Sicherheitspolitik betrifft jeden. Wer sich informiert, Fragen stellt und kritisch denkt, versteht besser, welche Verantwortung jede und jeder in der heutigen Welt trägt. (pm/cb) +++