"Rückfall in den Klassenkampf"

SPD-Chefin Bas löst heftige Diskussionen aus: Statements aus der Region

Bärbel Bas, Bundesarbeitsministerin und SPD-Vorsitzende
Foto: picture alliance/dpa | Harald Tittel

03.12.2025 / REGION - Bärbel Bas, Bundesarbeitsministerin und SPD-Vorsitzende, hat mit ihrem "kämpferischen" Zitat gegen Arbeitgeber für heftige Gegenreaktionen gesorgt. Wie berichtet hatte sie bei zwei Auftritten Arbeitgeber kritisiert und dabei nicht nur in der Wirtschaft für Empörung gesorgt, sondern auch innerhalb ihrer eigenen Partei Irritationen ausgelöst.


Rückblick: Ausgangspunkt war der Besuch der Bundesministerin beim Arbeitgebertag. Dort machte Bas deutlich, gegen wen sie ihrer Ansicht nach gemeinsam kämpfen müsse. Wenige Tage später legte sie beim Bundeskongress der Jusos nach und bezeichnete die Unternehmensvertreter als "Herren in bequemen Sesseln, der eine oder andere im Maßanzug".

OSTHESSEN|NEWS hat Wirtschaftsvertreter aus unserer Region um ein Statement zu diesem Aufreger-Thema gebeten.

Auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS wird Florian Wehner, Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) im Kreis Fulda, deutlich:

"Die Rhetorik von Bärbel Bas ist ein Rückfall in den Klassenkampf und vergiftet das gesellschaftliche Klima. Für uns als Mittelstands- und Wirtschaftsunion sind solche Äußerungen völlig inakzeptabel und realitätsfern. Unsere Unternehmer schaffen Arbeitsplätze und Wohlstand unter schwierigsten Bedingungen – sie zum Feindbild zu erklären, ist ein Schlag ins Gesicht jedes Handwerkers und Mittelständlers. Deutschland braucht Wertschätzung für Leistungsträger, keine ideologischen Grabenkämpfe."

Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Osthessen, Sebastian Wassermann äußert sich gegenüber O|N zu den Aussagen von Bärbel Bas wie folgt:

"Die Rede von Frau Bas auf dem Arbeitgebertag macht deutlich, wie weit das Arbeitsministerium von der Realität entfernt ist. Beitragszahler sind genauso Steuerzahler. Deutschland ist europäischer Spitzenreiter bei Sozialausgaben – aber Schlusslicht bei den Ausgaben für Bildung und öffentliche Investitionen. Schuldenfinanzierte staatliche Ausgabenprogramme und offensichtliche Haushaltsverschiebungen mit weiter steigenden Sozialausgaben und Zinszahlungen nehmen jeden Gestaltungsspielraum für drängende Zukunftsaufgaben.

Anstatt sich selbst kritisch zu hinterfragen, versucht die Ministerin nun in die Opferrolle zu schlüpfen und erklärt den Arbeitgeber zum Feindbild. Das mag bei den Jusos funktionieren, zeigt aber in der Realität nur ihre Legitimationskrise und gefährdet Arbeitsplätze sowie Wohlstand. Denn mit jedem verlorenen Arbeitsplatz geht ein Beitrags- und Steuerzahler verloren! Nicht generationenübergreifende Umverteilung, sondern nur eine wachsende Wirtschaft kann stabile Renten finanzieren!"

Der Vorsitzende des Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA), Albert Wiegand ist ebenso wenig mit den polarisierenden Äußerungen der Arbeitsministerin einverstanden:

"Allein die Wortwahl missfällt mir. Arbeitgeber pauschal zu Gegnern zu erklären, halte ich für das falsche Signal. Arbeitgeber müssen in Verantwortung genommen werden, die auch in den meisten Fällen angenommen wird. Hier sollte Politik Brücken bauen. Denn Arbeitgeber sind notwendige Partner bei der Sicherung von Wohlstand und Arbeitsplätzen. Als CDA und auch Gewerkschaftler setzen wir ganz klar auf Dialog und eine starke Sozialpartnerschaft, wenn es um faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen und eine verlässliche Altersvorsorge geht."

Der Fuldaer SPD-Fraktionsvorsitzende Jonathan Wulff
kommentiert den Hype um die jüngsten Aussagen von Arbeitsministerin Bärbel Bas so: "Die Aufregung um die nicht sehr präzise formulierten Äußerungen von Arbeitsministerin Bärbel Bas erinnern mich an die ebenso überzogene Debatte um die Stadtbild-Äußerung von Friedrich Merz vor einigen Wochen. Da entstand auch so ein Sturm im Wasserglas und viele extreme Reaktionen, die niemandem nützen.

Bärbel Bas hat aber sicherlich nicht den Arbeitgebern pauschal den Kampf ansagen wollen. Sie wollte wohl lediglich zum Ausdruck bringen, dass sie sich über deren fehlende Solidarität mit den Menschen, die auf soziale Sicherheit angewiesen sind, geärgert hat.

Dass die jeweilige politische Gegenseite auf solch eine polarisierende Bemerkung dann wiederum mit völlig überzogenen Statements reagieren muss, nervt mich sehr. Mehr Sachlichkeit hat noch jeder Auseinandersetzung gutgetan."

Wirtschaftsexperte Hans-Dieter Alt, Schatzmeister der Mittelstands- und Wirtschaftsunion im Kreis Fulda, kritisiert Bas auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS scharf:

"Die Aussagen der Arbeitsministerin sind purer Klassenkampf, geprägt von einer wirtschaftsfeindlichen linken Ideologie. Frau Bas diffamiert in übelster Weise die Leistungsträger unserer Wohlstandsgesellschaft, die Arbeitsplätze sichern, Innovationen hervorbringen und damit die Grundlage all jener sozialen Leistungen legen, die unser Gemeinwesen ausmachen. Aufrufe zum "Angriff" auf Unternehmer ist man sonst nur von ultralinken Gruppierungen gewöhnt, nicht jedoch von einer Bundesarbeitsministerin.

Was die Sache schlimm macht, ist, dass es sich nicht um eine einmalige Entgleisung handelt, sondern um eine innere Überzeugung. Frau Bas nutzt die Argumentation von Kommunisten. Das ist für ein Regierungsmitglied einer bürgerlichen Koalition nicht hinnehmbar. Frau Bas repräsentiert die SPD, die Partei von Persönlichkeiten wie Georg Leber und Helmut Schmitt.

Auch sie waren sozial engagiert und heben Politik für Arbeiter und Angestellte gemacht, aber immer mit der Gewissheit, dass ohne freies Unternehmertum ein Sozialstaat nicht gestaltet werden kann. Diese Erkenntnis fehlt unserer Arbeitsministerin vollständig. Für die deutsche Wirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine gute Nachricht."

OSTHESSEN|NEWS hat auch Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda, um ein Statement gebeten. Die IHK darf sich zu politischen Debatten aber nicht äußern. (ci/cb) +++

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