Aufmerksame Spannung

Spannung und Humor: Arno Frank beeindruckt bei "Leseland Hessen"-Eröffnung

Arno Frank las aus seinem Buch „Ginsterburg“
Alle Fotos: Martin Engel

10.09.2025 / FULDA - Wenn anhaltender Applaus bei "Leseland Hessen" ins Guinness-Buch eingetragen würde, dann hätte Schriftsteller Arno Frank am Dienstagabend definitiv den Rekord gebrochen. Der sympathische Wiesbadener eröffnete die beliebte Lesereihe in der Kapelle des Vonderau Museums mit seinem Roman "Ginsterburg".



Manchmal braucht es gar nicht viel Aufwand, um sein Publikum zu fesseln. Arno Frank gelingt das mühelos. Der Journalist und Schriftsteller besticht durch seine unaufgeregte Art, seine wunderbare Stimme und seine Detailverliebtheit.

Obwohl der Roman "Ginsterburg" die Nazi-Zeit behandelt, verbreitet Frank in der voll besetzten Kapelle des Vonderau Museums keine gedrückte Stimmung. Es ist eher eine aufmerksame Spannung, gespickt mit Humor, Lebensfreude und Nachsichtigkeit mit der menschlichen Natur. Was nicht bedeutet, dass Frank seinen Figuren einen Freifahrtschein für desaströse Entscheidungen ausstellt.

Arno Frank beeindruckt bei "Leseland Hessen"-Eröffnung

Nach der Begrüßung von Kulturamtsmitarbeiter und Literatur-Freund Klaus Orth sowie einer gewohnt versierten Einführung von Organisatorin Jutta Sporer stellt der Mann des Abends sein Personal vor. Da wäre Blumenhändler Otto Gürckel, der die NSDAP-Karriereleiter im Stechschritt erklimmt, da wären Buchhändlerin Merle und ihr Sohn Lothar Sieber (der einzig historisch belegten Person, wie Frank erklärt), Journalist Eugen, der sich von Gürckel kaufen lässt, und Eugens Tochter Gesine, die als Straßenbahnschaffnerin nach Berlin geht und für Volk und Vaterland eine jüdische Familie aus dem Wagon wirft. Zumindest indirekt.

Das Gift des Faschismus schleicht sich langsam aber stetig in die Gemüter der Akteure, die laut Frank beim Schreiben ihre Entwicklung selbst bestimmt haben. Ein hochinteressanter Aspekt, denn der Autor bekundet damit, dass sich die von ihm erdachten Charaktere im Alleingang gestaltet hätten.

Den Alltag unterm Hakenkreuz, das Böse, das sich langsam aber stetig in der Gesellschaft Bahn bricht, die fragwürdigen Karrieren, die sich in dieser Zeit entwickelten, all das hat Frank schonungslos und gleichzeitig mit viel Gefühl in seinen Roman gegossen. Vermutlich hätte er in Fulda auch sein komplettes Buch vorlesen können, ohne dass jemand im Publikum gemeckert hätte, eigentlich zur "Tagesschau" hätte zu Hause sein wollen.

Zoran Drvenkar präsentiert den Thriller "Asa"

Sein letztes Kapitel, das eine Episode des Frankreich-Feldzuges beschreibt, untermalt Frank mit akustischen Elementen, die ihm ein technisch versierter Freund zur Verfügung gestellt hat. Dieser zusätzliche Effekt verfehlt seine Wirkung nicht; das Publikum ist zutiefst berührt und ergriffen, auch von den Worten des Autors, die beschreiben, wie alkoholisierte Soldaten eine ganze Schar Kraniche abschießen. Bizarr, zutiefst grausam, unentschuldbar.

Nur der Leitvogel überlebt und fliegt ungerührt von dannen. Und mit ihm schwindet einmal mehr der Glauben an die Menschheit. Nein, er habe kein aktuelles Buch schreiben wollen, sagt Frank ganz klar, obwohl ihm die Parallelen zur heutigen Zeit nun auch bewusst wären. Doch dies sei nicht sein Ansinnen gewesen. Doch möglicherweise ist "Ginsterburg" genau die richtige Lektüre für all diejenigen, die die aktuellen Umstände nicht wahrhaben wollen.

Die nächste "Leseland Hessen"-Veranstaltung findet am 18. September um 19 Uhr statt. Es liest Zoran Drvenkar aus "Asa". (Mediennetzwerk/Anne Baun) +++

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