"Das wirft mich aus der Bahn!"

Notstand für Rheuma-Patienten - MVZ Rheumatologie ist wegen Krankheit zu

Rheuma-Patienten leiden häufig unter starken Schmerzen. Sie brauchen dringend Hilfe vom Rheumatologen, doch die Lage in der Region ist angespannt.
Symbolbild: pixabay

17.09.2025 / FULDA - Rheuma-Patienten leiden häufig unter starken chronischen Schmerzen in verschiedenen Körperteilen. Und alle sind dringend auf ärztliche Hilfe angewiesen, um die schmerzhaften und bewegungseinschränkenden Symptome zu lindern. Die aktuelle Versorgungslage in der Region Fulda stellt für viele Betroffene eine echte Hiobsbotschaft dar. Aufgrund von Krankheitsfällen und Personalmangel stehen nicht nur die niedergelassenen Ärzte vor großen Herausforderungen. Auch die Sprechstunden des MVZ für Rheumatologie am Klinikum Fulda sind derzeit auf unbestimmte Zeit eingestellt worden. Unsere Redaktion erreichten mehrere verzweifelte Hilferufe von Betroffenen. Aber Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Vorstandschef des Klinikums und Geschäftsführer am MVZ Osthessen, macht Hoffnung. Zudem ist die Kassenärztliche Vereinigung in der Pflicht.


Der Hinweis, dass die MVZ-Rheumatologie wegen Krankheit und Personalmangel nicht besetzt ist, hat einen Betroffenen nach eigener Aussage "total aus der Bahn geworfen". Denn der Rat, sich in diesem Fall doch an die niedergelassenen Hausärzte zu wenden, sei schlicht nicht praktikabel. "Wie jeder weiß, sind alle Hausärzte in der Region sowieso schon am Limit. Und auf meine Krankheit sind sie auch nicht spezialisiert wie mein Rheumatologe", sagt der 56-Jährige. Er ist wie die meisten Rheumabetroffenen auf sogenannte Biologika angewiesen, die nicht mal ein Internist verschreiben dürfe, sondern ausschließlich ein Rheumatologe.

Diese Pharmazeutika sind sehr teure, komplexe, biologische Medikamente, die mit Hilfe lebender Zellen und Organismen wie Mikroorganismen, Pflanzen oder Tieren hergestellt werden. Sie bestehen oft aus Proteinen oder Nukleinsäuren und werden bei der Behandlung von Krankheiten wie Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis), Krebs und Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes) eingesetzt.

An diesen Fachärzten herrscht großer Mangel - nicht nur in Fulda, obwohl Rheuma nicht gerade wenige Patienten betrifft. Bundesweit gibt es 17 Millionen Betroffene - nicht nur ältere Menschen. "In der Region gibt es keine niedergelassenen Rheumatologen und die nächsten in Alsfeld, Kassel oder Bayern haben alle lange Wartelisten oder nehmen überhaupt keine Patienten mehr auf", klagt der Rheuma-Patient.

"Die Patienten bleiben auf der Strecke"

Wir haben sowohl das Gesundheitsnetz Osthessen (GNO) als auch den niedergelassenen Internisten Dr. Jörg Simon vom MVZ im Altstadt-Carree in Fulda gefragt, ob sie den derzeit unversorgten Rheuma-Patienten in dieser misslichen Lage helfen könnten. Beide Ärzte weisen explizit darauf hin, dass die ambulante Versorgung dieser Patienten derzeit nicht gewährleistet werden könne. "Rheumatologie ist ein sehr diffiziles Fach, Diagnosefindung und Therapie sind äußerst fachspezifisch und die Patienten bleiben momentan auf der Strecke", kritisiert GNO-Chef Dr. Ralph Hönscher im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch. Und Dr. Simon ergänzt: "Für diese Behandlung haben wir überhaupt keine Ressourcen, die Lage dieser Patienten ist wirklich prekär."

Klinikum-Vorstand Dr. Thomas Menzel verweist auf ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)

Natürlich haben wir auch beim Vorstand des Fuldaer Klinikums nachgefragt. Dr. Menzel erklärt: "Das MVZ Osthessen und das Klinikum Fulda passen die ambulante rheumatologische Versorgung an, um die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen auch künftig sicherstellen zu können. Die Sprechstunden im MVZ müssen aufgrund der reduzierten ärztlichen Kapazitäten auf unbestimmte Zeit eingestellt werden."

Für ambulante Patienten mit qualifizierender Diagnose, wie beispielsweise entzündlich-rheumatische Erkrankungen, werde die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) künftig der zentrale Weg zu einer qualifizierten Behandlung sein. Für die ASV könnten sich die Patienten unkompliziert einschreiben. Bei der ASV handelt es sich um ein Angebot für Patienten mit Rheumaerkrankungen, das in Osthessen für die Versorgung dieser Patienten aufgebaut wurde. Zum fachübergreifenden ASV-Behandlungsteam gehören niedergelassene Ärzte sowie Ärzte des Klinikums Fulda.

Alle Teammitglieder erfüllten nachweislich die hohen fachlichen Anforderungen der ASV und seien für die Behandlung rheumatologischer Erkrankung besonders qualifiziert. Eine hochwertige Diagnostik und Therapie durch spezialisierte und erfahrene Ärzte sei damit garantiert. "Aber auch im Rahmen der ASV werden sich längere Wartezeiten aufgrund der eingeschränkten ärztlichen Ressourcen nicht vermeiden lassen", macht der Klinik-Chef klar. Für die medizinische Versorgung in der ASV zur Behandlung von rheumatologischen Erkrankungen bei Erwachsenen sei eine Überweisung des behandelnden Hausarztes notwendig, sofern dieser nicht selbst dem ASV-Team angehöre.

"Die stationäre rheumatologische Versorgung am Klinikum Fulda bleibt davon unberührt und wird zunächst unverändert fortgeführt. Die Kapazitäten für geplante stationäre Aufnahmen wurden jedoch von zehn auf sechs Plätze reduziert, während Notfallpatienten weiterhin uneingeschränkt aufgenommen werden können. Zur engen Überwachung laufender medikamentöser Therapien werden im Rahmen der ASV auch weiterhin Laborkontrollen durchgeführt. Außerhalb regulärer Termine können diese Kontrollen in der Regel auch von Hausarztpraxen übernommen werden. Darüber hinaus dürfen die Hausärzte auch Biologika – spezielle Medikamente, die bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden – verordnen", sagt Dr. Menzel abschließend.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Lage bald entspannt und die Rheuma-Patienten wieder eine feste medizinische Anlaufstelle in der Region erhalten - und nicht im Regen stehen gelassen werden. Fakt ist: Unsere Recherche zeigt, dass alle Verantwortlichen an einer guten medizinischen Versorgung interessiert sind. (Carla Ihle-Becker)+++

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