Erfolgreich Abnehmen auch ohne Spritze

O|N-Reporter Hans-Hubertus Braune hat 39 Kilo in 13 Monaten abgespeckt

Hans-Hubertus Braune vor und nach seiner Ernährungsumstellung. Selbst langjährige Pressesprecher haben ihn kaum wiedererkannt
Collage: O|N-Grafik

10.09.2025 / REGION - Übergewicht ist ein Thema, das oft schleichend ins Leben tritt. Anfangs ist es nur eine kleine Veränderung, ein paar Kilo mehr auf der Waage, die man nicht ernst nimmt. Doch irgendwann steht man vor dem Spiegel oder auf der Waage und erkennt, dass man handeln muss. So erging es Hans-Hubertus, 54 Jahre alt, der bis vor Kurzem noch 133 Kilogramm wog. Heute sind es 94. Wie kam es dazu?



"Gewicht war mir nie wichtig, ich war immer fit"

"Eigentlich habe ich in meiner Jugend nie über mein Gewicht nachgedacht", erzählt Hans-Hubertus. Er spielte Tischtennis und Fußball, zwar nicht wirklich gut, aber mit Ausdauer - bis in den Seniorenbereich. Zudem spielte der Journalist, der heute Chefreporter von OSTHESSEN|NEWS ist, einige Jahre leidenschaftlich und regelmäßig Tennis beim TC Niederaula. Sport war für ihn selbstverständlich, Bewegung im Alltag gehörte einfach dazu. "Ich war fit, mir war das Gewicht egal."

Doch mit zunehmender beruflicher Verantwortung änderte sich sein Alltag. Der Sport wurde weniger, die Bewegung nahm ab, dafür kamen andere Dinge hinzu: viel Arbeit, stressige Tage in der Redaktion, Nachtdienste. "Bewusste Ernährung spielte überhaupt keine Rolle. Wir haben gegessen, worauf wir Lust hatten."

Auch an den Abenden waren die Gerichte selten leicht, noch dazu unregelmäßig: Kirmesbesuche, essen gehen, Fast Food, Partys und Feiern. "Mein Gewicht kam nicht plötzlich. Es hat sich über die Jahre eingeschlichen. Schritt für Schritt, Kilo für Kilo."

"Seit fünf, sechs Jahren merkte ich: Da verändert sich was"

Lange war die Gewichtszunahme für Hans-Hubertus nicht spürbar. Weil sie so schleichend kam, gewöhnte er sich daran. Doch dann, mit Anfang 50, machten sich bei dem Journalisten die ersten gesundheitlichen Probleme bemerkbar: Kreislaufbeschwerden, Schlafprobleme, Bluthochdruck.

"Zum ersten Mal habe ich mich wirklich mit meiner Gesundheit beschäftigt. Leider aus heutiger Sicht ziemlich spät. Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich es nicht mehr so weit kommen lassen." Auf die Waage stellte er sich in dieser Zeit allerdings trotzdem noch nicht. Vielleicht auch, weil er die Wahrheit nicht so genau wissen wollte.

"Der Dicke" – ein Etikett, das irgendwann dazugehört

"Ich bin seit 18 Jahren bei meinem Arbeitgeber und war dort schon immer übergewichtig. Das gehörte irgendwann zu mir", sagt er offen. "Niemand hat mich gehänselt, aber es war klar: Ich bin der "dicke" Reporter. Dies war auch ein Markenkern meines damaligen Chefs und unseres verstorbenen Gründers Martin Angelstein, der die Idee für OSTHESSEN|NEWS hatte." Das Arbeitsumfeld machte es nicht leichter: "Mein Chef war ein Genießer, kannte alle guten Restaurants in der Gegend. Wir haben viel und gerne gegessen."

Der Schockmoment: "Ich dachte, es sind 120 Kilo"

Der Wendepunkt kam im Juli 2024. Hans-Hubertus schaute öfters bei der Saisonvorbereitung seines Heimatvereins SG Niederaula/Kerspenhausen zu. Dort gab es für die Spieler einen Gesundheitscheck in Zusammenarbeit mit der Barmer Krankenkasse. "Mein Kumpel Adi hatte das organisiert und meinte, ich soll auch mal meine Werte messen lassen. Das sollte mein Leben verändern. Als die Zahl 133 auf der Waage erschien, war das ein unfassbarer Schock. Ich dachte, ich wiege vielleicht maximal 120 Kilogramm. Im Nachhinein bin ich so dankbar für diesen Schritt." Wirklich wissen wollte es Hans-Hubertus vorher offensichtlich nicht.

Der Body-Mass-Index lag bei alarmierenden 35 - krankhaftes Übergewicht im Stadium II. "Der Körperfettanteil war extrem hoch, Muskeln quasi nicht vorhanden. Bluthochdruck, dazu die ganzen negativen Begleiterscheinungen. Da war mir klar: Ich muss die Reißleine ziehen. Zu Hause habe ich mir meine Werte nochmal genau angeschaut und darüber nachgedacht. Schluss jetzt damit, Du muss Dich ändern, und zwar ab sofort."

Obwohl die Zahlen alarmierend waren, ging Hans-Hubertus nicht sofort zum Arzt. Aber die Themen Ernährung und Sport bestimmten von nun an sein Leben. Eine radikale Zäsur folgte und hält bis heute an.

Die Strategie: Kleine Schritte, große Wirkung

Der wichtigste Baustein war von Beginn an die Ernährung. "Ich musste erstmal ehrlich hinschauen: Was esse ich eigentlich den ganzen Tag?" Die Antwort war ernüchternd: Tiefkühlpommes, Fertiggerichte, Wurst und Fleisch in großen Mengen, jeden Abend als "Belohnung" eine große Spezi, möglichst schön kalt. "Zwei Mettbrötchen oder zwei Leberkäsbrötchen mit Nudelsalat und Cola waren als Mittagessen der Standard. Der beste Metzger der Stadt ist nicht weit von uns entfernt und als Reporter entdeckt man Osthessen natürlich auch kulinarisch. Zu Hause habe ich zwar viel Obst und Gemüse gegessen, meine Mutter hat bestens gekocht, aber sonst viel zu viel Ungesundes."

Die Umstellung begann radikal: Als Getränk gibt es nur noch Wasser, mindestens zwei Liter am Tag. "Im Alltag esse ich kein rotes Fleisch mehr und wenn immer es geht, verzichte ich auf verarbeitete Produkte. Zu 90 Prozent ernähre ich mich mittlerweile vegetarisch oder vegan." Statt hellem Weizenbrot oder Brötchen steht inzwischen Dinkelvollkorn auf dem Speiseplan, ebenso Vollkornreis und Vollkornnudeln. Ein Frühstück heute: Rohkost, Gurken, Tomaten, Möhren. Proteinreiche Lebensmittel wie Eier, Nüsse, Skyr mit Heidelbeeren sind nun fester Bestandteil seines Ernährungsplans.

"Ich habe mich zum ersten Mal überhaupt richtig mit Ernährung beschäftigt und dabei gemerkt, wie viel Quatsch in diesem Bereich erzählt wird, nur um Geld zu verdienen. Plötzlich war ich Zielgruppe für Nahrungsergänzungsmittel und ‚Wunderprodukte‘" Was ihn nervt: "Wenn ich erzähle, dass ich mich oft vegan ernähre, werde ich belächelt.

Wieso? Die Produkte werden immer besser. Es ist Teil meiner geänderten Lebenseinstellung und hat nichts mit dem Kernthema Abnehmen zu tun. Ja, ich schaue heute genau auf die Rückseite der Verpackungen, auf die Inhalte und Nährstoffe."

Auch das Rauchen gab er auf, von einem Tag auf den anderen. "Ich habe mehrere Jahre lang geraucht, mindestens eine halbe Packung am Tag, während Corona sogar mehr. Eine Folge von Stress. Ich habe heute null Verlangen mehr danach."

Die ersten Erfolge und wie sie motivieren

"Am Anfang habe ich mich regelmäßig gewogen. Das mache ich nach wie vor. Mein erstes Ziel war, unter 130 Kilo zu kommen. Als das geschafft war, wollte ich weitermachen."

Die Erfolge kamen schneller als gedacht: Kurz vor dem Oktoberfest in Niederaula zeigte die Waage erstmals unter 120 Kilogramm. "Das wollte ich, das war ein Wahnsinnsgefühl. Ich habe mir dort sogar ein paar Maß Bier gegönnt, allerdings verzichte ich bis auf ganz wenige Ausnahmen komplett auf Alkohol und vermisse ehrlicherweise nichts."

Im September ging Hans-Hubertus noch einen Schritt weiter: "Ich habe mich ins Fitnessstudio getraut. Für mich früher undenkbar. Ich dachte: Da trainieren nur Leute mit Sixpack, die mich auslachen. Aber so war es nicht."

Im Gegenteil: Die Betreuung war persönlich, der Trainingsplan auf seine Bedürfnisse zugeschnitten. "Wir haben in Niederaula zum Glück mit Heart Beat Fitness ein inhabergeführtes Studio. Barto hat mich zunächst analysiert und mir einen Trainingsplan gegeben. Zuerst starteten wir im sogenannten eGym, um Beweglichkeit und Gelenkschonung zu fördern. Meine Knieprobleme habe ich früher auf eine familiäre Veranlagung geschoben. Heute weiß ich: Mit weniger Gewicht sind die Gelenke entlastet." Für Braune wurde das Fitnessstudio vom Albtraum zum Wohlfühlort.

Eine Fitness-App half, den Fortschritt festzuhalten: "Die zeigt nicht nur Gewicht, sondern auch das biologische Alter. Am Anfang lag ich bei 73 Jahren. Heute bin ich mit meinem Alter von 54 beim Fitnessalter eines 45-Jährigen angelangt. Darauf bin ich wirklich sehr stolz."

Gesundheitlich alles auf Kurs

Die gesundheitlichen Veränderungen waren enorm: Der Blutdruck wurde ganz ohne Medikamente deutlich besser, zudem verbesserte sich die Schlafqualität deutlich. Außerdem merkte der Reporter, dass er im Alltag deutlich mehr Energie hat. "Laufen ist leichter, Treppensteigen kein Problem mehr. Aufzüge meide ich mittlerweile. Allerdings sind das Probleme, die eine normalgewichtige Person zum Glück nicht nachempfinden kann."

Heute wiegt Hans-Hubertus 94 Kilo. "Mein Traum ist, die 90-Kilo-Marke zu knacken. Aber das Wichtigste ist: Ich habe mein Leben zurück, fühle mich wohler und mir macht es einfach Spaß, selbst zu kochen. Ab und zu gönne ich mir aber auch was Feines im Restaurant, ob im Forsthaus (Niederaula), im Jossatal (Oberjossa), La Gondola (Schlitz) oder bei Zuspanns in der Praforst, wie etwa bei unserer legendären Jubiläumsfeier."

Abnehmspritze ? Keine Option!

Vom Hype um Medikamente wie Wegovy oder Ozempic hält Hans-Hubertus nichts: "Ich habe mich damit gar nicht beschäftigt. Ich weiß gar nicht, wie das funktioniert und will es auch nicht. Für mich war wichtig, mein Leben umzustellen. Aber jeder muss seinen eigenen Weg finden." Allerdings schmerze es ihn schon, wenn andere verächtlich auf seine Abnehmleistung blicken und den Erfolg der Abnehmspritze zuschreiben, die er nie genommen hat.

"Es ist nie zu spät, anzufangen, sportlich zu sein und abzunehmen. Jeder kleine Schritt zählt: abends auf die Spezi verzichten, mehr Wasser trinken, sich mit der Ernährung und dem eigenen Körper zu beschäftigen. Mittlerweile bin ich schlecht gelaunt, wenn ich zwei, drei Tage am Stück keinen Sport treiben kann." Was Hans-Hubertus auf seinem Weg am meisten unterstützt hat, sind seine wahren Freunde. Zudem hat sich der Journalist auf Apps verlassen, mit denen er sämtliche Daten im Blick hat. Jedes gepurzelte Pfund, jede gesparte Kalorie und jeder gefahrene Kilometer wurde zum Ansporn. "Ich nutze Challenges und setze mir neue sportliche Ziele." Fachleute sprechen von der Gamification, also davon, die Betätigung als Spiel darzustellen.

Ein Erlebnis hat ihn zusätzlich sensibilisiert: "Bei einem Fußballspiel bei uns ist ein Spieler während eines Spiels zusammengebrochen, Herzstillstand. Zum Glück konnte er durch engagierte Ersthelfer erfolgreich reanimiert werden und hat ohne bleibende Schäden überlebt. Das Ereignis hat uns allen aber auch gezeigt, wie fragil das Leben ist. Das Thema Gesundheit ist, glaube und sehe ich, bei vielen jungen Leute heute viel präsenter als das früher der Fall war."

Hans-Hubertus möchte mit seiner Geschichte Mut machen: "Viele Leute fragen mich, wie hast Du das gemacht? Ich will andere motivieren, sich mit den Themen einfach mal zu beschäftigen und für sich persönlich einen Weg und Ziele zu definieren. Welcher richtig ist? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber klar ist auch: Das erfordert alles verdammt viel Disziplin. Gerade auch auf den Sportplätzen wünschte ich mir mehr Abwechslung und mehr Bewusstsein für gesündere Ernährung, in den Städten ist diese Entwicklung deutlich weiter. Und jeder sollte wissen, dass jeder kleine Schritt ein Schritt in die richtige Richtung ist. Und es bringt so viel: ob beim Kleidungsshopping von XXXL zu L bis hin zum Fahrradkauf. Das Gewicht beeinflusst das Leben permanent. Als nahezu Normalgewichtiger kann ich allen sagen: Das Leben wird im wahrsten Sinne des Wortes viel leichter." (Adrian Böhm) +++

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