Hessen zieht Konsequenzen

Keine Steuergelder mehr für Extremisten: Landtag verschärft Verfassungsschutz

Keine Steuergelder mehr für Extremisten! Der Hessische Landtag will verhindern, dass Verfassungsfeinde im Parlament arbeiten oder öffentliche Mittel erhalten.
Foto: Hessischer Landtag / Hermann Heibel

14.08.2025 / WIESBADEN - Keine Steuergelder mehr für Extremisten! Der Hessische Landtag will verhindern, dass Verfassungsfeinde im Parlament arbeiten oder öffentliche Mittel erhalten. Künftig sollen Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen in einem mehrstufigen Verfahren überprüft werden - von der Selbstauskunft bis zu Abfragen bei Führungszeugnis, Verfassungsschutz und Landeskriminalamt.



Wer die Selbstauskunft verweigert oder in den Sicherheitsprüfungen als verfassungsfeindlich auffällt, soll nicht beschäftigt werden und keine öffentlichen Mittel erhalten. Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) betonte, Parlamente seien ein potenzielles Ziel von Personen, "die abträglich unsere freiheitliche Demokratie beeinträchtigen wollen". Ziel sei es, "dass Verfassungsfeinde vom Parlament nicht auch noch aus Steuergeldern finanziert werden". Somit wolle man das hessische Parlament stärken und besser gegen Feinde der Demokratie schützen.

Beschäftigte von Fraktionen sowie Abgeordneten des Landtages sollen künftig von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen werden, wenn ein dreistufiges Prüfverfahren feststellt, dass von ihnen ein Risiko für das Parlament ausgeht. "Parlamente wie der Hessische Landtag sind potenzielle Ziele von Personen, die als Verfassungsfeinde aktiv die Abschaffung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung betreiben wollen. Der Landtag hat daher sicherzustellen, dass Verfassungsfeinde vom Parlament nicht auch noch aus Steuergeldern finanziert werden und sie keinen Zugang zu seiner Infrastruktur erhalten", so die Christdemokratin.

Den fünf im Landtag vertretenen Fraktionen hat die Parlamentspräsidentin einen Vorschlag zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes und des Hessischen Fraktionsgesetzes unterbreitet, damit diese die Initiative in das parlamentarische Verfahren einbringen können. "Ich bin überzeugt, dass der Vorschlag mit dem notwendigen rechtsstaatlichen Augenmaß einen wichtigen Beitrag dazu leistet, unsere Demokratie noch wehrhafter zu gestalten, indem er uns die Mittel an die Hand gibt, politisch entschlossen gegen die Feinde unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorzugehen", sagte Wallmann. Die vorgeschlagene Regelung sei ein Anliegen, das alle Parlamentarier teilen können sollten.

Herzkammer der hessischen Demokratie wehrhafter machen

CDU-Fraktionsgeschäftsführer Ingo Schon betont, dass Parlamente als "Herzkammern der Demokratie" zunehmend Ziel von Verfassungsfeinden seien, die durch Desinformation, Störungen und Unterwanderung das Vertrauen in Institutionen erschüttern wollen. Der Gesetzesvorschlag von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann solle den Hessischen Landtag stärken und verhindern, dass Verfassungsfeinde öffentliche Gelder erhalten oder Zugang zu Parlament und Infrastruktur bekommen. Die CDU unterstützt das Vorhaben und will es nach der Sommerpause gemeinsam mit den anderen Fraktionen konkret ausarbeiten.

Warum wird eine Anpassung als notwendig erachtet?

Die Beschäftigten der Landtagskanzlei unterliegen als Angehörige des öffentlichen Dienstes einer besonderen Verpflichtung zur Verfassungstreue. Anders verhält es sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten und Fraktionen: Deren Gehälter werden ebenso aus Steuermitteln gezahlt und sie haben Zugang zu den Gebäuden sowie der Infrastruktur des Landtages. Obwohl insofern gleich in mehrfacher Hinsicht öffentliche Interessen berührt werden, findet eine Überprüfung dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch öffentliche Stellen bisher nicht statt. Hier sieht Landtagspräsidentin Astrid Wallmann einen dringenden Handlungsbedarf.

Wie soll in dem Gesetzesvorschlag eine Überprüfung der Beschäftigten ausgestaltet sein?

Der Vorschlag zielt darauf ab, Beschäftigte von Fraktionen und Abgeordneten in einem dreistufigen Verfahren dahingehend zu überprüfen, ob von ihnen ein Risiko für das Parlament ausgeht. Wird dies bejaht, besteht die Möglichkeit, die Person von der Finanzierung auszunehmen.
Auf Grundlage der genannten Informationen soll anschließend eine individuelle Entscheidung darüber getroffen werden, ob von einer überprüften Person tatsächlich eine Gefahr für das Parlament ausgeht.

Wie läuft das Verfahren der Überprüfung ab?

Das Ausfüllen des Fragebogens ist freiwillig, auch werden Gerichtsurteile und Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden nicht ohne Einverständnis eingeholt. Wird eine Mitarbeit in diesem Verfahren jedoch verweigert, muss der oder die Beschäftigte damit rechnen, von der Finanzierung ausgeschlossen zu werden. Schritt 3 greift nach dem Vorschlag dann, wenn nach den ersten beiden Schritten Zweifel an der parlamentarischen Zuverlässigkeit bestehen. Sollte es dann hinreichende Gründe für den Ausschluss an der Finanzierung geben, wird der Fall im Präsidium abschließend beraten. Im Präsidium sind alle Landtagsfraktionen vertreten.

Unterstützung der SPD

Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag begrüßt den Vorschlag von Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, Beschäftigte von Fraktionen und Abgeordneten von der staatlichen Finanzierung auszuschließen, wenn ein dreistufiges Prüfverfahren eine Gefahr für Parlament oder freiheitlich-demokratische Grundordnung feststellt. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Lisa Gnadl betonte, es müsse ausgeschlossen werden, dass Verfassungsfeinde mit öffentlichen Mitteln bezahlt oder mit Zugang zur IT-Infrastruktur des Landtags ausgestattet werden. Hintergrund sei, dass mit der AfD eine Partei im Landtag vertreten sei, die in weiten Teilen als gesichert rechtsextrem gilt. Andere Parlamente hätten bereits vergleichbare Regelungen eingeführt. Die SPD will den Vorschlag nach der Sommerpause prüfen und sich mit den demokratischen Fraktionen auf wirksame Schutzmaßnahmen einigen.

Unterstützung erhält das Vorhaben auch von Grünen und FDP, die AfD hingegen kritisiert die Pläne als zu tiefen Eingriff in die Freiheit des Mandats. Ein ähnliches Verfahren existiert bereits im Landtag von Rheinland-Pfalz. (ms/pm) +++

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