Hinkel auf Abschiedstournee

"Die Freiheit hat man satt am End": Matinee, die zum Nachdenken anregt

Joern Hinkel und Alexander Netschajew begeistern im Kapitelsaal mit einem literarisch-musikalischen Programm zum Thema Freiheit.
Fotos. André Söllner

11.08.2025 / BAD HERSFELD - Die Besucher im Kapitelsaal des Museums im Stiftsbezirk Bad Hersfeld erlebten am Sonntag eine ganz besondere Matinee. Joern Hinkel, der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, präsentierte gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Alexander Netschajew ein tiefgründiges Programm aus Texten, Liedern, Briefen und Gedichten. Unter dem Titel "Die Freiheit hat man satt am End’" setzten die beiden Künstler ein starkes Zeichen für Freiheit, Demokratie und gegen das Vergessen.



Die beiden verbindet eine Freundschaft, die bis in die 6. Klasse zurückreicht. Vor fast dreißig Jahren standen sie zuletzt gemeinsam auf der Bühne. Nun kehrten sie zurück zu ihren Wurzeln: Ein Mittag voller Literatur und Musik, der eindringlich an die dunklen Zeiten des Nationalsozialismus erinnert – 80 Jahre nach Kriegsende und dem Ende der NS-Gewaltherrschaft. Das Programm umfasst Werke von großen Namen wie Heinrich Heine, Erich Kästner, Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Mascha Kaléko und Klaus Mann, ergänzt durch Denkanstöße von Hanns Dieter Hüsch und Caroline Emcke.

Texte, die unter die Haut gehen

Joern Hinkel betonte auf der Bühne: "Ich freue mich sehr. Mit so vielen Menschen habe ich nicht gerechnet." Er machte deutlich, wie wichtig das Thema Freiheit heute noch ist: "Heute macht sich wieder sehr viel rechtes Gedankengut breit." Gleichzeitig erinnerte er daran, dass die Gefahren von damals keineswegs vergessen sind: "Wie viele Menschen sind heute dazu gezwungen, nicht in ihrer Heimat zu leben." Für ihn ist es von großer Bedeutung, gerade 80 Jahre nach dem Nazi-Terrorregime an die Schrecken des Krieges zu erinnern. "Deshalb ist es uns eine große Herzensangelegenheit, 80 Jahre nach dem Nazi-Terror-Regime an den Krieg zu denken."

Fokus auf "verbrannten Künstlern"

Auch Alexander Netschajew zeigte sich beeindruckt von der Resonanz: "Ich bin sehr froh, dass so viele Menschen gekommen sind." Für ihn liegt ein besonderer Fokus auf den "verbrannten Künstlern" – den Schriftstellern und Dichtern, deren Werke vom NS-Regime verboten und verfolgt wurden. Netschajew lebt als Schauspieler, Sprecher, Regisseur und Autor am Starnberger See und bringt nicht nur seine künstlerische Erfahrung mit, sondern auch sein Engagement als ehemaliger Intendant am Theater der Altmark und anderen Häusern. Seine Leidenschaft gilt der Verbindung von Wort und Musik, was die Matinee auch zu einem besonderen Erlebnis machte.

Gänsehaut im Kapitelsaal

Der Eintritt zu dieser Veranstaltung war frei. Um eine Spende für die Adam von Trott Stiftung wurde gebeten, die sich für ein freies, demokratisches Europa einsetzt – passend zum Thema des Mittags. Die Atmosphäre im Kapitelsaal war geprägt von Nachdenklichkeit, aber auch von der Hoffnung auf eine offene und freie Gesellschaft.

Diese Matinee war nicht nur ein kulturelles Highlight in der letzten Spielzeit von Joern Hinkel als Intendant, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Gedenken und zur Mahnung. In Zeiten von Kriegen, Flucht und wachsendem Rechtspopulismus zeigte das Event eindrucksvoll, wie Literatur und Musik den Mut machen können, die Freiheit zu verteidigen und die dunklen Kapitel der Geschichte nicht zu vergessen. (cb) +++

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