Arzneimittel sind keine Bonbons

E-Rezept so unzuverlässig wie die Bahn? - Apotheker: "Extrem frustrierend!"

Beim Einlösen des E-Rezepts kam es zuletzt am Mittwoch zu bundesweiten Ausfällen
Foto: Moritz Bindewald

09.08.2025 / REGION - Mit scharfen Worten hat der Präsident der deutschen Apothekerverbände (ABDA), Thomas Preis, die bundeseigene Digitalagentur Gematik für die dauernden Störungen bei den elektronischen Rezepten kritisiert: "Das E-Rezept läuft der Deutschen Bahn in Sachen Unzuverlässigkeit den Rang ab", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Ein ausgefallener Zug sei ärgerlich, aber ein nicht abrufbares Rezept könne erhebliche Konsequenzen für die Gesundheit von Menschen haben. Erst am Mittwoch hatte es flächendeckende Ausfälle beim E-Rezept gegeben - auch in unserer Region.


Allein in den letzten beiden Wochen sei es an fünf Tagen zu Komplettausfällen oder erheblichen Beeinträchtigungen bei der Telematik-Infrastruktur gegeben, die für das Funktionieren beim Einlösen des E-Rezeptes in der Apotheke verantwortlich ist. Das hat bei zehntausenden Patienten, Ärzten und Apothekern für erheblichen Frust gesorgt und bedeutet Zusatzaufwand und Umsatzverlust für die Apotheker. Die Gematik müsse endlich für stabile Strukturen und Ausfallsicherheit sorgen, hatte Verbandschef Preis gefordert.

Wir haben in hiesigen Apotheken nachgefragt, wie sich die Ausfälle beim E-Rezept in der Praxis bemerkbar machen. Chef der Altstadtapotheke in Fulda, Justus Schollmeier macht aus seinem Frust über die dauernden Pannen beim E-Rezept keinen Hehl: "Das läuft absolut nicht rund", bestätigt er unumwunden. Das System dafür sei immerhin über 20 Jahre entwickelt worden und dennoch gebe es immer wieder Ausfälle wie zuletzt am Mittwoch. Es sei äußerst frustrierend, wenn er Patienten, die zum Beispiel dringend auf Antibiotika angewiesen seien, wegschicken müsse. "Wir brauchen die Digitalisierung dringend, da gibt es gar keinen Zweifel. Aber dann muss es eben auch funktionieren", schimpft er. Wenn die Kunden umsonst kämen und unverrichteter Dinge wieder gehen müssten, wanderten noch mehr zum Online-Versandhandel ab und weitere Apotheken müssten schließen. "Dabei kann die örtliche Apotheke alles, was der Versandhandel kann, ganz genauso, nur dass wir keine Rabatte gewähren dürfen."

Durch die breite Berichterstattung in den Medien über die dauernden Ausfälle beim E-Rezept seien die Kunden zum Glück überwiegend im Bilde über die Gründe und zeigten Verständnis dafür, dass ihm die Hände gebunden seien. ABDA-Chef Preis hatte gefordert, dass die Apotheker bei Ausfällen mehr Handlungsfreiheiten bräuchten, um Patienten trotzdem schnell und unbürokratisch mit notwendigen Medikamenten versorgen zu können. Apotheker Schollmeier sagt: "Wenn ich einen Fehler mache, stehe ich dafür grade. Wenn staatliche Institutionen Fehler machen, passiert nichts." Der 36-Jährige, der am Freitag mal wieder für 24 Stunden Notdienst schiebt, betont, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten eben nicht mit dem Handel von Schuhen, Pizza oder Bonbons zu vergleichen sei. "Das muss einfach funktionieren", sagt er. (Carla Ihle-Becker)+++

X