Unternehmer-Chef: "Mir schwant Böses"
Widersprüche! Mehrfach-Kritik nach Sommerinterview an Minister Mansoori
Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD)b steht nach dem Sommerinterview bei Unternehmer-Verbänden in der Kritik.
Foto: O|N Archiv / Henrik Schmitt
07.08.2025 / REGION -
Unter anderem die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und der Hessische Bauernverband (HBV) haben verwundert auf Äußerungen des hessischen Wirtschaftsministers Kaweh Mansoori (SPD) im Sommerinterview des Hessischen Rundfunks (hr) zum geplanten hessischen Tariftreuegesetz reagiert. Das geht aus Pressemeldungen hervor.
Mansoori hatte im Sommerinterview des hr gesagt, öffentliche Aufträge sollten nicht an "irgendeinen Billiganbieter aus Europa" gehen und die Unternehmen würden sich über ein Tariftreuegesetz freuen. VhU-Hauptgeschäftsführer Dirk Pollert sagte dazu: "Minister Mansoori sollte sich an seinen eigenen Anspruch halten, auf billige Europaschelte verzichten und weder Bürger noch Unternehmen gegeneinander ausspielen. Ein Tariftreuegesetz, das Unternehmen am Kriterium der Tarifbindung gegeneinander ausspielt, ist das letzte, was wir brauchen."
Und weiter macht Pollert deutlich: "Eine Stärkung der Tarifbindung kann nur durch Freiwilligkeit sowie einfach zu handhabende und vor allem wettbewerbsfähige Tarifverträge erreicht werden. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen werden wegen der komplizierten Vergabeverfahren von einer Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen abgeschreckt. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Bundesländern. Ebenso lehnen wir das aktuell in Berlin diskutierte bundesdeutsche Tariftreuegesetz strikt ab."
Pollert: "Mir schwant Böses"
Besorgt zeigte sich Pollert auch in Bezug auf die geplante Verwendung der Mittel aus dem Infrastrukturfonds der Bundesregierung: "Mir schwant Böses, wenn Minister Mansoori bei den aus den Sonderschulden des Bundes zu tätigenden Investitionen in Infrastruktur Mittel für Straße, Schiene oder KiTas in einem Atemzug nennt mit Mitteln für Rathäuser, Sportplätze oder Schwimmbäder", so Pollert.
Das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) soll sicherstellen, dass Unternehmen, die öffentliche Aufträge in Hessen erhalten, ihren Mitarbeitern tarifliche oder mindestens gesetzliche Mindestlöhne zahlen. Es regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge und soll faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte der Auftragnehmer gewährleisten.
Das Letzte, was es in Deutschland brauche, seien neue Schuldenberge für Investitionen nach dem Gießkannenprinzip. "Pauschal 77 Prozent der Mittel an die Kommunen weiterzureichen bedeutet nur ein ‚weiter so‘ mit noch mehr Schulden", so Pollert. Die Finanznot der hessischen Kommunen resultiere aus einer schlechten wirtschaftlichen Entwicklung und wachsenden Ausgaben für Personal, Sachaufwand und Soziales. Das habe der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung nachgewiesen.
Abschließend macht der VhU-Hauptgeschäftsführer deutlich: "Die Zinsbelastung aus den Sondervermögen wird nur zu stemmen zu sein, wenn die daraus finanzierten Investitionen tatsächlich auch zu einem kräftigen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum führen. Deshalb muss bei allen staatlichen Investitionen klar priorisiert werden: Nötig ist das, was Wirtschaftswachstum schafft: Straßen, Schienen, Bildungseinrichtungen. Dann steigen auch die Steuereinnahmen wieder und erhöhen den Spielraum der Kommunen."
Bauernverband: "Unsere heimische Landwirtschaft ist systemrelevant"
Auch der Hessische Bauernverband (HBV) sieht die Aussage von Wirtschaftsminister Mansoori kritisch. "Unsere Betriebe brauchen jetzt Planungssicherheit und Unterstützung beim Stallumbau. Das Sondervermögen darf nicht an den ländlichen Regionen vorbeilaufen. Die Politik muss sicherstellen, dass die Gelder zügig ankommen und die landwirtschaftlichen Betriebe davon profitieren", erklärt HBV-Präsident Karsten Schmal. Und Schmal macht abschließend klar: "Unsere heimische Landwirtschaft ist systemrelevant. Wenn wir wollen, dass die nächste Generation noch in der Landwirtschaft arbeitet, dann müssen wir jetzt in ihre Zukunft investieren."
Am Mittwoch äußerte sich auch der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK). Präsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller erklärt dazu: "Es ist richtig, dass die Kommunen gestärkt werden sollen - doch die Finanzmittel müssen dort wirken, wo sie strukturelle Impulse setzen können. Dafür bedarf es einer abgestimmten, landesweiten Investitionsarchitektur." Und sie macht weiter deutlich: "Investitionen entfalten nur dann ihren vollen ökonomischen Wirkungsgrad, wenn sie mit einem klaren ordnungspolitischen Kompass flankiert werden", so Schoder-Steinmüller.
Gegenüber OSTHESSEN|NEWS heißt es aus der Staatskanzlei in Wiesbaden dazu: "Wir werden den laufenden Gesprächen der Zukunftswerkstatt mit den Kommunen und unserem internen Austausch im Koalitionsausschuss nicht vorgreifen, sondern bleiben im geordneten Verfahren: Erst Abstimmung, dann Ankündigungen." (Moritz Pappert) +++