Pianale-Konzert im Marmorsaal

Von Kriegssonate bis Liebestod

Acht junge Talente im Marmorsaalkonzert.
Fotos: Jutta Hamberger

06.08.2025 / FULDA - Den ersten Wettbewerbs-Zyklus haben die Pianalisten hinter sich gebracht. Sie spielten in verschiedenen Räumen, auf unterschiedlichen Flügeln. Sie mussten zeigen, dass und wie sie vor Publikum bestehen können und wie sie die Ratschläge der Dozenten umsetzen. Heute begann der zweite Konzertzyklus – und das heißt: Es wird ernst. Denn alle Teilnehmer/innen können sich den Juroren und dem Publikum im Wettbewerb nur zweimal vorstellen – dann wird gewertet, gerechnet und entschieden. Die Nervenanspannung könnte also kaum größer sein.


Stückauswahl, Flügel und Konzertplanung

Zur Pianale bringen die Studenten die Stücke mit, die sie vorstellen wollen. Manche geben dabei auch genau an, was sie in welcher Runde spielen wollen, andere werfen ihre Planung auch kurz vorher nochmal um. Am Tag des Konzerts allerdings muss das Programm um 12:00 Uhr stehen. Die Juniors bis 17 Jahre dürfen in den beiden Konzerten ein Stück wiederholen, alle anderen müssen immer wieder etwas Neues spielen. Bei der Auswahl werden alle von den Dozenten beraten. Es gibt keine Einschränkungen – weder in Hinblick auf den Schwierigkeitsgrad noch auf den Komponisten, nur an die Zeitvorgaben müssen sich alle halten.

Die Dozenten der Pianale kommen, genau wie die Studenten, aus aller Herren Länder: Elena Levit (Hannover, die Mutter Igor Levits), Aleksandar Serdar (Slowenien), Benjamin Frith (UK), Florian Hölscher (Stuttgart), Alberto Nosé (Italien), Matti Raekallio (Finnland) und natürlich Pianale-Gründerin Uta Weyand-Schäfer (Fulda). Die Dozenten ersten Woche bewerteten bis gestern, die der zweiten Woche ab heute. Alle Teilnehmer/innen haben jeweils zwei Unterrichtseinheiten bei jedem Dozenten. Mit anderen Worten: Die Pianale-Tage sind randvoll und arbeitsreich – für alle.

Im Marmorsaal stand ein Steingräber-Flügel bereit, der extra aus Bayreuth herangeschafft wurde. Ein wunderbares Instrument, mit dynamischem Klang und herrlicher Modulation – der große Andras Schiff spielt z.B. einen solchen Flügel, Komponist Franz Liszt schätzte das Instrument über die Maßen. An einem solchen Instrument sitzt man schließlich nicht jeden Tag.

Zwischen 14 und 27 Jahre alt waren die Interpreten des Konzerts. Vom Barockkomponisten Domenico Scarlatti über die Wiener Klassik mit Beethoven und Haydn bis zur Hoch- und Spätromantik mit Fréderic Chopin, César Franck und Franz Liszt bis zur Moderne mit Ravel und Prokofiev spannte sich der musikalische Bogen. Dass alle Stücke hohe bis höchste Schwierigkeitsgrade aufwiesen, versteht sich bei der Pianale fast von selbst.

Shortcut – Pianalisten und Stücke

Die in den USA lebende Chinesin Quixuan Fan (22) eröffnete mit dem ersten Satz aus Beethovens Sonate in C-Dur op. 2, Nr. 3. Beethoven hat das Stück dem von ihm hochverehrten Joseph Haydn gewidmet. Der temporeiche Kopfsatz ist der längste der Sonate und fordert ein gehöriges Maß an Virtuosität und Interpretation.

Ihre Landsfrau Hanzhi Yang (16) aus Peking spielte den ersten Satz aus Beethovens Sonate Nr. 18 in Es-Dur, op. 18 Nr. 3. Gerade im beschwingten Kopfsatz muss die Musik perlen.

Yui-Him Mo (14) aus Hongkong spielte die Sonate Nr. 47 in b-Moll Hob XVI 32 von Haydn, die geradezu beispielhaft zeigt, wie Haydn die Sonate entwickelte – man kann sie als Vorläufer der Sonaten der Wiener Klassik sehen.

Die aus Shanghai stammende und in London lebende Chinesin Rebekah Yinuo Tan (19) spielte Domenico Scarlattis Sonate in A-Dur K24. Die schnellen Läufe der Scarlatti-Sonate sind eine Herausforderung, weil nie der Eindruck von Hetze entstehen darf.

Miron Lajming (20) aus Danzig spielte zwei Sätze aus Ravels Miroirs M. 43, "Oiseaux tristes" (= Traurige Vögel) und "Alborada del gracioso" (= Ständchen des Hofnarrs), Ravel hat immer wieder betont, wie wichtig die ‚Spiegelbilder‘ für die Entwicklung seiner Harmonik gewesen seien.

Der Prager Matouš Zukal (27) spielte den ersten Satz aus Prokofievs Sonate Nr. 6 in A-Dur op. 82. Sie und zwei weitere Sonaten entstanden 1940, das erklärt den Beinamen "Kriegssonaten". Ein schroff-faszinierendes Stück.

Die aus Shanghai stammende und in London lebende Chinesin Rebekah Yinuo Tan (18) spielte Chopins Scherzo Nr. 3 in cis-Moll op. 39. Es wechselt zwischen Oktavsprüngen und fast choralhafter Strenge hin und her, immer wieder fühlt man sich von fern an Beethoven erinnert.

Hanzhi Yang (16) spielte Liszts Etüde "Un Sospiro", ein enorm forderndes Stück mit vielen Schwierigkeiten, denn schnelles Pianissimo und die klare Melodie in den Arpeggio-Läufen durchzuhalten, ist nicht geradeeinfach.

Die Kroatin Lucija Borkovic (24) spielte Isoldes Liebestod S. 447. Liszt hat viele Werke anderer Komponisten bearbeitet und transkribiert, natürlich auch von Richard Wagner. Die Schluss-Szene aus "Tristan und Isolde", ist ein wirkungsvolles Stück, dessen morbide Sehnsucht uns packt.

Nika Auer (15) spielte César Francks Prélude, Fugue et Variation in h-Moll op. 18. Francks Inspiration war die Orgel – und das heißt natürlich, dass Johann Sebastian Bach hier um die Ecke lugt. Das Prélude ist ein empfindsames, inniges Stück der Spätromantik, die junge Pianistin bewältigte die Herausforderungen und berührte die Herzen des Publikums. Für viele der Höhepunkt des Konzerts.

Alle Studentinnen und Studenten wurden vom äußerst kundigen Publikum mit viel Beifall bedacht.

Wenn auch Sie Pianale-Luft schnuppern wollen: Am 6. August wird im Vonderau Museum, am 7. August im Hohaus Palais in Lauterbach gespielt. Das Halbfinale findet am 10. August in der Alten Universität statt, das Abschlusskonzert dann am 12. August in Schloss Fasanerie. (Jutta Hamberger) +++

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