Mit rotem Flitzer und Kamera

Stadtkenner Heinz Klingel (85): Warum er mit Alltagsszenen das Netz begeistert

Heinz Klingel auf seiner täglichen Tour durch Fulda - und das mit 85 Jahren.
Fotos: Maria Franco

05.08.2025 / FULDA - Nichts entgeht seinem wachsamen Blick: Mit einem Lächeln im Gesicht zückt Heinz Klingel seine geliebte Lumix-Kamera. Klick! Der nächste Schnappschuss ist im Kasten. Weiter geht's – mit seinem roten Elektromobil düst er geschwind davon. Fast täglich ist er in Fulda unterwegs. Im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch bringt der 85-Jährige sein Hobby auf den Punkt: "Ich fotografiere alles, was das Leben ausmacht. Vom Ärger bis zur größten Freude."



Seine Aufnahmen teilt er regelmäßig in der Facebook-Gruppe "Fulda – meine Stadt" mit über 32.480 Mitgliedern – und das bereits seit acht Jahren. "Das habe ich meiner Tochter zu verdanken", sagt er schmunzelnd. "Sie fand es einfach schade, dass ich all die vielen Eindrücke mit niemandem teile." Facebook war für ihn zunächst nur Mittel zum Zweck: Er wollte sich lediglich über den Tennisclub TCB Johannisau Fulda informieren. Klingel gesteht in diesem Zuge: "Mit den sozialen Medien kenne ich mich eigentlich nicht besonders gut aus." Doch aus dem "Nur-mal-reinschauen" entwickelte sich im Laufe der Zeit eine richtige Konstante in seinem Alltag.

"Ich kenne jedes Haus, jede Ecke"

Die Touren starten zu Hause im Stadtteil Neuenberg. Von dort fährt er meistens in Richtung Aueweiher, ehe es nach Lust und Laune quer durch Fulda geht. Ob mittendrin, in den Nebenstraßen oder kleinen Gassen – "ich kenne jedes Haus, jede Ecke". Klingel kommt beruflich aus der Baubranche. "Am liebsten bin ich da, wo etwas Neues entsteht – sei es ein Fest oder eine Baustelle." Manchmal vergisst er auf seinen Routen ganz die Zeit. "Das kann alles auch schon mal sechs Stunden dauern und ich merke es nicht", so der gebürtige Oberfranke, der seit 1980 in Fulda lebt. Das Wetter darf dabei keine Rolle spielen. "Man muss es nehmen, wie es kommt. Wichtig ist für mich, aus dem Bild etwas Informatives zu erfahren. Ich schreibe gerne meine Gedanken dazu auf und lese ergänzend in Büchern nach."

Feinschliff am Computer: "Sehe erst dann die Details"

Seine treue Begleiterin – die Lumix – ist von Anfang an stets an seiner Seite. "Keine teure Kamera – sie macht aber, was sie braucht. Da können Sie sogar die Mücken auf der Wasserkuppe sehen", merkt er mit einem Augenzwinkern an. Die Bildbearbeitung folgt später am Computer. "Oft sehe ich nur die Umrisse am Kamera-Display – am PC entdecke ich erst die Details in meinen Aufnahmen."

Das Wertvollste an der Geschichte: der Austausch

Für sein Engagement erntet der sympathische Rentner große Wertschätzung – nicht nur online, sondern auch im echten Leben. "Ich mag den Kontakt zu den Menschen. Es berührt mich jedes Mal, wenn mich Freunde oder Bekannte in der Stadt erkennen und grüßen." Am meisten freut er sich jedoch, wenn jemand aus der Facebook-Gruppe auf ihn zugeht. "Im Gespräch merkt man schnell, wie viele Gemeinsamkeiten einen verbinden." (Maria Franco) +++

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