Haushalt beschlossen

Hitzige Diskussion im Kreistag: Schuldzuweisungen, Sparzwang und knappes Ja

Hitzige Diskussion im Kreistag: Landrat Thorsten Warnecke am Rednerpult.
Fotos: Carina Jirsch

01.07.2025 / BAD HERSFELD - Es war eine Kreistagssitzung mit Signalwirkung: Am Montag hat der Landkreis Hersfeld-Rotenburg seinen neuen Haushalt für das Jahr 2025 beschlossen – mit einem Zahlungsmittelbedarf des Haushaltsjahres von knapp 29,9 Millionen Euro. Damit kommt der Kreis gerade so unter die Defizit-Obergrenze von 30 Millionen Euro, die das Regierungspräsidium Kassel zur Bedingung gemacht hatte.



Zuvor war ein erster Haushaltsentwurf gescheitert – wegen eines Defizits von 46 Millionen Euro. Die Folge: Der Kreis musste drastisch nachbessern – und das tat er. In einer emotionalen Debatte im Kreistag wurden die notwendigen Konsolidierungsschritte mehrheitlich mitgetragen.

Dabei standen die Zeichen längst auf Sturm. Denn der bisherige Haushalt war bereits im Februar verabschiedet worden – wurde jedoch im Mai vom Regierungspräsidium abgelehnt. Die Kreise im Regierungsbezirk Kassel stecken alle tief in der finanziellen Klemme. Einzige Ausnahme: der Werra-Meißner-Kreis, dessen Haushalt nur unter Auflagen genehmigt wurde. Hersfeld-Rotenburg musste sich nun selbst retten – und hat das mit einem ambitionierten Maßnahmenpaket auch getan.

Sparhammer trifft Klinikum und Verwaltung

Das Maßnahmenpaket umfasst unter anderem pauschale Kürzungen von über zwölf Millionen Euro in Ergebnis- und Finanzhaushalt. Auch der Zuschuss an die Klinikum Bad Hersfeld GmbH wurde deutlich reduziert. Zudem wurde auf neue Stellen im Stellenplan verzichtet, wie es das Hessische Innenministerium bereits im November 2024 empfohlen hatte. Damit setzt der Kreis zahlreiche Hinweise des Landes und des Regierungspräsidiums um. Besonders wichtig: Der Kommunale Finanzausgleich wird künftig geringer ausfallen als ursprünglich kalkuliert – das bringt immerhin rund zwei Millionen Euro "Entlastung" auf dem Papier.

Zwischen Frust, Pragmatismus und Kampfgeist

Landrat Thorsten Warnecke (SPD) zeigte sich vorsichtig optimistisch: "Der Kreishaushalt ist seitens der Regierung moniert worden. Änderungen sind in den anschließenden Wochen erarbeitet worden. Es ist jetzt davon auszugehen, dass unser Kreishaushalt genehmigt wird."

Die Wortmeldungen im Kreistag spiegelten die tiefe Verunsicherung und die politische Spannung wider. Besonders die Grünen attackierten den Landrat scharf: "Herr Landrat, Sie haben es in zahlreichen Gesprächen nicht geschafft, rechtzeitig ein klares Ergebnis mit dem Regierungspräsidium zu erzielen. Wir haben uns immer wieder im Kreis gedreht. Dieser Eindruck zieht sich in unserer Fraktion durch Ihre gesamte Amtszeit", so Martina Selzer. "Ein solches Fiasko darf sich nicht wiederholen."

Das Theater mit dem Haushalt

Auch Herbert Höttl (CDU) fand deutliche Worte: "Nach Ansicht unserer Fraktion sind wir von einem glücklichen Ausgang des Haushalt-Theaters weit entfernt." Er warf Warnecke vor, Verantwortung abzuschieben: "Ihre Antwort, Herr Landrat, war, die Schuld bei anderen zu suchen." Die CDU stimmte dem Haushalt nicht zu. "Die Hiobsbotschaften in unserem Landkreis häufen sich – mal sehen, was als Nächstes kommt."

SPD-Vertreterin Olivia Stenda stellte die Bedeutung der Entscheidung heraus: "Dieser Haushalt ist keine Aneinanderreihung an Zahlen, er ist die Offenbarung eines politischen Dilemmas." Sie warnte: "Schwache Kommunen erzeugen Frust – und Frust wird schnell gefährlich." Es sei höchste Zeit, "für ein neues Miteinander" zu kämpfen.

Von einem "akzeptablen Kompromiss" sprach Bernd Böhle (FDP): "Wir müssen uns selber helfen, mit den Möglichkeiten, die wir zur Verfügung haben." Die FDP trug das Maßnahmenpaket mit.

Kritik am Landrat

Ganz anders die AfD: Dr. Kurt Gloos erklärte: "Der Regierungspräsident hat uns ein Ei ins Netz gelegt. Er verlangt von uns damit einen Blick in die Glaskugel. Keiner weiß aber, wie sich die Wirtschaft in den kommenden Jahren entwickeln wird. Wir werden nicht zustimmen."

Und auch innerhalb der CDU gab es nachdenkliche Stimmen. Andreas Börner kritisierte: "Herr Landrat: Sie wollen Ihren persönlichen Kampf mit dem Regierungspräsidium austragen und am Ende gewinnen. Doch jetzt hat sich erneut gezeigt: Sie sitzen nicht am längeren Hebel." Die AFD und die CDU stimmten einheitlich gegen die überarbeitete Version des Haushaltsplans. Am Ende standen 30 Ja-Stimmen gegen 20 Nein-Stimmen – bei einer Enthaltung. (cb) +++

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