Kirche will nicht schweigen

Missbrauchsskandal im Bistum: Erste Konsequenzen angekündigt

Bischof Dr. Michael Gerber (links) und Kommissions-Vorstand Gerhard Möller.
Fotos: Bistum Fulda

26.06.2025 / FULDA - Die Leitung des Bistums Fulda geht in die Offensive: Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zieht sie erste Konsequenzen.


Bischof Dr. Michael Gerber, Personalchefin Beate Lopatta-Lazar und Generalvikar Dr. Martin Stanke wollen sich in einem öffentlichen Pressegespräch offen den Vorwürfen und Empfehlungen stellen – und machen damit deutlich: Die Kirche will nicht schweigen, sondern Verantwortung übernehmen.

Abschlussbericht offenbart Schreckliches

Der Abschlussbericht der unabhängigen Kommission, die seit 2021 tätig war, hat es in sich: Über 800 Personalakten wurden untersucht, zahlreiche Betroffene wurden in geschützten Räumen angehört. Was ans Licht kam, dokumentiert massives systemisches Versagen. Die Kommission nennt strukturelle Schwächen, fehlende Reaktionen kirchlicher Führungspersonen und anhaltende Risiken. Die Konsequenz: ein Katalog konkreter Empfehlungen – von Leitungsreformen bis hin zur Weiterentwicklung der Priesterausbildung.

Schon am Tag der Veröffentlichung hatte Bischof Gerber eine persönliche Bitte um Entschuldigung ausgesprochen: "Vor allem bei den Betroffenen, aber auch bei allen, die ihr Vertrauen in das Bistum verloren haben." Gleichzeitig betonte er, dass Worte allein nicht ausreichen. Nun folgt der nächste Schritt: Ein Pressegespräch am Donnerstag, 26. Juni, um 11:00 Uhr, das live übertragen wird. Dort will die Bistumsleitung zentrale Erkenntnisse einordnen, erste Maßnahmen benennen und Perspektiven für die nächsten Monate aufzeigen.

Bistum setzt auf Transparenz

Gerade die Transparenz und Konsequenz, mit der das Bistum Fulda nun handelt, hebt es im Vergleich zu anderen Diözesen hervor. Die Unabhängige Kommission, unter Leitung des ehemaligen Fuldaer Oberbürgermeisters Gerhard Möller, arbeitete vollkommen unabhängig und orientierte sich an bundesweit einheitlichen Standards, wie sie vom Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch (UBSKM) und der Deutschen Bischofskonferenz entwickelt wurden.

Zwei Arbeitskreise waren zentral für die Aufarbeitung: "Betroffene hören" ermöglichte Gespräche mit Missbrauchsopfern außerhalb kirchlicher Räume, "Akteneinsicht" analysierte systematisch die Personalakten. Unterstützt wurde die Kommission von externen Experten – darunter ehemalige Kriminalbeamte. Der Abschlussbericht kann online eingesehen werden.

Prävention als dauerhaftes Projekt

Die Bistumsleitung unterstreicht: Aufarbeitung sei keine kurzfristige Reaktion, sondern ein dauerhafter Auftrag. Im Zentrum stehe dabei stets die Sichtweise der Betroffenen. Prävention sei kein Projekt, sondern ein dauerhaftes Prinzip – verankert durch Schulungen, eine unabhängige Interventionsstelle, neue Strukturen in der kirchlichen Leitung und eine gelebte Erinnerungskultur.

Bischof Gerber betont: "Wir tun das nicht, weil wir müssen – sondern weil wir es wollen." Die Kirche wolle aus der Vergangenheit lernen, um eine glaubwürdige Zukunft zu gestalten. Der bevorstehende Austausch mit der Öffentlichkeit soll zeigen, dass man sich der Verantwortung stellt – entschlossen, ehrlich und mit konkreten Schritten.

Weitere Informationen zur Aufarbeitung sowie der Live-Stream des Pressegesprächs sind abrufbar unter www.bistum-fulda.de. Der vollständige Abschlussbericht der Kommission ist unter www.nurmitmut.de zu finden. (pm/cb) +++

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