Generation Z packt aus

Berufswahl im Wandel: Warum junge Menschen lieber abwarten

Die Arbeitsagentur in Fulda.
Fotos: Agentur für Arbeit Fulda

25.06.2025 / FULDA - Trotz mehr als 800 freier Ausbildungsstellen im Raum Fulda sind aktuell noch rund 500 junge Menschen auf der Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz. Grund genug für die Agentur für Arbeit Fulda, nicht nur zu informieren, sondern zuzuhören – und zwar direkt bei der Generation Z. Beim Austausch zwischen Schülervertretung und Berufsberatung wurde deutlich: Der klassische Weg in den Beruf braucht dringend ein Update.



Selina Behling und Sebastian Beck, Kreis- und Stadtschulsprecher und somit Vertreter von rund 25.000 Schülerinnen und Schülern in der Region, trafen sich mit Agenturleiter Matthias Dengler sowie den Berufsberaterinnen Maren Neigert und Anna-Marie Dietrich. Ziel des Treffens war es, aus erster Hand zu erfahren, wo junge Menschen aktuell bei der Berufswahl stehen – und warum sie oft noch nicht wissen, wohin es nach der Schule gehen soll.

Orientierungslos trotz Angebot

"Es gibt eine riesige Menge verschiedener Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten. Viele machen deshalb einfach weiter Schule, weil sie sich nicht entscheiden können", erklärten die Schülervertreter. Die Berufsberatung sei zwar aktiv, müsse aber noch individueller und zielgerichteter agieren. Große Unsicherheit herrsche auch durch Druck von außen: "Familien und Gesellschaft erwarten viel – das stresst viele", so das Feedback.

Die Lösung? Mehr persönliche Beratung, mehr Orientierungshilfen – und mehr Praktika, auch für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Nur so könnten junge Menschen reale Einblicke in Unternehmen und Berufsfelder erhalten. Selina Behling betonte: "Dadurch lernt man nicht nur die jeweiligen Berufe kennen, sondern auch die Betriebe selbst." Und genau darauf komme es der Generation Z zunehmend an.

Betriebsklima schlägt Karriereplan

"Work-Life-Balance heißt nicht, dass wir weniger arbeiten wollen – sondern flexibel und zufrieden", stellte Behling klar. Dass sich in Schulen schnell herumspricht, wo die Stimmung im Betrieb mies ist, ist für viele Arbeitgeber ein Alarmsignal. Junge Menschen achten auf Atmosphäre, auf Arbeitszeiten, auf Übernahme- und Karrieremöglichkeiten – aber auch auf Sicherheit.

"Können wir uns später ein Haus leisten? Wie sieht es mit der Rente aus?" – das sind Fragen, die schon bei der Berufswahl mitschwingen. Agenturleiter Matthias Dengler konnte zumindest eine Angst nehmen: "Niemand muss heute entscheiden, was er oder sie 40 Jahre lang machen will. Die Berufswelt ist durchlässig. Ausbildung oder Studium sind nur die Basis – alles andere entwickelt sich."

Berufsberatung will Generation Z gezielter ansprechen

Einigkeit herrschte am Ende des Gesprächs darüber, dass die Berufsberatung künftig noch stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen muss. Erst wenn junge Menschen sich verstanden fühlen, kann Beratung auf Augenhöhe wirklich wirken. Daher wurde auch vereinbart: Die Berufsberatung wird bei einer der nächsten Sitzungen des Stadtschülerrats dabei sein.

TOP 5 der freien Ausbildungsstellen im Raum Fulda:
Kaufmann/-frau im Einzelhandel – 66 Stellen
Verkäufer*in – 52 Stellen
Kaufmann/-frau für Büromanagement – 34 Stellen
Industriekaufmann/-frau – 33 Stellen
Industriemechaniker/in – 26 Stellen

Auch in weniger verbreiteten Berufen wie Brauer/Mälzer, Orthopädieschuhmacherin oder Textilreinigerin werden Azubis gesucht – allerdings jeweils nur mit einer offenen Stelle. (pm/cb) +++

Von links: Matthias Dengler, Selina Behling, Maren Neigert, Anna-Marie Dietrich, Sebastian Beck.

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