Tankstelle an der A7

Leuchtturmprojekt eröffnet: Windenergie liefert Strom für grünen Wasserstoff

Hünfelds Bürgermeister Benjamin Tschesnok (rechts) und Vertreter der Projektpartner drückten am Dienstagnachmittag in Michelsrombach den symbolischen grünen Knopf zur Inbetriebnahme der Wasserstofftankstelle im Logistikgebiet Hessisches Kegelspiel.
Fotos: Hans-Hubertus Braune

18.06.2025 / HÜNFELD - Im Logistikgebiet "Hessisches Kegelspiel" an der Autobahn A7 bei Michelsrombach (Hünfeld, Landkreis Fulda) ist am Dienstagnachmittag eine grüne Wasserstofftankstelle eröffnet worden. Künftig sollen dort Lastwagen und Busse lokal produzierten Wasserstoff tanken können.

Die bislang in Deutschland einzigartige Anlage gilt in Fachkreisen als Leuchtturmprojekt auf dem langen und gefühlt zähen Weg des Wandels hin zu energieeffizienten Antriebsarten.

Einen Teil für die Erzeugung des Wasserstoffs notwendige Energie wird aus der extra für den Betrieb gebauten Windenergieanlage oberhalb des Logistikgebiets gewonnen. Der restliche grüne Strom werde regional zugekauft. Die ersten Fahrzeuge sollen in zehn Tagen während einer Sternfahrt betankt und damit die Tankstelle im Realbetrieb getestet werden.

Der Eröffnung der Anlage ging eine rund zwölfjährige Planungs- und Entwicklungsphase voraus. Das Projekt startete 2013 mit der Gründung der Abteilung Zukunftsenergie bei ABO Wind. Erste Arbeiten umfassten Machbarkeits- und Strategiestudien zum Thema Energiespeicherung, insbesondere Wasserstoff. Der Standort wurde aufgrund langjähriger Vorbereitung und ausgezeichneter regionaler Kontakte als besonders geeignet ausgewählt.

Das Projekt zog sich über viele Jahre, teils über zehn Jahre bei den Pionieren, und brachte viele technische und logistische Herausforderungen mit sich. Die Anlage sei zu 99 Prozent fertiggestellt, im Rahmen der Inbetriebnahme wurden bereits mehr als drei Tonnen Wasserstoff produziert. Die beiden Verdichter der Allard Deutschland wurden in Betrieb genommen; der Leistungstest für Trailerbefüllung steht unmittelbar bevor.

"Wir sind in Deutschland zu langsam"

"Ich glaube, wir alle hoffen, dass innovative Projekte künftig einfacher diese Genehmigungsprozesse nehmen können, um einfach diese Innovation, die wir in unserem Land brauchen, deutlich beschleunigen können. Wir sind hier zu langsam in unserem Land", sagte Bürgermeister Benjamin Tschesnok. Er wünschte dem Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg und damit Nachahmer, damit sich die Energiewende umsetzen lässt.

Likör für den "Champagner der Energiewende"

Der Rathauschef gab das Lob der Projektpartner an die Stadt und deren Projektleiter und Fachbereichsleiter Uwe Jahn sowie dessen Team weiter. Tschesnok übergab den Verantwortlichen der Wasserstofftankstelle eine Flasche vom "Champagner der Kräuterliköre", dem Aha. Der grüne Wasserstoff sei schließlich in Zeiten der Energiekrise auch als "Champagner der Energiewende" genannt worden.

Auf ihrer Internetseite erklärt Abo Energy zum Projekt in Michelsrombach: Das Projekt wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt rund zwölf Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.

Erstmals verknüpft ABO Energy Windenergie mit der Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff: Das Projekt umfasst eine Windenergieanlage (WEA), einen Elektrolyseur sowie eine Wasserstofftankstelle mit Trailer-Abfüllstation auf dem Gemeindegebiet von Hünfeld.

Der Strom aus dem Windpark wird über eine Direktleitung zum Elektrolyseur transportiert, in dem aus Wasser und Strom Wasserstoff erzeugt wird. Als Nebenprodukte entstehen Sauerstoff und Wärme. Der Wasserstoff wird anschließend verdichtet und steht an der Wasserstofftankstelle zum Betanken von Brennstoffzellenfahrzeugen zur Verfügung. Alternativ kann er mittels sogenannter Trailer zu anderen Wasserstoff-Nutzern transportiert werden.

Hintergrund (Quelle www.h2-projekt-huenfeld.de):

Elektrolyseur und Wasserstofftankstelle


Der Wasserstoff wird in zwei Elektrolysesystemen mit einer elektrischen Leistung von insgesamt fünf Megawatt erzeugt. Dabei wird die sogenannte PEM-Technologie (PEM = Protonen-Austausch-Membran) zum Einsatz kommen. Unter Volllast können so – unter Normbedingungen – stündlich 1.000 m³ bzw. 90 kg Wasserstoff erzeugt werden. Hierfür sind jährlich rund 23 Millionen Kilowattstunden Strom notwendig, die hauptsächlich aus der Windenergieanlage stammen. Zusätzlich ist am Standort die Errichtung von Solarparks angedacht, um den Anteil des vor Ort erzeugten, grünen Stroms zu erhöhen. Zur Absicherung der Lieferverpflichtungen ist das System auch mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden.

In den weiteren Prozessschritten wird der Wasserstoff in der HRS (Hydrogen Refuelling Station) über verschiedene Aggregate verdichtet und gekühlt, damit er schließlich an der Zapfsäule (den sogenannten Dispensern) mit einem Druck von 350 bar für die Fahrzeugbetankung zur Verfügung steht. Eine Tankfüllung mit komprimiertem Wasserstoff wiegt etwa 30 kg und hat einen Energiegehalt von knapp 1.200 kWh (Brennwert). Da die Tankstelle – wie bei Wasserstofftankstellen üblich – weitgehend unbemannt ist, erfolgt die Bezahlung über ein elektronisches Karten-Terminal.

Darüber hinaus kann der grüne Wasserstoff vor Ort in Tankwagen gefüllt werden. Das macht einen flexiblen Einsatz möglich, denn so kann der Wasserstoff an weitere Tankstellen oder industrielle Abnehmer verkauft werden. Im fünften Betriebsjahr sollen täglich rund 50 LKW vor Ort mit Wasserstoff betankt werden. Auf das ganze Jahr bezogen, werden vor Ort fast 500 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt, wobei der Großteil (ca. 400 t) lokal vertankt werden soll. (hhb) +++

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