Die Esperanto-Halle tobt
Atze Schröder erlöst die Domstadt: Hunderte begeisterte Gäste
Alle Fotos: Martin Engel
16.06.2025 / FULDA -
Atze Schröder ist eine genau kalibrierte Kunstfigur – das unterscheidet ihn von vielen anderen deutschen Comedians. Hinter Föhnfrisur, Sonnenbrille, Macho-Gehabe und dem ewigen 80er-Jahre-Look mit Minipli und Pilotenbrille versteckt der Kabarettist sein bürgerliches Ich, das er strikt von seinen öffentlichen Auftritten trennt.
Alle Comedians sind Dampfplauderer, auch Atze Schröder. Die meisten arbeiten autobiografisch, Atze Schröder hingegen erschafft aus autobiographischen und erdachten Versatzstücken eine in sich geschlossene Welt, in der Manta, Fitnessstudio, Frauenheldentum und Currywurst regieren und Ehepartner sich "Mutti" und "Vati" nennen. Er verkörpert den klassischen Ruhrpott-Plauderer – schnodderig, direkt, immer mit flottem Spruch auf den Lippen, aber natürlich ist er dabei ein Kerl mit großem Herz. Seine Pointen sind in der Regel derart unter der Gürtellinie, dass man das wohl als Kunstprinzip verstehen muss.
Die Kunstfigur als Prinzip
In die Esperanto-Halle war an diesem Abend deutlich weniger Publikum gekommen, als sonst bei seinen Auftritten üblich. Davon ließen sich weder Atze Schröder noch sein Publikum die Laune vermiesen. Im Gegenteil: Wer da war, hatte eine hohe Bereitschaft, Schröders Kalauer zu lieben und herzhaft zu lachen. Ganz so, wie Atze Schröder es wollte: "Ihr sollt heute Abend mal zwei Stunden die Birne ausschalten und befreit auflachen", denn genau das brauche man in so komplexen Zeiten wie den unseren. Es ging vielversprechend los – zu einigen Takten von Bachs Toccata und Fuge in D, Gregorianischem Gesang und Heavy Metal war die Bühne ganz in teuflisches Rot getaucht, dazu spuckten Feuer – und Atze Schröder erschien auf der Bühne. Atze, der Erlöser
Das Programm ist ein Power-Abend, in dem man Atze Schröders Macho-Humor in XXL genießen kann. Schröder schafft das alles ohne bombastische Bühnenschau, ein Mann, ein Mikrofon, das reicht. Die Show wirkt manchmal fast wie ein Club-Abend, Atze Schröder erzeugt eine Art von Nähe zum Publikum, die gut ankommt. Von Vangelis‘ bekanntem "Conquest of Paradise", bei dem man nicht text-, aber melodiesicher sein muss, über Amen-Zwischenrufe und sonstige eingeforderte Reaktionen ging das Publikum begeistert mit. Vielleicht brauchen Zeiten wie diese, an denen wir den ganzen Tag über mit Krisen- und Kriegsnachrichten bombardiert werden, hin und wieder genau diese Art komischen Erlöser. Für die meisten war das – zumindest für zwei Stunden – ganz gewiss eine Katharsis der ganz eigenen Art.