Prozess um jugendliche Drogenbande
Eltern entsetzt über Kokainpakete unter dem Bett der 19-jährigen Tochter
Fotos: ci
11.06.2025 / FULDA -
Im Prozess am Landgericht Fulda um den bandenmäßigen Handel mit über 30 Kilo Kokain im geschätzten Verkaufswert von bis zu zwei Millionen Euro sollte am zweiten Prozesstag eigentlich die Kurierfahrerin als Zeugin aussagen, die Ende Oktober vor einem Jahr mit der heißen Ware auf frischer Tat festgenommen worden war. Die junge Frau ist in einem gesonderten Prozess angeklagt. Doch sie erschien nicht vor Gericht - angeblich hatte sie die schriftliche Ladung nicht erhalten.
Die ungeplante Pause nutzte Richter Joachim Becker am Dienstag dafür, die Protokolle der Telefonate zwischen der angeklagten 21-Jährigen und der nicht erschienenen Kurierfahrerin zu verlesen. Aus der überwachten Telekommunikation ging klar hervor, was die 21-Jährige am ersten Verhandlungstag bereits eingeräumt hatte. Sie hatte als Vermittlerin zwischen einem oder mehreren unbekannten Hintermännern, der mit ihr befreundeten Fahrerin und den Abnehmern des Kokains fungiert. Folgerichtig drehten sich die mitgeschnittenen Gespräche um Verabredungen, Treffpunkte, die Anmietung eines Mietwagens für den Transport und "Warenein- und Ausgänge" aus dem Kokainversteck. Die beiden Frauen waren zusätzlich von Ermittlern observiert worden, so dass sich für den Monat September ein ziemlich klares Tatmuster ergab.
Eltern entdeckten das Kokain: "Das Zeug muss sofort weg!"
Tatsächlich gestaltete sich ihre Vernehmung sehr langwierig, weil sie zunächst nur weinte und offenbar nicht in der Lage war, eine zusammenhängende Aussage zu treffen. Richter Becker fragte sie vor allem nach dem Inhalt der beiden schwarzen Reisetaschen, die die Hauptangeklagte bei ihr gelagert hatte. Darin befanden sich nach Angaben der Zeugin mehrere Pakete mit Kokain, zwei Schusswaffen und zwei schusssichere Westen. Für ihren Job als 'Bunkerhalterin' habe sie 1.000 Euro bekommen und natürlich auch gewusst, dass es sich um illegale Drogen handelte. "Ich habe das nur S. zuliebe getan", beteuerte die 19-Jährige. Doch ihre Rolle im Kokainhandel wurde abrupt beendet, als ihre Eltern den Inhalt der beiden Reisetaschen entdeckten. "Das Zeug muss sofort weg", hätten sie ihr aufgetragen und ihr gedroht, sie aus dem Haus zu werfen. Daraufhin hatte die Hauptangeklagte die beiden Taschen bei ihr abgeholt und sie zu ihrem Halbbruder gebracht, der wegen Beihilfe ebenfalls auf der Anklagebank sitzt.
Auf die Frage, wie schwer denn die Taschen gewesen seien, gab die Zeugin an, vergleichsweise wie ein Sechserpack Anderthalb-Liter-Wasserflaschen, mit denen sie in ihrem Job in einem Supermarkt zu tun hat. Das dürften jeweils neun Kilo gewesen sein. Im weiteren Verlauf der Zeugenbefragung ging es vor allem um weitere Tatbeteiligte, von denen die 19-Jährige mitbekommen hatte.
Für den Nachmittag waren drei Polizisten als Zeugen geladen. Der Prozess, für den vier weitere Verhandlungstage angesetzt sind, wird am Dienstag, dem 1. Juli, um 9 Uhr fortgesetzt. (ci)+++