In Schloss Fasanerie

Konzert des Collegium musicum: Klangerlebnis in außergewöhnlicher Kulisse

Das Collegium musicum Fulda in Schloss Fasanerie.
Foto: Collegium Musicum

25.05.2025 / EICHENZELL - Das Fuldaer Collegium musicum unter seinem Dirigenten Jens-Uwe Schunk wagt sich immer wieder an anspruchsvolle Stücke heran und stellt diese zu beeindruckenden Konzerten zusammen, in denen das Ensemble seinen berückenden Streicherwohlklang zeigen kann. So auch an diesem Konzertabend auf Schloss Fasanerie.



Eichenzells Bürgermeister Johannes Rothmund begrüßte gutgelaunt im schönsten Barockschloss Hessens. Vielleicht das schönste, an diesem Maiabend aber mit Sicherheit auch das kälteste!

Eine seltene Solisten-Kombination

Zwei Kompositionen standen im Zentrum des Konzerts, zunächst Arthur Honeggers "Concerto da camera" (1948) mit der sehr ungewöhnlichen und seltenen solistischen Besetzung Querflöte und Englischhorn. Das Collegium musicum hatte dafür zwei exzellente Solisten verpflichtet: die Fuldaerin Silke Augustinski (Englischhorn) und den Würzburger Mathias von Brenndorff (Flöte). Es war faszinierend, diesen beiden zuzuhören und zuzusehen – sie meisterten das anspruchsvolle Stück mit großer Intensität und bestens aufeinander eingespielt.

1949 wurde die Kammersonate uraufgeführt – vom Zürcher Collegium Musicum, am Pult stand Honeggers Freund Paul Sacher, der zwar nichts mit der gleichnamigen Torte, dafür aber viel mit dem Medizinunternehmen Hoffmann-La Roche zu tun hatte. Als dessen Eigentümer gehörte er zu den reichsten Männern seiner Zeit, konnte sich ein Orchester leisten sowie Musiker und Komponisten fördern. Honeggers Werk war eine Auftragsarbeit für die amerikanisch Mäzenatin Elizabeth Sprague Coolidge, die sich ein Werk gewünscht hatte, in dem das Englischhorn im Fokus steht. Das Instrument ist quasi der größere Bruder der Oboe – es ist größer und klingt tiefer. Ganz besonders ins Ohr geht der zweite Satz – ein Adagio mit melodiösem Hauptthema und weihevoll-melancholischer Stimmung. Honegger wollte, dass seine Kammersinfonie gleichzeitig angenehm spielbar für die Musiker und erfreulich für das Publikum sei, diese Anforderung realisiert er in diesem Satz geradezu idealtypisch.

Warum Mélanie zu Mel wurde

Als Zugabe gab es einen Satz aus der Suite op. 59 von Mel Bonis (1858-1937), weil auch hier die ungewöhnliche Bläserkombination Flöte und Englischhorn zu erleben ist. Das allein wäre schon ein Hör-Grund, noch mehr ist es die Vita der Komponistin – denn Mel hieß eigentlich Mélanie. Sie hatte das Glück, von Menschen wie César Franck entdeckt und gefördert zu werden. Sie hatte das Pech, dass sich Mitte des 19. Jh. niemand Frauen als Komponistinnen vorstellen wollte. Bonis‘ Eltern nahmen die Tochter bald wieder vom Pariser Konservatorium und zwangen sie in die Ehe mit einem deutlich älteren Mann. Bonis fügte sich in ihr Schicksal, erst viel später fand sie zurück zur Musik. Teil des Pariser Musiklebens war sie nie, ihr musikalisches Leben spielte sich ausschließlich im privaten Kreis ab. Ihre Werke finden seit Beginn des 21. Jahrhunderts endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Wir durften an diesem Abend einen kleinen Eindruck davon mitnehmen – und ich möchte nicht nur dem Collegium musicum zurufen: Spielt endlich mehr Komponistinnen!

Klangselige Romantik

Bonis’ Suite war der perfekte Übergang zum zweiten Hauptstück des Abends, Dvoraks Serenade in E-Dur (1875). Als Dvorak sie schrieb, war er noch keineswegs weltberühmt. Die Serenade ist ein herrlich unbeschwertes Werk – klangselige Streicher, randvoll mit böhmischen Melodien, innig und herzerwärmend. Dvorak orientiert sich mit den fünf Sätzen an den klassischen Divertimenti und Serenaden der Wiener Klassik Haydns und Mozarts. Die Serenata ist in unserem Sprachgebrauch zur beschwingten Abendmusik geworden, doch leitet sie sich nicht vom italienischen "sera" (Abend) ab, sondern von "sereno" (heiter). Und genau diese Stimmung in ganz unterschiedlichen Abwandlungen trifft Dvorak mit traumwandlerischer Sicherheit. Der Höhepunkt der Serenade ist sicherlich das Larghetto. Nach dem Scherzo schwebt es gewissermaßen ein und entwaffnet uns Hörer mit seiner Schönheit. Das Collegium musicum lief bei diesem Stück wahrhaft zur Hochform auf.

Empfindsames vom Hamburger Bach

Begonnen hatte das Konzert mit der Sinfonie Nr. 2 in B-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach. Dieser wohl berühmteste der Bachsöhne wurde auch der "Hamburger Bach" genannt und dürfte vielen aus einem Gemälde Adolph Menzels bekannt sein – da begleitet er Friedrich den Großen in Sanssouci am Cembalo. C. P. E. Bach steht an der Schwelle zwischen Barock und Klassik. Seine Musik ist unverkennbar, es verwundert nicht, dass die Komponisten der Wiener Klassik ihn sehr schätzten. Was wie hingetupft und leichtfüßig wirkt, ist anspruchsvolle Kost für die Streicher – ein anstrengendes Stück zum Auftakt eines Konzerts, das vom Collegium musicum gleichwohl gut gemeistert wurde.

Natürlich ließ das begeisterte Publikum die Musiker nicht ohne Zugabe gehen – so gab’s zum Abschluss den zweiten Satz aus Edward Elgars "Serenade für Streicher" in e-moll op. 20 (1892), auch dies das Werk eines jungen, aufstrebenden Komponisten. Die Serenade ist eines der meistgespielten Stücke Elgars und war der bezaubernde Abschluss eines rundum gelungenen Konzertes. (Jutta Hamberger) +++

X