Samstag in der "Hessenschau"
Maberzell ist "Dolles Dorf": Tischtennis und Ölgemälde fürs Fernsehpublikum
Hessenschau-Reporter Jochen Schmidt mit der Karte von Maberzell, die ausgelost wurde
Fotos: Marius Auth
25.04.2025 / FULDA -
Jeden Donnerstagabend wird in der "Hessenschau" ein Dorf zum "Dollen Dorf" gekürt, das vor der Gebietsreform noch keine 2.000 Einwohner hatte. Einen Tag lang filmt der Hessische Rundfunk dann alles, was das Dorf einzigartig macht, vom Turnverein bis zum Taubenzüchter. Dieses Mal hat Maberzell im Landkreis Fulda das große Los gezogen - und im Bürgerhaus wird bis in die Nacht beraten, wie man das Fernsehpublikum beeindrucken will.
Tischtennis, Kirmes, Caritas, Blockflötenwerkstatt: Vor dem Bürgerhaus stehen um 21 Uhr bereits zwanzig Maberzeller und zählen einander auf, was auf jeden Fall mitmuss in den fünfminütigen Beitrag, der schon am Samstag im Hessischen Rundfunk laufen wird. Mitglieder des Trätzhöfer Schützenvereins trudeln ein, die Telefonkette hat funktioniert, etliche WhatsApp-Gruppen die frohe Botschaft verkündet: Das Fernsehen kommt! Dagmar Rützel, die in der Grundschule Maberzell die dritte Klasse unterrichtet, ist vom Elternabend gleich hinübergekommen: "Eine der Mütter hat es auf WhatsApp mitgeteilt bekommen - und unsere Schüler tanzen bei der Kirmes mit, das muss rein in den Film!"
"Kinder dürfen wir nicht in Szene setzen"
Schon wird überschlagen, welche Söhne und Töchter Maberzell in der Welt Ruhm und Ehre gebracht haben. Der berühmte Künstler Franz Erhard Walther scheint eine sichere Bank und wurde direkt beim "Fuldaer Hof" geboren. Der Landtagsabgeordnete Thomas Hering wohnt in Maberzell, kommt aber aus dem Fuldaer Nordend. Gastwirt Björn Helfrich hofft auf eine Erwähnung seines historischen Saalbaus. "Dass wir ein dolles Dorf sind, das wissen wir schon lange. Jetzt müssen wir nur schauen, dass das auch gezeigt werden kann. Blockflötenbauer Kunath kann wahrscheinlich morgen nicht, der ist auf Messe", erklärt Manfred Schubert. Diözesan-Caritas-Vorstand Ansgar Erb kann nicht nur eine Werkstatt für psychisch erkrankte Menschen, sondern auch 29 sozial geförderte Wohnungen in Maberzell vorweisen, aber: "Die Kinder dürfen wir nicht in Szene setzen."
Strammes Programm
Um 22 Uhr kommt Hessenschau-Reporter Jochen Schmidt mit seinem Team in zwei blauen VW-Bussen vorgefahren, das Prozedere ist immer gleich: Um kurz vor 20 Uhr wird das "Dolle Dorf" in der Hessenschau gezogen, gleich im Anschluss werden Gasthöfe vor Ort durchtelefoniert, wer die Leute vom Fernsehen beherbergen kann. Nach einer Besprechung mit Vertretern der Dorfgemeinschaft, meist im Gasthaus oder Bürgerhaus, was alles im Film unterkommen soll, geht es am nächsten Morgen um 9 Uhr mit einem strammem Programm an die Abarbeitung der Stationen, von der Kirmestanzgruppe bis zur Feuerwehr, währenddessen fliegt ein Kameramann mit der Drohne idyllische Routen übers Dolle Dorf. Um 16 Uhr ist alles im Kasten und es geht zurück ins Studio nach Kassel oder nach Frankfurt, sollte das ausgeloste Dorf im Vogelsberg oder weiter südlich liegen.
Tischtennis, dann Kirmes
Der Maberzeller Tischtennisverein spielt in der Bundesliga und wird deshalb noch vor der Kirmes erwähnt, während Schmidt alle Ideen in sein Blöckchen schreibt. Profispieler wie Dimitrij Ovtcharov, Jonathan Groth, Fan Bo Meng und Kao Cheng-Jui haben das kleine Maberzell auf die weltweite Tischtennislandkarte gebracht. Schmidt horcht auf: "Wann können wir das drehen?" "Nicht vor 19 Uhr", kommt vom Vereinsvorsitzenden Stefan Frauenholz wie aus der Pistole geschossen. Schmidt: "Da liegen wir schon wieder im Bett!" Frauenholz telefoniert: "Die Promis sind auf Turnieren, Ovtcharov ist in Tunesien, das wird schwer!" Maberzell hat zusammen mit seinem Ortsteil Trätzhof drei Kirchen und zwei Friedhöfe. "Maberzell ist katholisch, Trätzhof evangelisch", wirft ein Vertreter des Schützenvereins ein. Schmidt schaut auf: "Aber ihr könnt miteinander? Fünf Minuten sind im Fernsehen eine ganze Welt - wir suchen Geschichten, die euch besonders machen." Da kommt das Gemälde in der Kirche gerade recht: das größte sakrale Ölgemalde Mitteleuropas, das auf Leinwand gemalt wurde, 12,8 Meter mal 8,2 Meter groß. Schmidt nickt zufrieden, das macht sich gut im Fernsehen. (mau) +++