Fulda-Maberzell - Saarbrücken 3:2
Held Kao und furioses Doppel: TTC RhönSprudel ist den Playoffs ganz nahe

Fotos: Rolf-Günther Herchen
26.02.2025 / FULDA -
Es ist 22.28 Uhr - und die Hubtex Arena 2.0 hat sich als Tollhaus hoch zehn erwiesen. Cheng-Jui Kao, Fuldas neuer Held, und das furios aufspielende Doppel Dima Ovtcharov und Fanbo Meng haben dafür gesorgt, dass der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell den 1. FC Saarbrücken Tischtennis mit 3:2 niedergerungen hat - nachdem er schon mit 1:2 zurücklag. Damit ist der Sieger den Playoffs einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Am Donnerstag geht's nach Düsseldorf.
Maberzells Coach Qing Yu Meng hat natürlich die volle Kapelle zur Verfügung. Heißt Dima Ovtcharov, Cheng-Jui Kao, Fanbo Meng und Ruwen Filus. Kao spielt an 1, Dima an 2, Meng an 3. Saarbrücken bietet Patrick Franziska, Darko Jorgic und Eduard Ionescu auf. Das Eröffnungseinzel bestreiten mithin Kao und Jorgic.
Ein heißer Abend bahnt sich an. Vor dem Spiel bietet sich die Möglichkeit des Entdeckens. Sind sie da versteckt, die Emotionen? Liegen sie da versteckt, auf und unter dem Hallenboden? In wenigen Minuten werden sie die Spieler aktivieren und wachküssen. Es werden Glücksmomente der Gefühle und des Sports. Spitzensport. Internationaler Spitzensport. Wie man ihn in Fulda selten sieht. Nervosität ist inbegriffen. Spannung, Hochspannung und Dramatik geben sich die Klinke in die Hand. Sport ist mehr als blanke Ergebnisberichterstattung. Hier ist der Beweis. Gleich geht's los. Kommen Sie mit.
Jetzt andersherum. Kao führt 2:0. Jetzt 2:2. 3:3. Zuschauer, wo seid ihr? 5:3 für Jorgic. Immer wieder fällt auf: Wer sich die Initiative erkämpfen kann, der punktet. 3:7 gegen Kao. Er wirkt gehemmt. 4:9 gegen ihn. 4:10 - sechs Satzbälle. 4:11. Aua. Der Abend beginnt bescheiden. Endlich mal ein "Auf geht's, Kao. Auf geht's." Lass dich nicht von der Platte drängen. So geht's nicht. Wie war das mit dem Funke-Überspringen? Jetzt vielleicht. 4:2 im Dritten. 4:4 jetzt. Aber Kao wird mutiger. Auszeit.
Endlich ist die Halle erwacht. Die Zuschauer haben das Wort Unterstützung. Kao wird entschlossener und hat im "Was weiß ich" gebadet. Er führt schon 6:2 und 9:4. Jorgic kommt bis auf 8:9 heran - aber Kao zieht das Ding. 11:8. Und 2:2 nach Sätzen. Es geht in den Fünften.
Jetzt helfen die Zuschauer. Endlich. 4:4 im Fünften. Alle Fuldaer freuen sich über jeden Punkt. So soll es sein. So muss es sein. Das ist Sport. Auszeit. Und Jorgic wirft den Schläger etwas entnervt weg. Kao hat Rückenwind. Das Momentum ist auf seiner Seite. 7:5 für Kao. Man hat das Gefühl, am Buttermarkt sei etwas umgefallen. Jorgic verschlägt eine Rückhand. 8:6 für Kao. Jetzt 9:6, zwei Pünktchen noch. 10:6. Vier Matchbälle für Kao. Die Zuschauer sind aus dem Häuschen. Warum erst jetzt? Kao schnappt sich auch den Fünften. Mit 11:6. Er gewinnt 3:2 nach Sätzen - nach 0:2 und 8:10. Und sein TTC führt mit 1:0.
Beide standen sich erst vor wenigen Tagen beim Europe 16 in Montreux gegenüber. Da zog Dima nach zweimaliger Satzführung mit 2:3 den Kürzeren. Dieses Mal will es Dima offensichtlich anders machen. Er überlässt Franziska mit 4:11 den Ersten. Jetzt scheint die Geschichte anders zu laufen - 4:2 für Dima im Zweiten. 5:2. Dima findet zu sich. Er wird sicherer. Das ist Stabilität. Noch nicht die, die er will. Aber er holt sich den Zweiten mit 11:8 - nachdem er schon 9:6 führte, Franziska herankommen ließ und es später 10:10 stand. Doch ein Ovtcharov kennt keine Nerven. Er gleicht aus im Duell der Freunde. Ob sie auf Anhieb wissen, wie oft sie schon gegeneinander gespielt haben?
3:6 im Dritten aus Dimas Sicht. Jetzt 3:7. Dima, lass Franziska, dessen kurze Ausholbewegung bei der Rückhand immer wieder aufblitzt, nicht davonziehen. 4:8. Eine herausfordernde Situation. 5:9.6:9. 7:9 - die Hoffnung hat einen Namen: Dima. 7:10. Drei Satzbälle für Franziska. Aber was heißt das schon? 8:10. 8:11. Der Dritte ist weg. Gleicht Dima aus nach Sätzen oder gewinnt Franziska das Duell?
Nun steht es auch zwischen diesen Beiden 2:2. Dima hat sich den Vierten geschnappt. Mit 11:9. Dima ist keine 18 mehr - und er hat es geschafft, Franziska mit weichem Spiel und Tempowechsel aus dem Rhythmus zu bringen und ihm den Taktik-Zahn zu ziehen. Außerdem wacht auch hier das Publikum auf. Endlich. Eben, im Vierten, hat Dima einen furiosen Ballwechsel zum 7:5 gewonnen - jetzt entscheidet er einen zum 3:2 für sich. Saarbrücken nimmt eine Auszeit. Und Dima ist bei sich. 9:5 führt er jetzt im Fünften. Er wirkt auch in seinen Angriffsaktionen entschlossen. Zwei Pünktchen noch zum 2:0 für dein Team. Und die Zuschauer? Gut. Aber in den Playoffs geht mehr. 9:8 nur noch. 9:9 jetzt. Gott, hilf. 9:10 - Dima hat Pech bei einem Netzball. 9:11. 2:3 nach Sätzen aus Dimas Sicht. 1:1 im Gesamten. Jetzt ist Pause.
Meist liegt Fanbo zurück im Ersten - auch noch beim 7:9. Doch seine Tugend: Er glaubt an sich. Und das macht sich bezahlt. Er holt vier Punkte in Folge - und gewinnt 11:9. Nach schnell abgegebenem Zweiten entdeckt der Fuldaer Mut und Entschlossenheit. Er führt im Dritten schon 9:5, und beim 10:7 hat er drei Matchbälle. Gleich den ersten nutzt er. 11:7.
Doch wollen wir die Sätze vier und fünf vergessen aus Fanbo Mengs Sicht? 6:11 im Vierten - und 8:11 im Fünften. Obwohl er da nach 3:10-Rückstand und sieben Matchbällen gegen sich fünf Punkte in Folge holt. Doch Glaube und Körpersprache waren plötzlich verschwunden. Fanbo spielte deutlich unter Wert.
Der TTC liegt 1:2 hinten - und sagen wir es so: Kao ist nicht unbedingt der Favorit gegen Franziska. Aber vielleicht hilft ihm genau das. Franziska macht im Ersten zu schnelle und zu einfache Punkte. Aber Kao kämpft. Vier Satzbälle hat er gegen sich, kommt bis auf 9:10 heran - verliert den Durchgang aber 9:11.
Was ist denn hier los? Kao lässt sich nicht unterkriegen. Er bleibt oben, seine Körpersprache positiv. Auch den Rückstand beantwortet er gegen den derzeit wohl besten Tischtennisspieler. Er schnappt sich den Zweiten. Mit 11:9.
Was macht denn dieser Kao nur? Dieser Mut. Diese Entschlossenheit. Dieser Siegeswille. Er verliert zwar den Dritten mit 11:13 - aber der Satz ist völlig offen. Fuldas junger Taiwanese leistet erbitterten Widerstand - und Franziska hat verdammt zu knabbern. Wieder wehrt Kao Satzbälle ab. Wegen Spielern mit solcher Einstellung wie Kao, der ein großes Herz beweist, kommen die Zuschauer.
Kao? Spätestens jetzt kennt ihn jeder in Fulda. Er ledert den Favoriten mal so richtig ab im Vierten, den er mit 11:5 für sich entscheidet. Er spielt von oben runter - seine Beherztheit ist kaum in Worte zu fassen. Schafft er hier sogar eine Sensation. Auch hier geht es in den Fünften.
Was ist denn hier nur los? UNFASSBAR. UNGLAUBLICH. UNBESCHREIBLICH. DIE HALLE TOBT. FULDA HAT EINEN NEUEN HELDEN. DER HAT NUR DREI BUCHSTABEN: ER HEIßT KAO. 1:8 und 5:9 liegt er bereits hinten im Fünften, arbeitet sich irgendwie heran - und hat selbst Matchbälle. Den dritten verwandelt er. Zum 14:12. Er siegt in Fünfen und gleicht im Gesamtstand zum 2:2 aus. Jetzt entscheidet das Doppel.
Und in dem sind Dima und Fanbo obenauf. Sie treten harmonischer auf, spielen furioser und mit der Unterstützung der positiv verrückten Zuschauer. Sie gewinnen - nein, nicht wie alle Einzel zuvor in Fünf Sätzen - in Vieren. Und bringen ihr Team den Playoffs ganz nahe. Am Donnerstag geht's zu Borussia Düsseldorf. (wk)
Die Spiele im Einzelnen
Cheng-Jui Kao - Darko Jorgic 3:2 (6:11, 4:11, 13:11, 11:8, 11:6)
Dima Ovtcharov - Patrick Franziska 2:3 (4:11, 12:10, 8:11, 11:9, 9:11)
Fanbo Meng - Eduard Ionescu 2:3 (11:9, 3:11, 11:7, 6:11, 8:11)
Cheng-Jui Kao - Patrick Franziska 3:2 (9:11, 11:9, 11:13, 11:5, 14:12)
Ovtcharov/Fanbo Meng - Jorgic/Ionescu 3:1 (12:10, 9:11, 11:5, 11:6) +++