Wahlforum

Zwischen Pest und Cholera: Wer wird am Sonntag neuer Bürgermeister?

Beim FZ-Wahlforum am Dienstagabend in der Tanner Rhönhalle
Fotos: Marius Auth

22.01.2025 / TANN (RHÖN) - Am Sonntag wird im Rhön-Städtchen Tann ein neuer Bürgermeister gewählt. Hohe Schulden, wenige Touristen und schwindende Einwohnerzahlen plagen die Kommune seit langem. Vier Kandidaten sind angetreten, um die Zügel von Amtsinhaber Mario Dänner zu übernehmen. Doch wer hat das Zeug dazu, die dringendsten Probleme mit pragmatischen Lösungen anzugehen? Das konnten die Bürger am Dienstagabend in der Rhönhalle herausfinden - beim Wahlforum der Fuldaer Zeitung.


Michael Conrad (CDU), Matthias Gelbe, Reinhard Hofmann und Stefan Bohn (alle drei parteiunabhängig) stehen am Sonntag zur Wahl. Bohn erschien am Dienstagabend nicht zum Wahlforum. FZ-Redakteur Rainer Ickler ließ die Kandidaten zur Einstimmung erklären, warum gerade sie einen guten Bürgermeister abgeben würden - besonders im Fall des Reichsbürger-Kandidaten Hofmann eine berechtigte Frage. Der 70-Jährige hatte bereits im Vorfeld bundesweites Medieninteresse geweckt - und zog sich am Abend bei mancher Frage nach konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in Tann durch Verweis auf basisdemokratische Prinzipien aus der Affäre: "Wenn die Bürger es wollen, wird es gemacht!"

Defizit und Schulden

Angesichts von 400.000 Euro Haushaltsdefizit und mehreren Millionen Euro Schulden wollten vor allem die Einwohner Tanns wissen, was konkret angegangen werden soll - und wie: "Wir haben hier die Wahl zwischen Pest und Cholera. In den nächsten Jahren werden in Tann die Haushaltsergebnisse massiv absinken und mehrere Hunderttausend Euro jährlich Defizit eingefahren werden. Entweder man verbessert die Einnahmesituation, das ist die Pest, oder begrenzt die Ausgaben, das ist Cholera. Und auf der Einnahmeseite hat man lediglich die Gemeindesteuer", konfrontierte Raymund Huf, Ortsvorsteher von Tann-Lahrbach, die Kandidaten.

Die konnten leider am Abend keine Goldesel auf die Bühne führen, die in der Lage wären, die eingefahrene Gesamtsituation Tanns schlagartig zu verbessern, wenn auch nur finanziell. Dass die in die Jahre gekommene Rhönhalle vermietet werden könne (Hofmann), auch weil der Abriss zu teuer sei (Conrad), die Substanz aber noch in Ordnung, spätestens nach einer Sanierung in kleinen Schritten (Gelbe), das war Konsens. Fördertöpfe könnten angezapft werden, um das Beste für die Heimatstadt und den ländlichen Raum herauszuholen (Gelbe), eine personelle Aufstockung im Rathaus für genau diesen Aufgabenbereich die Akquise solcher Mittel professionalisieren (Conrad).

"Wirtschaft stiefmütterlich behandelt"

Conrad, der bereits Ortsbürgermeister im brandenburgischen Dahlewitz war, hat das Rhönstädtchen in den letzten Monaten kennengelernt: "Die Wirtschaft scheint hier stiefmütterlich behandelt zu werden, ich will als Bürgermeister der erste Wirtschaftsförderer sein." Von außen zu kommen, das sei ein Vorteil, weil man so unvoreingenommen an die Dinge herangehen könne. Der Vorwurf, die Dinge seien in Tann eingeschlafen, traf den Tanner Gelbe schwer: "Wir haben hier extrem viele Potenziale. Tann ist voller Erfolgsgeschichten, was Unternehmertum betrifft." Es fehle ein Gewerbegebiet, dessen Ausweisung müsse herbeigeführt werden, so Conrad. Das Miteinander werde bei Formaten wie dem lokalen Unternehmerstammtisch gefördert, so Gelbe: "Wir müssen uns selbst helfen - und Ansprüche, die Firmen haben, wie etwa Gewerbeflächen, dann umsetzen."

Einigkeit herrschte auch beim Thema Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung: "Wir müssen das Licht wieder länger anlassen. Die Nachtabschaltung gefällt den Bürgern nicht, es haben sich einige die Knochen gebrochen in der Dunkelheit", erklärte Conrad. Die Nachtabschaltung könne neu bewertet werden, dabei trotzdem die Sternenpark-Kriterien nicht verletzt werden, stimmte Gelbe zu. (mau) +++

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