IHK-Jahresempfang in der Orangerie

Vom Rezessions-Hammer, US-Zöllen, Zuversicht und Miesepetern

In der Fuldaer Unternehmer-Landschaft ist es wohl das Event zum Jahresauftakt, das man nicht verpassen sollte: Der Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda fand am Freitagnachmittag in der barocken Orangerie (Hotel Maritim) statt.
Fotos: Carina Jirsch

18.01.2025 / FULDA - "Meine Damen und Herren, wir haben viel vor und vor uns liegen große Herausforderungen. Doch in einem können Sie sich sicher sein: auf unsere IHK Fulda werden Sie auch in diesem Jahr zählen können!", konstatierte Dr. Christian Gebhardt, Präsident der IHK-Fulda, beim gut besuchten Jahresempfang in der Orangerie (Hotel Maritim).



"Der Start eines neuen Jahres ist immer ein guter Moment, Wünsche und Hoffnungen zu äußern", leitete er in seine Grußworte ein. Auf seiner Wunschliste ganz oben: Eine stabile Regierung - ohne Extremismus und Populismus. "Die Lösungen der Populisten mögen auf den ersten Blick verlockend klingen, aber keine Partei wird die Bundesrepublik zurück in die glückselige Welt der Wirtschaftswunderjahre versetzen. Keine Partei wird die großen Herausforderungen unserer Zeit – sei es die Klimaveränderung, sei es der demografische Wandel, sei es die Zeitenwende bei der Landesverteidigung – zurückdrehen können".

"Nur eine starke Wirtschaft liefert der Politik den finanziellen Gestaltungsraum"

Politiker wiederum müssten begreifen: "Nur eine starke Wirtschaft liefert der Politik den finanziellen Gestaltungsraum für notwendige politische Maßnahmen, sei es Bildungs-, Sozial-, Innen-, Klima- oder Außen- und Sicherheitspolitik". Deutschland habe in den vergangenen Jahren massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren. "Im World Competitiveness Ranking ist Deutschland in gerade einmal zehn Jahren vom 6. auf den 24. Platz zurückgefallen". Auf allgemeine Zustimmung trifft sein Kommentar: "Wir haben kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabeproblem", bezugnehmend auf die politische Diskussion im Land.

Was Gebhardt dennoch hoffnungsvoll stimmt, sei, dass viele der Probleme in der Wirtschaft hausgemacht seien: "steigende Bürokratie, langsame Genehmigungsverfahren, marode Infrastruktur, hohe Energiekosten, langsame Digitalisierung, erratische Wirtschaftspolitik - um nur einige zu nennen." Den Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl richtend, appellierte der IHK-Präsident: "Am 23. Februar 2025 können wir alle den Grundstein für eine bessere Zukunft für unser Land und wirtschaftsfreundlichere Rahmenbedingungen legen. Wir alle haben es in der Hand, wer uns politisch vertreten wird und wir alle haben die Freiheit, selbst politisch aktiv zu werden".

Deutlich wird Gebhardt auch mit Blick auf die Energiepolitik: "Unsere Industrie braucht dringend international wettbewerbsfähige Energie- und Strompreise. Gleichzeitig wende ich mich entschieden gegen Forderungen einzelner ostdeutscher IHKn, zur Stärkung der heimischen Wirtschaft wieder auf russisches Erdgas zu setzen. Eine solche Forderung halte ich nicht nur moralisch, sondern auch strategisch für falsch!" Applaus im Saal!

US-Zölle bereiten den heimischen Unternehmen Kopfzerbrechen

Sorge bereite ihm auch die nächste US-Regierung: "Fulda hat historisch bedingt enge Beziehungen zu den USA, in der regionalen Wirtschaft betrifft das vor allem die größeren Industriebetriebe und damit aber auch die zahlreichen, regionalen Zulieferer- und Partnerbetriebe. Es ist zu befürchten, dass die von Trump angekündigten Importzölle und ein möglicher Handelskonflikt mit China die ohnehin schwierige Lage in Deutschland und in unserem Landkreis weiter verstärkt".

Jetzt gelte es umso mehr, "dass Deutschland seine Hausaufgaben macht. Der Nukleus der deutschen Wirtschaft, die vielen mittelständischen und oftmals inhabergeführten Unternehmen, ist noch immer da und größtenteils intakt. Wenn man ihnen die Fesseln einer fehlgeleiteten, Wirtschaftspolitik, insbesondere die lähmenden bürokratischen, vom Kontrollwahn getriebenen Dokumentationspflichten, nimmt, dann werden sie bald wieder zu neuen Höhenflügen ansetzen".

Auch das Nachfolgeproblem im Mittelstand müsse dringend politisch beantwortet werden. "Ich wünsche mir, dass die neue Bundesregierung sich ohne jegliche ideologischen Vorurteile mit der 'Gesellschaft mit gebundenem Vermögen' (GmgV) beschäftigt. Schließlich möchte auch die erst nach starker Kritik 1892 eingeführte 'Kunstschöpfung des Gesetzgebers', die GmbH, heute keiner mehr missen".

Einen Rückblick in das vergangene Jahr wagte Fuldas Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld. Sein Fokus: Zuversicht. "Ich glaube, wir haben in vielerlei Hinsicht Grund zur Dankbarkeit. Wenige hundert Meter entfernt durften wir das enorm erfolgreiche Bonifatius-Musical erleben. Eine Geschichte, die tief in unserer Tradition steht und uns lehren kann, mit Zuversicht den Herausforderungen zu begegnen".

Auch in Fulda: Rezessions-Hammer hat zugeschlagen

Doch: Auch in Fulda habe der Rezessions-Hammer zugeschlagen. "Wir mussten uns ganz konkret bewusst werden, was eine schlechte Wirtschaftslage bedeutet", konstatierte der Stadt-Chef. Die Schließung der Gummi (Goodyear), der Weggang des Traditionsbetriebs Mehler seien da nur einige Aushängeschilder. "Fast 1.000 Angestellte müssen sich allein bei diesen zwei Fällen umorientieren". Viele weitere Unternehmen sind in Kurzarbeit.

Dann pflichtete Wingenfeld dem IHK-Präsidenten bei: "Die hohe Lebensqualität in unserer Region ist davon abhängig, dass wir eine heimische Wirtschaft haben, die diesen Wohlstand ermöglicht". Mit Blick auf die kommende Wahl hege er den Wunsch, dass "eine kommende Regierung nicht in erster Linie diskutiert, wie umverteilt werden kann, sondern wie wir unsere Wirtschaft stärken". Der Saal vibriert, Applaus übertönt den Oberbürgermeister. Er setzt nach: "Denn das ist nicht verträglich für unsere, ich betone es - soziale - Marktwirtschaft".

Von der Pflicht zur Zuversicht - "auf Deutsch: Jammern hilft nicht!"

Der Mann an der Spitze der Stadt weiß aber auch: "Unsere Wohlstands-Generation hat eine Pflicht zur Zuversicht - auf Deutsch: Jammern hilft nicht!" Erneut klatscht der Saal. "Die deutsche Wirtschaft hat noch nie funktioniert, wenn alle auf den Staat geschaut und gewartet haben, sondern lebt vom Engagement von Unternehmern und Bürgern. Wir haben eine starke Unternehmerschaft, eine starke Bürgerschaft - danke dafür!", spannt Wingenfeld den Bogen wieder zur Zuversicht.

"Nach wie vor haben wir das große Glück nicht nur in der Mitte Deutschlands zu liegen, sondern mitten in Europa. Das ist ein herausragender Standortvorteil". Ein kleines Geschenk an die heimische Wirtschaft: Die Gewerbesteuer bleibt auf gleichen Niveau - "das ist wichtig!" Auch weiterhin wolle man im Stadtschloss alles tun, um die heimische Wirtschaft zu stützen. Dazu gehöre eben auch, den Tourismus zu stärken, "denn der kommt nachweislich unserer Innenstadt zugute".

"Meistens kommt es gar nicht so schlimm, wie Sie es erwarten"

Dann referierte Professor Dr. med. Volker Busch von der Universitätsklinik Regensburg zum Thema "Kopf hoch: Wie wir in herausfordernden Zeiten Mut und Zuversicht bewahren". Den Einstieg machte er mit einem provokanten Statement: 50 Prozent der Wirtschaftslage seien psychisch. Schwache Wirtschaft lasse sich manifestieren. "Machen Sie sich bewusst: Meistens kommt es gar nicht so schlimm, wie Sie es erwarten".

Deutsche sind die #1 im Miesepetern

Untermauert wird seine Behauptung durch eine Studie, bei der sich die Forscher gefragt haben: Wie negativ blicken Menschen in welchen Ländern in die Zukunft? Dazu wurden die Headlines der führenden Medien in den verschiedenen Nationen ausgewertet - Deutschland belegte den ersten Platz. "Ich will nicht leugnen, dass wir tatsächlich vor schweren Herausforderungen stellen, aber wir haben gleichzeitig eine Art alles negativer zu sehen, als es ist".

Im Anschluss folgte dann noch die Verleihung der Prädikate #lichtbewusstsein und "Gesund arbeiten in FD". Nachfolgend die Auflistung der ausgezeichneten Unternehmen.

Verleihung Prädikate #lichtbewusstsein

Mit dem Prädikat #lichtbewusstsein zeichnet die IHK Fulda gemeinsam mit Stadt und Landkreis Fulda Unternehmen aus, die durch den bewussten Einsatz von Außenbeleuchtung den Schutz der Nacht berücksichtigen und damit einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität, Energieeinsparung und zu einem ästhetischen Ortsbild und Nachtlandschaft leisten. Mit den Verleihungen von heute haben sich insgesamt 28 Unternehmen für das Prädikat qualifiziert. Ausgezeichnet werden zwei Unternehmen:

Steinacker aus Hünfeld
Meister Recycling aus Großenlüder

Verleihung Prädikate "Gesund arbeiten in FD"

Der Arbeitskreis "Gesundheit und Werte" wurde 2010 gegründet. Das Prädikat "gesund arbeiten in fd" haben Unternehmerinnen und Unternehmer aus diesem Arbeitskreis mit viel Engagement selbst entwickelt. In der neunten Prädikatisierungsrunde wurden 14 Unternehmen ausgezeichnet:

Hahner Technik aus Petersberg
Jumo aus Fulda
Klinikum Fulda
Landkreis Fulda
Magistrat der Stadt Fulda
Mediana aus Fulda
MUP Bürohandel aus Fulda
Pappert aus Poppenhausen
Proemion aus Fulda
Pusteblume Therapiehaus aus Fulda
Simonmetall aus Tann
Tegut aus Fulda
UTH aus Fulda
Werner Schmid aus Fulda

(Für Sie vor Ort, OSTHESSEN|NEWS-Redakteur Moritz Bindewald) +++

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