Stockhäuser Theatergruppe

Furiose und mitreißende Premiere von Pension Schöller

Furiose und mitreißende Premiere von Pension Schöller
Fotos: Erich Stock und Frank Lang

02.01.2025 / HERBSTEIN - Und wieder hat es die Stockhäuser Theatergruppe unter der Regie von Frank Lang verstanden, die Zuschauer von den Plätzen zu reißen und einen langanhaltenden Schlussapplaus zu provozieren.



Die Premiere von Carl Laufs´ und Wilhelm Jakoby´s Posse in 3 Akten PENSION SCHÖLLER wurde von den begeisterten Premierenzuschauern geradezu gefeiert.

Das in 1890 in Berlin uraufgeführte Theaterstück hat auch 134 Jahre später nichts an seiner Aktualität eingebüßt, prophezeit doch die Hauptfigur des Stücks, Philipp Klapproth (hervorragend dargestellt von Jürgen Kimpel), dass es in naher Zukunft Zitat: "nur noch Verrückte und Alte gebe", die es zu beherbergen und zu betreuen gelte, womit er beim ortsansässigen Stammtisch in Kyritz an der Knatter auch mal was zum angeben hätte und den derzeitigen Prahler, den Apotheker Helfrich, übertrumpfen könne.

Also trifft sich der vermögende Gutsbesitzer Klapproth mit seinem in Berlin lebenden Neffen Alfred Klapproth (so schön charmant dargestellt von Sebastian Wahl) im Berliner Chaussee-Café, um einen Deal mit ihm zu machen: Alfred bekommt das Geld zur Eröffnung eines Künstler-Cafés und im Gegenzug schleust er seinen Onkel für einige Stunden in ein Nerven-Heilsanatorium ein, um Zitat: "echte Verrückte" zu erleben. Ein fast unerfüllbarer Auftrag für Alfred, wenn da nicht der Kellner Franz wäre, die in Wirklichkeit als Mann verkleidete Franzi (einfach schön souverän dargestellt von Romana Schwarz), Tochter des ehemaligen Musikdirektors Ludwig Schöller (schön exzentrisch dargestellt von Frank Lang), Besitzer der Pension Schöller im ersten Stock, welche immer mal schräge Pensionsgäste beherbergt. Sie hat die Idee, die Pension Schöller kurzerhand als "Irrenanstalt" auszugeben, welche ihren monatlichen Gesellschaftsabend –zufällig- am Abend im Café abhalte und somit der Deal zwischen Onkel und Neffe perfekt wäre.

Und somit kommt es im zweiten Akt zur Soiree im Café und Klapproth amüsiert sich prächtig über die scheinbar "Verrückten". Da ist zunächst der Major a.D. von Mühlen (authentisch dargestellt von Gerhard Wahl), der, in alter Uniform gekleidet, mit seinem militärischen und doch etwas verwirrtem Auftreten für viele Lacher sorgt. Des Weiteren ist da eine gerade in die Pension eingezogene Schriftstellerin, Josephine Zillerthal (so schön dargestellt von Helene Kimpel), die mit ihrem penetranten Drang auf der Suche nach Roman-Material alle Beteiligten bis ins Mark ausfragt. Ein alter Stammgast der Pension, der weltreisende Professor Bernhardy (klasse dargestellt von Christoph Kimpel) taucht auf und sorgt mit seinen übertriebenen Reiseberichten in unterschiedlich passenden Outfits für Authentizität unter den "Zöglingen", wie die "Insassen" auch genannt werden.

Der mit "Abstand beste von allen", so Klapproth, sei der Möchte-Gern-Schauspieler Ladislaus mit Sprachfehler, der den Buchstaben L nicht aussprechen kann und ihn mit dem Buchstaben N ersetzt (sehr gut dargestellt von Daniel Fritz); er sorgt mit seinen unzähligen Klassiker-Deklamierungen wie u.a. Romeo und Junia als tonne Ronne für viel Applaus. Die ersten beiden Akte spielen im Chaussee-Café in Berlin vor ca. 100 Jahren, das bühnentechnisch, wie gewohnt, äußerst detailgetreu, perfektionistisch und mit viel Liebe gebaut wurde…Echtholz-Vertäfelung, Fensterausblick in einen Straßenzug des alten Berlins, Café-Tische und Stühle, ein echtes Klavier, ein funktionierendes Grammophon usw . Der dritte Akt spielt in Klapproths Gutshaus in Kyritz, ein detailgetreu eingerichtetes Jagdzimmer mit echten Trophäen und antikem Mobiliar. Dort führt Klapproth´s ledige Schwester Ida (so schön gespielt von Lisa-Marie-Eidmann) den Haushalt und lechzt nach einem Schwager für ihren Bruder, weshalb sie auch die nacheinander auftauchenden Pensionsgäste aus Berlin für Heiratskandidaten hält und zuletzt mit dem weltreisenden Bernhardy zusammen kommt. Auch der junge Alfred Klapproth kommt zuletzt mit Franzi zusammen, hatten sie sich doch vor Monaten am Scharmützelsee kennen gelernt; durch die Verkleidung als Kellner Franz hat es aber bei dem schüchternen Alfred etwas länger gedauert beim Wiedersehen im Café.

Last but not least ist es die vom Regisseur dazu geschriebene Rolle des Zeitungsjungen Alfons Helfrich (so schön dargestellt von Christian Oestreich), die den alten Klapproth zum Schluss entlarvt, denn als Neffe des Apothekers hat er den Gutsbesitzer stets verfolgt und war immer einen Schritt voraus. Mit seinen 4 Auftritten preist er die Tageszeitungen bzw. zum Schluss das Kyritzer Wochenblatt mit Headlines an, welche die unmittelbar bevorstehende Handlung des alten Klapproths vorausahnen…wie z.B. "Gutsbesitzer aus Kyritz an der Knatter mit unklaren Plänen in Berlin gesichtet" oder "noch kein Frost in Berlin aber Gutsbesitzer aus Kyritz an der Knatter auf dünnem Eis". Alles in allem wieder mal eine überaus erlebenswerte Theatersaison mit so vielen positiven Zuschauerstimmen und sechs ausverkauften Vorstellungen. Man sollte sich die Stockhäuser in Zukunft nicht entgehen lassen. (Eric Swan) +++

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