Ein Spitzensportler im Jahres-Rückblick
Philipp Stuckhardt: Ein Riesen-Spagat, Sport und Alltag zu verbinden
Fotos: Sportfotograf.com
24.12.2024 / BAD HERSFELD -
Es ist nicht verbrieft, und auch müßig, die Leistungen und ihren Wert vergleichen zu wollen - aber Philipp Stuckhardt ist (wie der Lauterbacher Radsportler Johannes Schäfer auch) längst in den Sport-Olymp Osthessens aufgestiegen. Besaß der einstige Mittel- und Langstreckler aus Bad Hersfeld-Kohlhausen schon einen glänzenden Ruf, vergoldet er den seit Jahren als passionierter Berg- und Trail-Läufer, der in der internationalen Spitze angelangt ist. In einem Rückblick greift OSTHESSEN|NEWS seine Stationen des Jahres 2024 auf.
An diversen Rennen nahm Philipp Stuckhardt teil - vom Mountain Man in Reit im Winkl bis zum Hessenberglauf des TSV Oberhaun, vom Alpenraum bis in der Heimat. Jedes erzählt seine eigene Geschichte. Und sie geben Auskunft darüber, in welchem Augenwinkel und welchem Fokus Spitzensportler mit diesen Erfahrungen umgehen.
3. 20. April, Deutsche Meisterschaften im Berglauf in Zell am Harmersbach im Schwarzwald, 16 Kilometer, 990 Höhenmeter: "Ich bin gestärkt reingegangen und war mental gut drauf. Es waren schlechte Bedingungen. Aber ein sehr schnelles Rennen. Ich musste mich wachrütteln, um mich gut zu fühlen." Schon im Frühjahr des Jahres erkannte er, was er heute sagt: "Ich habe viel dazugelernt in 2024." Viele Stürze gab es auf der sehr nassen und von Wasser aufgeweichten Strecke. Erster wurde Lukas Ehle, das deutsche Top-Talent im Berglauf, das auch aus dem Schwarzwald kommt. Mittlerweile startet er für einen Club in den USA. Maximilian Zaus, der seit Jahren einen Stammplatz in der deutschen und internationalen Szene hat, wurde Zweiter - Philipp Stuckhardt Dritter.
4. 15. Juni, Trail an der Zugspitze, 16 Kilometer, 760 Höhenmeter: Der Wettbewerb bietet mehrere Strecken an und gehört zu den bekanntesten in Deutschland. Philipp war etwas überrascht, wurde er doch als Favorit angekündigt - sicher auch wegen der Teilnahme an der WM ein Jahr zuvor. Und er dachte sich: Du bist ja auch an der äußersten Stelle in Deutschland bekannt. Und er machte neue Erfahrungen. "Dieser Lauf hat wehgetan. Ich hab' eine Verkrampfung im Zwerchfell bekommen. Erst war ich noch vorne, musste aber dann die Läufer im Spitzenfeld an mir vorbeiziehen lassen." Er nahm erneut etwas mit: "Die Fitness hat gestimmt. Aber gegen das Zwerchfell kannst du nichts machen. Solche Läufe sind auch wichtig. Ich bin das dann, so gut es ging, zu Ende gelaufen."
6. 9. August, Madisa Trail in Davos, 24 Kilometer: Auch beim Lauf seines Hauptsponsors LOWA siegte Philipp. Diese Distanz in der Schweiz war bisher die längste, die er im Gebirge je absolvierte. 1.247 Höhenmeter stellten hohe Anforderungen an das Rekord-Starterfeld.
7. 17. August, Herkules-Berglauf in Kassel: Wieder "etwas zum Mitnehmen. Ein Trainingsimpuls", wie es Philipp nannte.
"Eigentlich wollte ich zu dieser Zeit am Matterhorn-Berglauf teilnehmen. Aber dann kam Corona dazwischen", skizziert der Kohlhäuser, wie er von der Realität eingeholt wurde. "Kurz nach dem Herkules-Lauf wurde ich positiv getestet und hatte es." Zum dritten Mal hatte es ihn erwischt in der jüngeren Vergangenheit. "Nicht schon wieder", dachte er nur. Im vergangenen Jahr hatte es ihn bei oder unmittelbar nach der Weltmeisterschaft getroffen - seiner ersten WM-Teilnahme Anfang Juni 2023. Bitter hatte es sich angefühlt. Sehr bitter. "Ich hatte das damals auf die Anspannung geschoben." Jetzt aber war es wieder da." Bei der WM kam er noch ins Ziel. Übrigens übertrug das Bayerische Fernsehen - und irgendwie staunten die Berichterstatter: "Das ist doch nicht der Philipp."
Zwei Tage nach dem Herkules-Lauf hatte sich sein Körper also wieder gemeldet - mit Reaktionen und Symptomen. Philipp Stuckhardt musste auf die Signale seines Körpers hören - und er pausierte einige Wochen. Bis hierher.
9. Philipp Stuckhardt als Aushängeschild beim Lollslauf in Bad Hersfeld. Nein, starten konnte er nicht. Als Streckenposten war er im Einsatz. Er wollte sich einfach zur Verfügung stellen. Zeigen, dass er da ist. "Da ging mir das Herz auf", sagt er noch heute, "ich habe viele positive Rückmeldungen erhalten".
Auf die Frage, ob seine Rolle eigentlich anders geworden sei oder wie sie sich entwickelt habe, antwortet er: "Mir wird schon bewusst, wie lange mich der Laufsport schon begleitet. Und was in den letzten Jahren so passiert ist." Mit 16 bestritt er seinen ersten Wettkampf, "und ich bin positiv berührt, wenn mich Hersfelder oder auch andere, zum Beispiel beim Zieleinlauf, erkennen. Das ist ein mega-schönes Gefühl. Ich spüre dann, ich bin immer noch der Philipp. Und du kannst irgendwo 'ne Botschaft vertreten." Und er fügt etwas Spezielles hinzu. "Es ist nicht die Frage, wie schnell du solche Leistungen auf hohem Niveau bringen kannst. Sondern wie lange schaffst du es, den Sport mit Leidenschaft in oder neben deinem normalen Alltag ausüben zu können." Plausibel schiebt er nach: "Es war und ist für mich immer ein Riesen-Spagat, den Sport und den Alltag zu verbinden."
OSTHESSEN|NEWS wünscht allen Spitzen-Athleten frohe Weihnachten, einen guten Übertritt ins neue Jahr - und vor allem best- und größtmögliche Gesundheit. Und möge sich jeder, auch außerhalb des Sports, nicht zu wichtig nehmen. Vielmehr dankbar sein und das respektieren und wertschätzen, was in ihm wohnt. +++