Festveranstaltung mit großem Bahnhof
Ein "Flaggschiff der Weiterbildung" - 70 Jahre Jubiläum Bonifatiushaus
Rund 200 geladenen Gäste gratulierten der Katholischen Akademie zum 70. Jubiläum
Alle Fotos: Martin Engel
21.06.2024 / FULDA -
Das Geburtstagskind, dessen 70-jähriges Bestehen am Donnerstag in Neuenberg mit ganz großem Bahnhof gefeiert wurde, ist katholisch, aber auch eindeutig politisch, umfassend gebildet, streitbar und quicklebendig. Die Katholische Akademie des Bistums Fulda im Jahr 1954 gegründet, ist in Fulda unter dem Namen "Bonifatiushaus" bekannt und erste Adresse für hochkarätige Tagungen, Vortäge und Veranstaltungen, die man immer etwas klüger verlässt, als man gekommen war.
Zum stets offenen Blick der Bildungsinstitution über den Fuldaer Tellerrand und auch über die Grenzen des Bistums hinweg hat dessen Leiter Gunter Geiger maßgeblich beigetragen. In den 20 Jahren seines Wirkens hat er den Fokus des umfassenden Bildungsangebots erweitert und auch auf brisante gesellschaftspolitische Themen gelenkt. Seine Zielsetzung sei es, einen Ort des Dialogs, der Bildung und des kritischen Denkens zu schaffen, hatte er O|N gegenüber präzisiert. "Sich zu aktuellen und brisanten Themen zu Wort zu melden, Haltung zu zeigen, aber auch ins Tun zu kommen", formulierte er das Postulat.
Dass ihm und natürlich seinem engagierten Team die Umsetzung dieses Anspruchs hervorragend gelungen ist, attestierten Geiger die prominenten Gäste in ihren Grußworten und Redebeiträgen bei der Festveranstaltung im Bonifatiushaus. Die hatte am Nachmittag mit einem Jubiläumsgottesdienst in St. Andreas begonnen, der vom Domchor unter Domkapellmeister Franz-Peter Huber und Domorganist Hans-Jürgen Kaiser musikalisch begleitet wurde. Zelebrant war Bischof Dr. Michael Gerber.
Bischof Gerber: "Pflicht zum Dialog"
Dieser betonte in seinem anschließenden Grußwort den bleibenden Auftrag der Akademie, eine Haltung des unbedingten Dialogs zu fördern – auch und gerade mit Menschen unterschiedlicher Ansichten und Glaubensrichtungen. Bei der Feier solcher Jubiläen gehe es vor allem darum, sich der Bedeutung der eigenen Geschichte für die Gegenwart und Zukunft bewusst zu werden, betonte Bischof Dr. Michael Gerber. Für die theologische und politische Bildung der Katholischen Akademie des Bistums Fulda bedeute das, weiterhin im Dialog zu bleiben – auch mit Fremden, Andersdenkenden und Andersglaubenden. Ein solcher Dialog sei keine einmalige Aufgabe, sondern eine kontinuierliche Haltung, betonte er: "Ein Prozess des Einübens, des Verbesserns und des Lernens."
Dialog sei ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens und müsse sich auch authentisch im täglichen Leben zeigen, um glaubwürdig zu sein und andere Menschen inspirieren zu können. Der Katholischen Akademie des Bistums Fulda als Ort eines Dialogs dieser Qualität wünschte Gerber "ein entsprechendes Selbstbewusstsein und – in ihrem Tun – eine kritische Reflexionsfähigkeit. In alledem aber und vor allem: Gottes reichen Segen."
"Flaggschiff der Weiterbildung"
"Das Bonifatiushaus stand seit seiner Einweihung ganz im Zeichen der Begegnung und der Bildung, insbesondere der Weiter- bzw. Erwachsenenbildung, auf die das Land Hessen größten Wert legt", betonte der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Kultus, Bildung und Chancen, Dr. Manuel Lösel. Im Studium habe er Kommilitoninnen aus Fulda gehabt, die sich schon früh darüber bewusst gewesen seien, dass sie unbedingt in ihre Heimatstadt zurückkehren wollten. "Das fand ich schräg", bekannte er, um dann zu ergänzen, dass er die Barockstadt und ihre Vorzüge erst später richtig kennengelernt habe. Dafür, dass man sich in Fulda dem Himmel ein Stück näher fühle, sei auch das Bonifatiushaus als "Flaggschiff der Weiterbildung" verantwortlich, gratulierte Lösel der Akademie.
Islamtheologe Khorchide: "Vielfalt als Gewinn erfahrbar machen"
Prof. Dr. Mouhanad Khorchide, Professor für Islamische Religionspädagogik und Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster war als Festredner eingeladen, konnte wegen eines Fahrradunfalls aber nicht kommen. Er referierte jedoch per Videokonferenz zum Thema "Vielfalt als Gewinn erfahrbar machen". Die Islamfeindlichkeit nehme in weiten Kreisen Deutschlands zu, ganz besonders in den Regionen, in denen es kaum oder gar keine Muslime gebe. Als er einen solchen Islamkritiker gefragt habe, was dieser denn in seiner christlichen Tradition und Kultur konkret durch Muslime bedroht sehe, hätte dieser geäußert, 'Schweinefleisch und Bier'. Prof. Khorchide ermunterte ausdrücklich zu kritischem Nachfragen und plädierte an alle Religionen, im Andersgläubigen nicht das verunsichernde Fremde zu sehen, sondern den Absolutheitsanspruch zugunsten von Pluralität aufzugeben.
Als geistlicher Rektor und Vorsitzender des Beirats der Akademie dankte Domkapitular Thomas Renze allen Gästen und Beteiligten, Mitarbeitenden, Kooperationspartnern und Unterstützern für ihr Engagement und ihre Verbundenheit. "Diese Feier stärkt uns für den Weg in die Zukunft", betonte er. "Als katholische Kirche und damit als Katholische Akademie des Bistums stehen wir für die bunten Farben des Lebens", ging Renze auf das Motto des Abends – "Vielfalt als Gewinn erleben" – ein. "Denn als Kirche sind wir eine Gemeinschaft von Menschen, die sich aus allen Ländern, Sprachen und Kulturen dieser Welt bunt und vielfältig, als Schwestern und Brüder zusammensetzt."
Vielfältiges Profil
Entstanden ist das Bonifatiushaus anlässlich des Katholikentages 1954 auf dem Gelände des ehemaligen Benediktinerpriorats St. Andreas in Fulda-Neuenberg. Seither haben sich das Haus und sein inhaltliches Profil kontinuierlich weiterentwickelt, berichtete Akademiedirektor Gunter Geiger: Einst Zentrum für religiöse und soziale Schulung von Erwachsenen und Jugendlichen, hat sich die Arbeit in die Bereiche der politischen und historisch-politischen Bildung, der außerschulischen Jugendbildung und beruflichen Weiterbildung hineinentwickelt. Aktuell stehen zudem die Demokratieförderung sowie Nachhaltigkeit und die sozial-ökonomische Transformation auf der Agenda.
Die Katholische Akademie vereint unter einem Dach Akademieabende und Bildungsurlaube, Seminare und Workshops sowie unterschiedliche Lehr- und Informationsangebote zu aktuellen An- und Herausforderungen von Politik und Gesellschaft, fasste Geiger zusammen. Dafür sei sie weit über die Grenzen des Bistums Fulda hinaus bekannt und geschätzt. (ci/pm)+++