Update fürs Erfolgs-Musical

Maria 2.0: Neuinszenierung von "Die Päpstin" kämpft für Gleichberechtigung

Sabrina Weckerlin als Päpstin
Alle Fotos: Martin Engel

01.06.2024 / FULDA - 800.000 Besucher, mehr als 1.000 Vorstellungen von Fulda bis Budapest: Das Musical "Die Päpstin" hat die Legende von der Frau auf dem Papstthron auf die Bühne gebracht und der Fuldaer Musicalschmiede "Spotlight" den bundesweiten Durchbruch beschert. In der Neuinszenierung wird Johanna zur Vorkämpferin für Gleichberechtigung.



19:25 Uhr, der Theatersaal ist gut gefüllt. Peter Scholz, Dennis Martin und Gil Mehmert haben sich in einer der mittleren Reihen niedergelassen. Für die Musical-Macher ist die Voraufführung am Mittwoch Arbeit: Kaum gehen die Lichter aus, flüstert Produzent Scholz dem Texter Martin erste Anregungen zu, der tippt ins Tablet. Regisseur Mehmert macht sich Notizen: Markgraf Gerold braucht Schulterpanzer, Bischof Fulgentius ein anderes Unterkleid.

Süchtig nach der Päpstin

"Bei einer Voraufführung kann man zum ersten Mal wie ein Zuschauer die Show erspüren. Es sind ohne Übertreibung Millionen von Details, die auf einen einprasseln. Allein bei fast 1.000 Kostümteilen, ebenso vielen Lichteinsätzen und noch viel mehr Tönen und Effekten kommt da eine kaum zu bewältigende Menge zusammen. Nach jeder Voraufführung hat das Kreativteam eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen - und die versuchen wir dann abzuarbeiten bis zur Premiere", erklärt Scholz, der in der Pause im Foyer von älteren Damen angesprochen werden wird - manche sind regelrecht süchtig nach der Päpstin, mehr als hundertmal haben sie die dramatische Geschichte schon hautnah miterlebt.

Dabei scheint der Stoff wenig erbaulich: Im 9. Jahrhundert wird die hochbegabte Johanna von gefühlt allen unterdrückt, vom Vater bis zum Papst. Als Mann verkleidet erklimmt sie deshalb die Karriereleiter, um selber Macht auszuüben, als Papst, in Rom, verlacht von den Instanzen des Patriarchats. Am Ende stirbt sie, durch ihren Makel und ihren Makel offenbarend.

Auf dem Weg zur Gleichberechtigung

Zeit für ein Update also: "Die Weltpremiere liegt nun schon 13 Jahre zurück. Seitdem hat sich in unserer Gesellschaft eine Menge verändert. Themen wie 'me too' und 'Maria 2.0' zeigen, dass auch in unserer Gesellschaft noch viel zu tun ist auf dem Weg zu Gleichberechtigung von Mann und Frau", wispert Scholz. Heißt: In der Neuinszenierung stirbt Johanna immer noch an der Unmöglichkeit ihrer Berufswahl, dient aber kommenden Generationen von hochbegabten Mädchen, die dann vielleicht nicht Papst werden wollen, als Leitbild.

Außerdem neu: mehr als sieben Meter hohe bewegliche Türme, die die alte Drehbühne ersetzen und nicht zuletzt die erstarrten Konventionen symbolisieren, in denen sich die Charaktere bewegen. Projektionen des New Yorker Videokünstlers Austin Switser verweben die Szenen traumgleich.

Weniger Märchen, mehr Glaubhaftigkeit

Trotzdem soll das Märchenhafte zurückgefahren worden sein, zugunsten des glaubhaften Narrativs: "Es geht darum, wie tief man in eine Geschichte eintauchen kann, wie packend es am Ende ist. Die Päpstin ist kein Märchen, sondern die dramatischste Frauengeschichte, die man erzählen kann. Außerdem wird die Geschichte irgendwie immer aktueller, da die Gesellschaft zunehmend sensibler wird für solche Themen. Wir haben noch viel vor mit dem Titel", erklärt Scholz, schaut aufs Smartphone, grinst und zeigt auf den Bildschirm: Noch während die dramatische Auspeitsch-Szene läuft, fällt einem Mitarbeiter auf, dass die Altarschellen vielleicht unterdimensioniert sind. Ob man neue kaufen soll - Shoplink anbei. "Das Musical ist unser aller Baby - bis zur letzten Minute vor der Premiere wird daran gearbeitet." (mau) +++

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