Marberg, Stumpe oder Übelacker: Wer gewinnt?

"Sportlich faire" Podiumsdiskussion der drei Bürgermeister-Kandidaten

Die drei Bad Brückenauer Bürgermeisterkandidaten Jan Marberg (Mitte), Dirk Stumpe (Dritter von links) Heribert Übelacker (Dritter von rechts).
Fotos: Hans-Peter Ehrenberger

19.04.2024 / BAD BRÜCKENAU - Der Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters in Bad Brückenau geht in die heiße Phase, biegt sozusagen auf die Zielgerade ein. Am 28. April (oder bei einer "statistisch wahrscheinlicheren" Stichwahl am 12. Mai, am Muttertag) wird in der unterfränkischen Sinn-Stadt ein neuer Rathauschef gewählt. Und - um in der Terminologie des Sports zu bleiben - drei Bewerber haben ihren Hut in den Ring geworfen, um die Nachfolge des nur vier Jahre amtierenden und wegen einer Post-Covid-Erkrankung Ende Februar in den vorzeitigen Ruhestand ausgeschiedenen Jochen Vogel (CSU) anzutreten: In alphabetischer Reihenfolge sind das Jan Marberg für die SPD, Dirk Stumpe für die PWG und Heribert Übelacker für die CSU.



"Let's get ready to rumble", hieß es deshalb am Donnerstagabend in der TV-Halle. "Lasst uns den finalen Kampf beginnen", wenn man die Worte des legendären Boxfight-Ansagers Michael Buffer frei ins Deutsche übersetzen wollte. Nur duellierten sich hier nicht zwei Rivalen mit Fäusten im Ring, sondern drei Lokalpolitiker mit wohlfeilgewählten Worten auf einem Podium. Moderiert wurde das Wahlduell auch nicht von einem Michael Buffer, verbal Vollgas gaben vor rund 300 Zuschauern in der gut gefüllten Sporthalle des örtlichen Turnvereins neben den drei Polit-Protagonisten auch die Reporter Steffen Standke von der "Saale-Zeitung" und Simon Snaschel von der "Main-Post".

Die beiden zeigten sich freilich sehr Fußball-affin angehaucht, spielten angesichts der anstehenden EM im eigenen Land und zweier möglicher deutscher Champions-League-Finalisten den Ball in Form von Fragen gleichwohl geschickt wie eloquent den Kandidaten zu, teilten den Abend in zwei "Halbzeiten" auf und forderten von den drei "Spielern", darunter der künftige "Bröggenäer Bürgermeister-Champion", Fairplay ein. Und um es vorwegzunehmen: das "Spiel" war äußerst anständig, kam ohne gelbe und rote Karten aus, ging nicht in die Verlängerung über 22 Uhr hinaus und bis auf den An- und Abpfiff der jeweiligen maximal 60-sekündigen "knackig-kurzen Kandidaten-Schluss-Statements" mussten die Referees ihre Pfeifen nicht einsetzen. Die Veranstaltung wurde zudem in einem Livestream übertragen, dort hatten sich ebenfalls etwa 300 "User", darunter auch der vormalige Rathauschef Vogel, eingeloggt. Fragen konnten vorher schriftlich eingereicht und natürlich auch direkt vor Ort vis-a-vis an die Amtsanwärter gestellt werden.

Innenstadtentwicklung besonders im Fokus

In der ersten Hälfte standen die beherrschenden Themen "Therme Sinnflut" und "Innenstadtentwicklung" auf dem Spielplan, aus- und eingewechselt beziehungsweise ergänzt durch die jeweiligen Spieler-, pardon: persönlich-private Politiker-Portraits auf dem "heißen" weißen Stuhl.

In der Fragerunde des Moderatoren-Duos wurde der so genannte "Nikolaus-Schandfleck" thematisiert, der Geschäftsgebäude-Leerstand (derzeit 16 an der Zahl) und der 30-prozentige auswärtige Immobilienbesitzer-Anteil in der "Haupt-Geschäftsmeile" Ludwigstraße sowie deren Pkw-Befahrbarkeit angesprochen, der sieben Millionen Personalkostenanteil am 17 Millionen Gesamthaushalt der Stadt, die 7,2 Millionen Euro Schulden der Stadtwerke, die zahlreichen sanierungswürdigen Brücken und Treppen im Innenstadtbereich, die mangelnde Nutzung des stärksten Glasfasernetzes kritisiert.

Auch der Stillstand um die "Sozialbrache" am alten Bahnhofsgelände kam zur Sprache, die laufende Re-Vitalisierung des Prädikats "Bad" für die Stadt Brückenau mit ihren sieben Heilquellen, ihre nur noch vier praktizierenden Badeärzte, die scheinbaren Gräben zwischen Stadt- und Staatlicher Kurverwaltung beziehungsweise dem Kleinod und touristischen Aushängeschild Staatsbad, die eventuelle Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets in Autobahnnähe hinter dem "Rothkegel-Gelände" im Stadtteil Volkers, die Akquise von Investoren, ein Bürgerenergiepark nach dem Vorbild Münnerstadts respektive eine Energiegenossenschaft, das städtische Gebäudemanagement, ein mögliches Gründerzentrum und, last but not least, das alles beherrschende Thema: die Sinnflut!

Welche Lösung gibt es für die Therme?

Gibt es die kleine oder große Lösung für die marode, gleichwohl bis dato weit über die Stadtgrenzen bis ins benachbarte hessische Umland bekannte und gerade von auswärtigen Besuchern stark frequentierte und geschätzte Therme, eine abgespeckte Version mit Saunalandschaft und Freibecken, mit Hallenbad für das Schul- und Seniorenschwimmen, mit oder ohne staatliche Fördermittel, wann kommt die Abrissbirne und ab wann und wie lange wird gegebenenfalls gebaut? Wird überhaupt was Neues bis 2030 erreicht und errichtet? Fragen über Fragen, die den künftigen neuen Bürgermeister über die - aus verwaltungsrechtlichen Gründen - außergewöhnliche und ausnahmsweise lange Wahlperiode von acht Jahren (und wohl noch seinen Nachfolger) vorrangig beschäftigen dürften.

Nachdem Snaschel und Standke in einer "persönlichen Runde" den Privatmenschen Marberg ("skateboardender potenzieller Bürgermeister Jan macht auf der Rathaustreppe den Olli-Move"), Stumpe ("Dirk hat nicht alle, dafür aber als ambitionierter Sammler sieben wertvolle Mocca-Tassen aus der Zeit König Ludwig I. im heimischen Wohnzimmer-Schrank") und Übelacker ("möglicherweise geht ein Faschingsprinz Heribert I., wie schon während seiner Bundeswehrzeit in Mainz, auch in der heimischen Fastnacht in die Bad Brückenau Bütt") "ein paar streng gehütete kleine Geheimnisse entlockt" hatten, durfte das Publikum in der "zweiten Halbzeit" der Podiumsdiskussion via Livestream und aus dem Auditorium heraus Fragen an die Bürgermeister-Bewerber richten.

Die bezogen sich auf einen Ausbau des öffentlichen Busverkehrs nach Fulda "vor allem für die junge Generation vorrangig zu Bildungs- und Freizeitzwecken", die Bitte, die "eingeschlafene Bürgerbeteiligung beim Bahnhofsareal" zu reaktivieren, die "zurückgefahrenen Festivitäten im Staatsbad, wie Parkfest und Kurgarten-Beleuchtung wiederzubeleben, inwieweit die Zukunft des örtlichen Hescuro-Krankenhauses gesichert sei und man "mehr Fachärzte nach Bad Brückenau bringen" könnte, ob man den mehr als 100 interessierten Jugendlichen nicht eine neue Räumlichkeit, in der sie unter sich sind, quasi eine "neue Heimat" und wie man auswärtigen "Wohnmobilisten" adäquate Stellplätze in der Stadt anbieten könne.

Bürgermeister ist Berufung und kein herkömmlicher Job

"Ich bin Feuer und Flamme. Ich brenne für meine Heimatstadt. Ich betrachte den Bürgermeister nicht als Job, sondern als Berufung", so Stumpes gestopptes 51-sekündiges Schluss-Statement. Auch Marberg und Übelacker hielten sich an das vorgegebene Zeitlimit. "Ich habe Ideen, bringe Mut, Menschenführung und Erfahrung aus meiner früheren Tätigkeit bei der Bundeswehr und als Dritter Bürgermeister mit und werde für Bad Brückenau, ihre Bürger und Besucher das Beste rausholen", sagte Übelacker.

"Ich werde als Bürgermeister die Nähe zu Ihnen suchen. Lassen Sie uns für eine gute Zukunft von Bad Brückenau gemeinsam die Ärmel hochkrempeln", so Marbergs kurzes wie bündiges Fazit. Da war es nicht fünf vor zwölf, sondern vier vor zehn am Donnerstagabend, als die Podiumsdiskussion von Standke und Snaschel in der TV-Halle beendet wurde. Nun haben am übernächsten Sonntag die Wahlberechtigten der Bäderstadt an den Urnen die (Qual der) Wahl, sofern sie das nicht schon per Briefwahl getan haben oder bis zum 28. April noch tun werden.

Die drei Kandidaten im Überblick:

Jan Marberg ist gebürtiger Rheinländer und wuchs in Oberfranken auf. Von 2017 bis 2022 war der 35-jährige Leiter der Stadtbibliothek und des Kulturamtes in Bad Brückenau, bevor er sich beruflich nach Höchstadt ins Fichtelgebirge "umorientierte". Marberg kandidierte schon bei der letzten Bürgermeisterwahl in Bad Brückenau, schaffte es damals allerdings nicht in die Stichwahl.

Dirk Stumpe stammt aus dem Bad Brückenauer Stadtteil Staatsbad und bewirbt sich ebenfalls das zweite Mal um den Chefposten im Rathaus. Seinerzeit unterlag er Vogel in der Stichwahl. Der 49-Jährige sitzt seit 22 Jahren im Stadtrat und engagiert sich in zahlreichen Vereinen und zuletzt als Initiator der örtlichen Ukrainehilfe. Der Unternehmer ist Medien-Designer und Marketing-Fachwirt.

Heribert Übelacker ist gebürtiger Rheinpfälzer, seit seiner Kindheit aber in Volkers verwurzelt und wohnhaft. Der 54-jährige CSU-Stadtrat vertrat zuletzt als 3. gemeinsam mit dem 2. Bürgermeister mit großem Engagement den erkrankten Jochen Vogel und beendete vor kurzem seine militärische Laufbahn als Kompanie-Feldwebel bei der Bundeswehr in Wildflecken. (Hans-Peter Ehrensberger)+++

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